Alkohol :Besser im Zelt als im Park

Alkohol : Das Bier zur Brezn dürfen sich Jugendliche auf dem Grafinger Volksfest weiterhin gönnen, vorausgesetzt, sie sind mindestens 16 Jahre alt.

Das Bier zur Brezn dürfen sich Jugendliche auf dem Grafinger Volksfest weiterhin gönnen, vorausgesetzt, sie sind mindestens 16 Jahre alt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grafinger Stadtrat lehnt Bierverbot für Jugendliche auf dem Volksfest ab, weil diese sich sonst vorher betrinken

Von Thorsten Rienth, Grafing

Jugendliche bekommen auch weiterhin Bier im Grafinger Volksfestzelt. Einen Antrag vom Bündnis für Grafing (BfG), der auf eine Verschärfung der Volksfestsatzung abzielte, hat der Stadtrat am Dienstagabend mit großer Mehrheit abgelehnt. Selbst für einen ein- oder zweijährigen Probedurchlauf sah das Gremium keinen Anlass. Jeden Mai seien es die gleichen Schlagzeilen, die das Grafinger Volksfest in negatives Licht zögen, klagte BfG-Stadtrat Heinz Fröhlich: "Sturzbetrunkene Jugendliche". Seit Jahren versuche die Stadt, dem Problem engagiert Herr zu werden, das wolle er gar nicht in Abrede stellen. "Aber egal, was wir machen - ob wir mehr kontrollieren oder mehr aufklären - es wird nicht besser."

Das BfG hielt deshalb einen radikaleren Versuch für geboten, der in einen Stadtratsantrag gegossen lautete: Die Volksfestsatzung möge den Bierausschank an unter 18-Jährige grundsätzlich verbieten. Der gesetzliche Jugendschutz, nach dem ab 16-Jährige Bier und Wein trinken dürfen, wäre mit dem Satzungsentwurf verschärft.

Das BfG bekam in der Sitzung ordentlich Kontra. Zunächst fachlicher Art, weil sich praktisch sämtliche von der Stadt eingeholte Stellungnahmen entsprechender Behörden von dem Verbot abrieten, ja es gar für kontraproduktiv hielten. "Wir befürchten eine verstärkte Konsum-Verlagerung in das Umfeld des Volksfestgeländes und damit einen erhöhten und unkontrollierten Alkoholmissbrauch durch Minderjährige", schrieb etwa das Jugendamt. Lieber solle in der Volksfestgegend stärker kontrolliert werden "hinsichtlich versteckter Spirituosen und konsumierender Jugendlicher".

Grafings Jugendpfleger Himo Al-Kass bewertete die Situation ähnlich. "Sollte auf dem Volksfest nur noch an Volljährige ausgeschenkt werden, so wird sich meines Erachtens der Alkoholkonsum im Vorfeld und Umfeld exorbitant erhöhen - und dann auch mit härteren Getränken." Bei einem Verbot würden zudem auch diejenigen Jugendlichen ab 16 kein Bier mehr bekommen, die nüchtern am Volksfest ankommen und ihre Getränke in akzeptablem Maß dort kaufen. Viele dieser Jugendlichen würden ihren Alkohol dann im Vorfeld und ohne Aufsicht konsumieren, prophezeite Al-Kass. Im Supermarkt oder in Gaststätten bekämen sie ihn schließlich bereits mit 16.

Satzungstechnischen Handlungsbedarf sieht auch die Polizei nicht. "Zwar fallen durchaus Personen unter 18 Jahren negativ im Konsumverhalten mit Alkohol auf." Einen "polizeilichen Problemschwerpunkt" leite man daraus aber nicht ab.

Nach den Stellungnahmen der Fachbehörden folgte die politische Gegenrede. Einmal bezog sie sich auf die vorangegangenen Kommentare der Fachstellen. Die würden schließlich nicht so einfach von der Hand zu weisen sein. Ein andermal stellten sie die Frage nach der Zuständigkeit wie etwa Freie Wähler-Stadtrat Josef Klinger. "Das Volksfest geht zehn Tage im Jahr. An diesen zehn Tagen hätten wir die Hand drauf - den Rest sind bei den 16- bis 18-Jährigen erst mal die Eltern verantwortlich." Außerdem sei es immer nur ein kleiner Teil der Jugendlichen, der sich danebenbenehme.

Das BfG wollte die Gegenreden so einfach nicht stehen lassen. Fröhlich fragte, wie ernst die Stellungnahmen der Fachbehörden überhaupt zu nehmen seien? "Vor ein paar Jahren hat uns die Polizei erzählt, dass so ein Verbot das probate Mittel ist". Jetzt soll es plötzlich genau andersherum sein. Tatsächlich hatte der erste - aber auch im Stadtrat gescheiterte - Grafinger Alkoholverbotsanlauf im Jahr 2009 auf einem Vorschlag der Polizisten gegründet. Wenn seine Argumente als unbelegt hingestellt würden, versuchte Fröhlich einen Kompromiss, dann sei das bei jenen von Stadt und Fachbehörden genauso. "Machen wir ein oder zwei Jahre einen Test und schauen, ob sich was ändert", schlug er vor. Abgesehen von den drei BfG-Stimmen hielt der Stadtrat weder Verbot noch Kompromiss für nötig und lehnte beides ab. Im Bierzelt bleibt also alles wie bisher.

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