Alternative Energien:Querschüsse von der großen Koalition

Die neuesten Pläne aus Berlin könnten die Energiewende im Landkreis weiter zurückwerfen

Von Barbara Mooser

Alternative Energien: Hier wird der Windmessmast von Green City Energy im Ebersberger Forst nähe Purfing aufgerichtet.

Hier wird der Windmessmast von Green City Energy im Ebersberger Forst nähe Purfing aufgerichtet.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Ob Windkraft angesichts der häufigen Sinneswandel von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Landkreis eine große Rolle spielen wird, bleibt fraglich, doch auch die große Koalition torpediert nun nach Ansicht von Fachleuten und Politikern die Versuche, die Energiewende auf lokaler Ebene umzusetzen. Neue Fotovoltaikanlagen zu bauen, wird sich voraussichtlich bald gar nicht mehr rentieren, darüber hinaus könnten auch Bürgerenergiegenossenschaften massiv unter Druck geraten, wie Waltraud Gruber, Vorstandsmitglied der Bürgerenergiegenossenschaft Ebersberg ( BEG) und Grünen-Fraktionssprecherin im Kreistag, befürchtet. Sie appelliert nun an ihre Kollegen der CSU und SPD im Landkreis, einen "Aufstand der Basis" gegen die Pläne von Bund und Land zu wagen.

Auch Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr hofft, dass das neue Eckpunktepapier, das Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegt hat, nochmals in wesentlichen Punkten geändert wird. "Einige Dinge können definitiv so nicht bleiben", sagt Gröbmayr. Beispiel Sonnenstrom: Hier werde nicht nur die Förderung für die Anlagen gekürzt, die ins Netz einspeisen - hier sollen auch diejenigen zur Kasse gebeten werden, die ihren Solarstrom selbst verbrauchen. "Das ist in etwa so wie wenn ich einen Apfelbaum im Garten habe und für jeden Apfel, den ich ernte, vier Cent an den Staat zahlen muss", sagt Gröbmayr. Geradezu absurd sei diese Idee. Eigenverbrauchsanlagen wären überdies besonders nützlich für die Energiewende, da sie die Netze nicht belasteten und der Strom für den Eigenverbrauch zu absolut konkurrenzfähigen Preisen produziert werden könnte. Erschwert würde durch die neuen Weichenstellungen in Berlin auch die Arbeit der Energiegenossenschaften, hier werde es schwieriger, Aufträge zu erhalten und rentabel abwickeln zu können, kritisiert der Klimaschutzmanager. "Ich weiß nicht, warum man so viele Prügel zwischen die Beine geschmissen bekommt, wenn man genau das machen will, was die Politiker zumindest in Sonntagsreden auch fordern: die Energiewende, bei der die Wertschöpfung auch in der Region bleibt", so Gröbmayr.

Tatsächlich sind auch SPD-Politiker unglücklich über die Weichenstellungen, die ihr eigener Wirtschaftsminister in der großen Koalition eingeleitet hat. "Ich spüre persönlich wenig Verständnis der Landes- und Bundespolitik dafür, was wir hier vor Ort versuchen", sagt Albert Hingerl, Poinger Bürgermeister und SPD-Fraktionschef im Kreistag. "Sehr kontraproduktiv" seien in seinen Augen die aktuellen Vorstöße. Nun hat die Kreis-SPD einen Antrag gestellt, eine Zwischenbilanz zur Energiewende zu ziehen, denn es stehe zu befürchten, dass die Abkehr von fossilen und anderen endlichen Energieträgern bis 2030 nun "realistisch gesehen im Landkreis Ebersberg nicht mehr erreicht werden kann".

"Voll und ganz richtig" seien die Einwände und Forderungen in diesem Antrag, bestätigt auch Ewald Schurer, der sich freilich ansonsten mit allzu scharfen Kommentaren über die Rückschritte in Land und Bund schwer tut - schließlich sitzt er nicht nur im Kreis- , sondern auch im Bundestag. Er sage nach wie vor "uneingeschränkt Ja" zur ökologischen Energiewende, unterstreicht Schurer. Sigmar Gabriel stelle die Finanzierbarkeit nun stärker in den Vordergrund. Dennoch ist Schurer der Ansicht, dass bei der Fassung der aktuellen Vorschläge in Gesetze noch "nachgebessert werden" müsse. Sein Bestreben sei, vor allem darauf hinzuwirken, dass kommunales und genossenschaftliches Engagement weiter möglich sei. Denn der Einschätzung Grubers, dass diese Energiegenossenschaften gefährdet seien, "kann ich nicht ganz widersprechen".

Auch Schurers CSU-Kollege im Bundes- und Kreistag Andreas Lenz, sieht einige Punkte, an denen noch nachjustiert werden muss - auch wenn in seinen Augen die Vorschläge "insgesamt in die richtige Richtung gehen". Schließlich müsse die "Kostenexplosion" bei der Erneuerbare-Energien-Umlage in den Griff bekommen werden. Verbesserungen muss es nach Einschätzung des CSU-Abgeordneten aber beispielsweise bei der Förderung von Biomasse geben, die eine Energiegrundlast liefern könne. Hier müsse auch im Landkreis das Potenzial noch besser erschlossen werden. Bei der Fotovoltaik gehe es vor allem darum, dass der Eigenverbrauch weitgehend von der EEG-Umlage befreit bleibe. Die Wertschöpfung aus der Energiewende müsse auch in der Region stattfinden, unterstreicht Lenz, so fänden auch im Landkreis positive Effekte für Handwerk und Mittelstand statt. "Auch Energiegenossenschaften müssen sich dem Wettbewerb stellen, es muss aber gewährleistet bleiben, dass sie dies auch können", sagt der CSU-Politiker.

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