Adventsreporter:Frische Backwaren für einen guten Zweck

Seit rund zehn Jahren liefern Konfirmanden an den Adventssamstagen in Grafing Semmeln nach Hause.

Von Carolin Fries

Adventsreporter: Am Samstagmorgen steht erst einmal das große Packen an, ehe die Frühstückstüten von den Konfirmanden ausgeliefert werden. Foto: Endt

Am Samstagmorgen steht erst einmal das große Packen an, ehe die Frühstückstüten von den Konfirmanden ausgeliefert werden. Foto: Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Axel Kajnath ist da. Also nicht nur physisch. Der Pfarrer steht in einem Gruppenraum des evangelischen Gemeindehauses in Grafing vor einer Gruppe müde aussehender Jugendlicher, auf seinen donnernden Weckruf "Also wer?" wandert erst ein Arm in die Höhe, dann ein zweiter. "Wunderbar, dann macht ihr die Sudetenstraße." Er holt eine Tafel, auf der Grafings Straßen mit Stecknadeln und Gummibändern markiert sind, und deutet auf ein abgestecktes Gebiet. In diesem mandarinengroßen Stadtgebiet auf der Tafel also sollen sie an diesem Morgen Semmeln liefern.

Es ist Samstag, 7.30 Uhr, und der 13 Jahre alte Nicolas findet es "schlimm", um diese Zeit schon auf den Beinen sein zu müssen. Doch der Semmeldienst an den vier Adventsamstagen gehört seit rund zehn Jahren zu den Pflichten der Konfirmanden und damit zu denen von Nicolas, Justus, Nicole, Paulina, Alina und wie sie alle heißen. "Die Konfis wollen was tun", erklärt Kajnath die Aktion, deren Erlös der Aktion "Brot für die Welt" zugute kommt. Ein Grafinger Bäcker spendet die Semmeln, die Besteller eine Liefergebühr von 2,50 Euro. Jedes Jahr kommen so rund 700 Euro für den guten Zweck zusammen.

An diesem Samstag sind es rund 35 Bestellzettel, die Kajnath bereits den einzelnen Routen zugeordnet hat. "Jetzt müsst ihr gut aufpassen, dass es keine Beschwerden gibt", sagt er und greift sie eines der gelben DIN-A4 großen Papiere. "Es gibt dreierlei Frühstücks, mit oder ohne Brezen", erklärt er und: "Außerdem bitte schauen, ob Croissant angekreuzt ist. Und die dann extra verpacken." Spätestens jetzt müssen die Jugendlichen aufwachen, mit den gelben Zetteln und roten Semmeltüten stehen sie vor den Semmelkisten und packen ein, was rein soll: Weltmeistersemmeln, Kornspitz, Brezen und - bei Bedarf auch ausschließlich Vollkornsemmeln. "Wir versuchen, alle Sonderwünsche zu berücksichtigen", sagt Kajnath, der bis Freitag um 12 Uhr Bestellungen für den folgenden Samstag annimmt. "Dreiviertel der Leute sind Stammkunden", sagt er. "Ein Viertel wird in der Regel von den neuen Konfis rekrutiert."

Die meisten Besteller haben bereits ihre Semmeln bezahlt. "Die wollen nicht um 8 Uhr von Konfirmanden geweckt werden", betont Kajnath und bittet die Jugendlichen, nur zu klingeln, wenn auch kassiert werden muss. Zum Beispiel bei Astrid Burmeister, die nur zwei Häuser vom Gemeindehaus entfernt in einem Mehrfamilienhaus wohnt. Seit "bestimmt schon fünf Jahren" lässt sie sich im Advent das samstägliche Frühstück liefern, lächelnd steht sie in der Tür. Die drei Jugendlichen drücken ihr die Semmeltüte in die Hand, rechnen ab und verschwinden wieder. Sie wünschen kein schönes Wochenende oder bedanken sich groß. Für Astrid Burmeister ist das voll in Ordnung. "Es geht nicht darum, am Morgen große Reden zu schwingen."

Zu dritt machen Justus, Nicole und Paulina die Tour, welche die Straßen rund um die evangelische Kirche abdeckt. Auf Kajnaths Tafel stand auf einem Tesastreifen neben den Stecknadeln und Gummis "Nest". Nach diesem Nest sehnen sich schon, nachdem sie gerade die zweite Semmeltüte abgeliefert haben. Ein eiskalter Wind peitscht ihnen ins Gesicht, an Handschuhe oder eine Mütze hat keiner von ihnen gedacht. Justus trägt den blauen Plastiksack wie ein Nikolaus seinen Gabensack über der Schulter. Wie die drei Weisen aus dem Morgenland, die ihre Kronen und Mäntel vergessen haben, ziehen sie über die Gehsteige, biegen mal rechts, mal links ab. Die Gespräche drehen sich um die Schule, um den späten Vorabend, die Pläne für das Wochenende - "wenn das hier vorbei ist" - und später ums Mittagessen. Nicole hat Lust auf einen Döner. 8.20 Uhr ist es, als die Truppe ihre letzte Tüte vor eine hölzerne Haustüre legt. Hände und Füße sind inzwischen fast tiefgefroren.

Als sie das "Nest" erreichen, sind die Tische im Gemeindesaal zu einer großen gedeckten Tafel zusammengeschoben, Semmelkörbe stehen auf dem Tisch. Drei Kerzen leuchten. Auch das gemeinsamen Frühstück gehört zum Semmeldienst dazu, wie Pfarrerin Martina Oefele erzählt, die an der Küchenzeile Kaffee und Tee kocht. "Normalerweise reden wir über die Konfirmation und das Leben", hatte Luca den Konfirmanden-Unterricht am frühen Morgen noch definiert. Heute kamen wesentliche Ergänzungen hinzu.

Semmeldienst der Konfirmanden, an allen Adventssamstagen, Bestellungen sind bis zum Freitag zuvor um 12 Uhr möglich, Telefon (08092) 9240 oder per E-Mail an pfarramt.grafing@elkb.de

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