Allerorts Baustellen:Brandschutz verschlingt Millionen

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Landkreis und Gemeinden müssen ihre Gebäude in großem Stil sanieren: Sind die Maßnahmen übertrieben oder notwendig?

Inga Rahmsdorf

Keine Fluchttreppe, zu enge Flure, kein Brandschutzmelder - wenn alte Gebäude überprüft werden, dann werden häufig Mängel beim Brandschutz festgestellt. Es ist ein Thema, das die Gemeinden und den Landkreis in den vergangenen Jahren immer stärker beschäftigt - und oft auch heftige Kritik an den Vorschriften auslöst. Die Kommunen investieren viel Geld, um den Brandschutz in Rathäusern, Schulen oder Stadthallen sicherzustellen. Was heute bei Neubauten von Anfang an querschnittsmäßig in alle Planungen einfließt, ist in vielen alten Gebäuden nicht berücksichtigt worden. Oft führt aber auch eine geänderte Nutzung der öffentlichen Räume dazu, dass andere Auflagen gelten.

Der Landkreis hat 2011 insgesamt etwa 1,5 Millionen Euro für die Brandschutzsanierung seiner Liegenschaften investiert. Nach Angaben des Landratsamtes sind für 2012 weitere 1,8 Millionen Euro für den Brandschutz vorgesehen. "Brandschutz ist zu einem Faktor geworden, der eine riesige finanzielle Belastung darstellt", sagt der Glonner Bürgermeister Martin Esterl (SPD).

Der Umbau des Grafinger Rathauses und die damit verbundenen Kosten von 300 000 Euro sind nach Aussage von Bürgermeister Rudolf Heiler (FW) fast ausschließlich für den Brandschutz. Vaterstetten müsste 1,8 Millionen Euro investieren, um den Brandschutz im Rathaus sicherzustellen und das Gebäude auch als Versammlungsstätte genehmigen zu lassen. Die Hälfte der 600 000 Euro für die Sanierung der Schule in Glonn kostete allein der Brandschutz. In den vergangenen fünf Jahren hat die Gemeinde zudem vier Fluchttreppen für jeweils etwa 25 000 Euro gebaut. Kirchseeon zahlte 65 000 Euro, um den Sitzungssaal des Rathauses mit Nottreppen auszurüsten. Da dort nun auch die Mittagsbetreuung für Kinder stattfindet, gelten andere Brandschutzvorschriften. Laut Bürgermeister Hingerl hat die Gemeinde Poing in den vergangenen fünf Jahren mehr als eine Millionen Euro für den Brandschutz in öffentlichen Gebäude investiert.

Im Bestand Brandschutz herzustellen, ist sehr teuer", sagt Heiler. Es gebe aber klare Regeln und es mache keinen Sinn, die zu kritisieren. "Da überlege ich nicht, ob es eine richtige oder gute Maßnahme ist - dann ist sie zu tätigen." Das sieht der Bürgermeister von Vaterstetten kritischer. Robert Niedergesäß (CSU) hält zwar den Brandschutz grundsätzlich für wichtig, vieles bei dem Thema sei aber überzogen. "Da wird nicht nach dem gesunden Menschenverstand beurteilt", sagt er. Für die Bürger sei es schon schwer zu verstehen, dass nun das Rathaus für große Veranstaltungen gesperrt ist. "34 Jahre hat alles gepasst und es ist nichts passiert und dann soll plötzlich kein Konzert mehr stattfinden dürfen. Ich halte das für übertrieben." Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es sowieso nicht. "Natürlich müssen unsere Hallen bestimmte Auflagen erfüllen, aber was in den letzten Jahren unproblematisch war, das soll jetzt problematisch sein", sagt Niedergesäß. Viele Maßnahmen seien oft nur schwer nachzuvollziehen, kritisiert auch Bürgermeister Esterl aus Glonn. "Die Baumaßnahmen sind dermaßen penibel." Wichtiger sei es, die Kinder für den Ernstfall zu schulen, damit sie bei einem Brand richtig reagieren können. Einig sind sich die Bürgermeister aber darin, dass die Gemeinden die Auflagen nun einmal umsetzen müssen.

Stefan Blüml, Ingenieur und Sachverständiger für Brandschutz in Grafing, hält nicht die Vorschriften, sondern viele der Maßnahmen für übertrieben. Die Auflagen beim Brandschutz hätten sich kaum verändert, sagt er. Trotzdem würden nun "pauschal Monstermaßnahmen" in öffentlichen Gebäuden vorgenommen, ohne kritisch zu hinterfragen, ob die wirklich alle so vorgeschrieben und notwendig seien, sagt Blüml. Von den teuren Sanierungen profitiere ein ganzer Apparat.

© SZ vom 20.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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