Abi-Noten:Und durch!

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Für die meisten Abiturienten ist dieser Anblick Vergangenheit - nur, wer noch Nachprüfung hat, muss hier noch mal Platz nehmen. (Foto: Christian Endt)

Am Freitagnachmittag vor den Pfingstferien bekommen die 570 Abiturienten an den Landkreisgymnasien ihre Noten mitgeteilt. Wer kann oder muss, hat dann zwei Wochen Zeit, für die Nachprüfungen zu lernen

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Die größte Neuigkeit in Sachen Abitur gab es in diesem Jahr schon lange, bevor die Prüfungen Anfang Mai überhaupt begannen. Im Februar hatten bayerische Schüler eine Petition gestartet, um die Bekanntgabe ihrer Noten noch vor den Pfingstferien zu erzwingen. Binnen kürzester Zeit hatten mehr als 25 000 Unterstützer unterschrieben - das Kultusministerium gab nach und legte den Termin auf Freitag, 2. Juni, fest. Für die Schüler, also auch die knapp 570 Abiturienten an den vier Gymnasien im Landkreis, bedeutet das: Wer eine Nachprüfung machen möchte - oder muss -, hat zum Lernen nun die ganzen Pfingstferien zur Verfügung. Nach ursprünglicher Planung hätten die Gymnasiasten ihre Noten erst am Montag nach den Ferien erfahren und im besten Fall drei Tage Zeit für die Vorbereitung gehabt.

Was für die Prüflinge ein Vorteil sein dürfte, erwies sich für die Planer an den Schulen und die am Abitur beteiligten Lehrer als Herausforderung. Für die Korrektur sämtlicher schriftlicher Arbeiten hatten sie nur vier Wochen Zeit; im Gegensatz zu sechs im vergangenen Jahr, als die Pfingstferien mitten in den Prüfungszeitraum fielen. Und weil in den vergangenen beiden Wochen auch die Colloquien anstanden, brummte es in den fürs Abitur reservierten Klassenzimmern den ganzen Tag über wie in einem Bienenschwarm. 284 mündliche Prüfungen, alle am Nachmittag, mussten etwa in Kirchseeon organisiert werden, berichtete Oberstufenkoordinator Tobias Scheller. "Das waren für die Kollegen schon lange Tage", sagte er - ganz entgegen jedem Klischee, setzte er noch hinzu.

Das Mitleid der Abiturienten mit ihren Lehrern wird sich allerdings in Grenzen halten, haben sie doch in der Oberstufe mit 132 Halbjahreswochenstunden ein Pensum zu absolvieren, das weit über dem Schnitt aus früheren G9-Zeiten von 108 Halbjahreswochenstunden liegt, wie die Oberstufenbetreuerin Brigitte Federschmidt vom Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben vorrechnete. "Da ist schon ganz schön draufgesattelt worden." 25 bis 30 Prüfungen müssen die Abiturienten in den gerade mal zwei Monaten des letzten Halbjahrs der 12. Klasse absolvieren, in jedem Fach eine Klausur und ein bis zwei kleine Leistungsnachweise. "Das ist schon eine dicke Packung, die sie da zu tragen haben." Ähnlich sieht das auch Tobias Scheller in Kirchseeon. "Das letzte Halbjahr ist eigentlich schon unschön, von der Prüfungsdichte her." Im Hinblick auf die Rückkehr zum G 9 "wäre das schon etwas, wo man ansetzen könnte."

Umso erstaunlicher, dass die Bestehensquoten konstant hoch sind. Auch diesmal haben die Oberstufenbetreuer ein gutes Gefühl - wenn sie sich mit genaueren Prognosen natürlich zurückhalten mussten. "Wir haben Klasseschüler", sagt Brigitte Federschmidt über die 118 Oberstufler, die zu den Prüfungen im Franz-Marc-Gymnasium angetreten sind. 141 waren es im Vorjahr, was aber, laut Federschmidt, in den Bereich der üblichen Schwankungen zu rechnen ist. Auch weil in Markt Schwaben, ebenso wie in Kirchseeon, in diesem Jahr die Turnhalle wieder für die schriftlichen Prüfungen zur Verfügung stand - 2016 waren hier noch Flüchtlinge untergebracht - kann die Oberstufenkoordinatorin einigermaßen entspannt auf die Prüfungen zurückblicken. Sie spart nicht mit Lob für ihre Schützlinge. "Die Schüler haben sich an alles gehalten, was wir ihnen gesagt haben. Wir hatten auch keinen Krankheitsfall." Was in Vaterstetten anders war, und, wie die Oberstufenbetreuerin am Humboldt-Gymnasium Regina John erklärt, für den betroffenen Schüler von Nachteil sein kann. In Vaterstetten war einer der 195 Prüflinge am Tag des Matheabiturs krank und muss nun am 11. Juni nachschreiben. Der Termin ist zentral festgelegt wie alle Prüfungstage. "Das ist aber ein bisschen blöd, wenn man ein Mangelfach studieren will", erklärte John, weil der 15. Juni Anmeldetag an den Unis sei. Wenn die Nachholarbeit bis dahin nicht korrigiert sei, habe der Schüler eventuell das Nachsehen.

Um ja keine Prüfung zu versäumen, musste manch einer der Abiturienten am Gymnasium Grafing in diesem Jahr auf ungewöhnliche Mittel und Wege sinnen: Die Sperrung mehrerer Bahnübergänge in der Stadt machte für viele Schüler den Weg zur Schule manchmal unberechenbar. "Ein Abiturient ist mir eine ganze Stunde vor der Prüfung in der Schule begegnet", erzählte die für Q12 Verantwortliche Meike Burger. "Er hat ganz sichergehen wollen, dass er auch wirklich pünktlich da ist." Am nächsten Tag habe sie ihn dann gleich noch mal so früh getroffen. Auch in Grafing ist der Jahrgang mit 110 bis 120 Abiturienten etwas kleiner als im vergangenen Jahr, während am Gymnasium Kirchseeon mit 142 Abiturienten "der größte Jahrgang, den wir je hatten", zu den Prüfungen angetreten sei, berichtete Tobias Scheller. In der jüngsten Schule des Landkreises macht in diesem Jahr der zweite Jahrgang seine Abschlussprüfung, der von der fünften Klasse an die Schule besucht hat, der vierte Abiturjahrgang ist es insgesamt.

Was die Wahl der dritten schriftlichen Prüfung angeht - Mathematik und Deutsch sind ja verpflichtend - bestätigen die Gymnasien den Trend zur Fremdsprache. Was zum einen wohl mit dem Wegfall der mündlichen Vorprüfung zu tun hat. Zum anderen haben die Schüler im Fach vier und fünf, das jeweils mündlich geprüft wird, die Möglichkeit, eines von vier Halbjahren zu streichen. Das zahlt sich vor allem in stoffreichen Fächern aus. "Selbstorganisation und Zeitmanagement", sagt Brigitte Federschmidt, das sei etwas, das die Schüler am Ende der Gymnasialzeit "ganz sicher gelernt haben."

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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