Absage an Big Brother:Das Lernen der Anderen

Bei der Sanierung der Schulen in Ebersberg werden auch Kameras an den Eingängen installiert. Den Vorschlag, innerhalb der Gebäude ebenfalls eine Videoüberwachung einzurichten, lehnt der zuständige Ausschuss aber ab

Von Wieland Bögel

Sollen die Schüler der Ebersberger Grund- und Mittelschule rund um die Uhr per Kamera überwacht werden? Über diese Frage hatte nun der Technische Ausschuss des Stadtrates zu befinden, und die Entscheidung fiel klar aus. Alle Mitglieder des Gremiums sprachen sich dagegen aus, auch aufgrund der zu erwartenden hohen Kosten für eine solche Maßnahme.

Beim Umbau der Schulen an der Balde- und der Floßmannstraße wird auch in die Sicherheit investiert. Hintergrund ist die Angst vor Amokläufen. Um für einen solchen Fall gerüstet zu sein, werden etwa in die Türen der Klassenzimmer Türspione eingebaut. Aber auch technisch wird in den Schulhäusern nachgerüstet. So entsteht dort eine moderne Notrufanlage mit Alarmknöpfen in jedem Klassenzimmer. Außerdem gibt es künftig Kameras an allen Eingangstüren der Schule.

Doch auch eine weitergehende Überwachung sei möglich, erläuterte nun Planer Georg Breiter den Stadträten. So könne man in allen Schulgängen Kameras installieren. Diese würden alles aufzeichnen, was dort passiert, 21 Tage lang blieben diese Aufzeichnungen gespeichert. Allerdings nicht auf einem Server der Schule, sondern auf einer Cloud der Firma Bosch, welche das System betreiben würde, erläuterte Breiter. Trotzdem sei die Datensicherheit gewährleistet, versicherte der Planer. Zugriff gäbe es darauf nur, wenn Schulleiter Alexander Bär und mindestens zwei weitere Lehrer ihre Einwilligung gäben. Nur diese Personen hätten die für eine Freigabe nötigen Passwörter. Im Notfall allerdings könnten die Bilder aus den Gang-Kameras direkt an die Einsatzzentrale der Polizei übermittelt werden. Dies, so Breiter, hätten Berater des Landeskriminalamtes empfohlen, bei denen sich die Planer erkundigt hatten.

Im Ausschuss stieß die Idee der Kameraüberwachung innerhalb der Schule allerdings auf wenig Gegenliebe, und zwar gleich aus mehreren Gründen. "Das wird verdammt teuer", meinte Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), die Stadt werde dafür "einen hohen fünfstelligen Betrag" investieren müssen. Und das möglicherweise auch noch völlig vergebens. Denn derzeit gebe es für solche Anlagen in Bayern keinerlei Präzedenzfälle. "Es kann sein, dass das überhaupt nicht zulässig ist", dann müsste man die teure Anlage für noch mehr Geld wieder entfernen, warnte Brilmayer. Er ließ auch durchblicken, dass ihm eine Videoüberwachung in der Schule nicht besonders sympathisch sei: "Das ist ein bisschen wie im Gefängnis, da könnten wir auch vor jede Klasse einen Wärter mit Gewehr hinstellen."

Auch den übrigen Ausschussmitgliedern ging dies zu weit. Er sehe hier durchaus Probleme mit dem Datenschutz, meinte Alois Lachner (CSU), zumal die Aufnahmen bei einer privaten Firma gespeichert würden. Elisabeth Platzer (SPD) nannte die Vorstellung einer komplett videoüberwachten Schule "ein bisschen gruselig" und warnte davor, diese "zum Hochsicherheitstrakt auszubauen, das halte ich für völlig überzogen". Außerdem bezweifelte Platzer, dass sich durch eine solche Überwachung wirklich Amokläufe verhindern ließen. Hier sei eher Präventionsarbeit seitens der Schule gefragt.

Dort sieht man eine Dauer-Überwachung ebenfalls kritisch, wie Schulleiter Bär erklärte. Kameras an den Eingängen seien datenschutzrechtlich zwar unbedenklich, aber eben nicht jene in den Gängen, die noch dazu ständig aufzeichnen würden. Diese Vorstellung verursache bei Lehrern, Eltern und Schülern "die größten Bauchschmerzen". Bär wies auch darauf hin, dass die gespeicherten Aufnahmen keinesfalls nur mit seinem Einverständnis eingesehen werden könnten. "Die Polizei kann sich per richterlichen Beschluss die Daten jederzeit holen", meinte der Schulleiter, welche Voraussetzungen für einen solchen Beschluss erfüllt sein müssten, sei völlig unklar.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: