Anschläge:Erhöhte Sicherheit auf dem Ebersberger Volksfest

Anschläge: Das Bierzelt auf dem Ebersberger Volksfestplatz. Am Freitag, 11. August, geht es dort wieder los.

Das Bierzelt auf dem Ebersberger Volksfestplatz. Am Freitag, 11. August, geht es dort wieder los.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Die Auflagen für Veranstaltungen sind seit dem Attentat in Berlin verschärft worden. Das wird man nun auch in Ebersberg merken.

Von Julian Carlos Betz, Ebersberg

Zufahrtssperren auf dem Grafinger Bürgerfest, Zäune um das Nettelkofener Weinfest und Absperrpfosten auf dem Ebersberger Volksfest, das an diesem Freitag beginnt: Seitdem im vorigen Dezember ein Terrorist mit einem Lkw auf einem Berliner Weihnachtsmarkt zwölf Menschen getötet hat, hat die Angst vor Attentaten den Alltag erreicht. Kommunen und Veranstalter auch im Landkreis reagieren darauf mit strengeren Auflagen und Sicherheitskonzepten.

So vermutet Markus Weißmüller vom Ordnungsamt Grafing, dass bei Veranstaltungen ab 1000 gleichzeitig anwesenden Besuchern Taschenkontrollen, Absperrungen durch Zäune sowie Zufahrtssperren wohl der neue Standard seien. Auch Erik Ipsen von der Stadtverwaltung Ebersberg erklärt, dass das Innenministerium angewiesen habe, "sich mehr um Großveranstaltungen zu kümmern". Dabei liege der Fokus vor allem auf der Abwehr von unbefugt einfahrenden Fahrzeugen. Dies sei jedoch wiederum abhängig vom Gelände und der Lage der Veranstaltung.

So werden beim Ebersberger Volksfest laut Martin Lohmeyer, dem Festwirt, keine unbeweglichen Einfahrtssperren installiert, sondern bei Bedarf versetzbare Absperrpfosten. Dies liege an der Notwendigkeit, Rettungswege auf das eher schwer zugängliche Gelände freizuhalten. Die Kosten hierfür teilten sich zwar Stadt und Veranstalter, für weitere Maßnahmen müsse Lohmeyer jedoch selbst aufkommen.

Grundsätzlich gilt, dass der Veranstalter zuständig ist für die Sicherheit seiner Besucher. Dabei muss er Auflagen erfüllen, die gemeinsam mit Polizei, Feuerwehr und Rathäusern festgelegt werden. Beim Grafinger Volksfest etwa waren weder Zufahrtssperren noch Zäune eingesetzt.

Keine Gefahr für LKW-Anschläge

Weißmüller erklärt, dass durch die Tonnagebeschränkungen der anliegenden Straßen ohnehin keine Gefahr von Lkw ausgehe, ganz im Gegensatz zum Grafinger Bürgerfest, das aufgrund seiner zentralen und durch viele Zufahrtsstraßen erreichbaren Lage mit Betonsperren versehen wurde. Für das Volksfest im kommenden Jahr seien jedoch definitiv Sicherheitskontrollen an den Eingängen geplant, auch um das Hereinschmuggeln von mitgebrachtem Alkohol zu verhindern. Dies war das Ergebnis einer gemeinsamen Nachbesprechung der zuständigen Akteure.

Auch beim Vaterstettener Volksfest Ende Juni wurden keine Zufahrtssperren eingesetzt. Festwirt Christian Fahrenschon, der die Zusammenarbeit mit den Behörden und nicht zuletzt mit dem Bürgermeister Georg Reitsberger als "hervorragend" bewertet, ist dankbar für die Bereitschaft, situationsbedingte Entscheidungen zu fällen. Das Fehlen von nahen Hauptverkehrsadern und die "abgelegene" Lage sei als ausreichendes Kriterium gewertet worden, um auf Zufahrtssperren zu verzichten.

Überhaupt, so bemerkt Fahrenschon, könne man keine hundertprozentige Sicherheit herstellen und auch die Umzäunung würde ja kein Fahrzeug abhalten können. Sein Team setze auch nicht auf permanente Kontrollen, sondern auf den bewussten Einsatz von Personal an besuchsintensiven Tagen. Mit Unverständnis dagegen berichtet er von einer Veranstaltung im Raum Rosenheim, bei der ihm nahegelegt worden sei, seine Mitarbeiter für einen möglichen Angriff mit "Giftgas" zu schulen.

Veranstalter von kleinen Festen halten so manche Sicherheitsvorkehrung allerdings für übertrieben. Bernhard Gahr von der Freiwilligen Feuerwehr, die das Nettelkofener Weinfest organisiert, äußert sich kritisch: So seien Auflagen wie Betonsperren und Zäune, ganz zu schweigen von einem Sicherheitsdienst, für ein nicht primär auf Kommerz ausgelegtes Fest kaum erfüllbar.

Eine hunderprozentige Sicherheit gibt es nicht

Auch er gibt zu bedenken, dass es eine hundertprozentige Sicherheit niemals geben könne. Gahrs Eindruck darüber hinaus: Gerade kleine Vereine würden bei der Erarbeitung eines Sicherheitskonzeptes eher allein gelassen. So müssten abstrakte Rahmenanforderungen, die vom Innenministerium über die Gemeinden an die Veranstalter weitergeleitet werden, ohne konkrete Hilfen von den Kommunem umgesetzt werden.

Auch lokal finden sich zum Teil erhebliche Unterschiede bei der Beurteilung von Risiken. Für das Weinfest in Pöring, dass am vorigen Samstag gefeiert wurde, hat es entgegen einer allgemeinen Empfehlung der Ebersberger Polizei praktisch keine sicherheitstechnischen Auflagen gegeben, sagt Wilhelm Ficker, Gemeinderat und erster Vorsitzender des Vereins D'Bianga, der das Fest veranstaltet hat. "Wir wollen uns den Druck nicht aufzwängen lassen, solange es eben geht", betont er im Hinblick auf die allgemeine Bedrohungslage. Gleichzeitig weist er auf die Gestaltung des Festes als bürgernahe und offene Veranstaltung hin, in dessen Organisation diesmal auch Flüchtlinge integriert wurden.

Insgesamt gelte es, die schwierige "Interessenvielfalt" von Veranstaltern, Behörden und Polizei zu berücksichtigen, sagt Gerhard Freudenthaler von der Polizeiinspektion Ebersberg. Wirtschaftlichkeit und Durchführbarkeit dürften nicht vernachlässigt werden. Im Hinblick auf das Grafinger Volksfest müsse man festhalten, dass auch Polizisten Opfer seien, die durch gewalttätige Übergriffe von alkoholisierten Festbesuchern verletzt würden. Ein Restrisiko, so Freudenthaler, müsse man akzeptieren.

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