1. Sitzung:Brodeln und Brummen

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Zwei Ebersberger in Berlin: Der Christsoziale "Bundesandi" Andreas Lenz, 36, trifft den Sozialdemokraten Ewald Schurer, 63, am Dienstag nach der Wahl des neuen Bundestagspräsidenten. (Foto: Privat)

Andreas Lenz und Ewald Schurer zum neuen Bundestag

Von Viktoria Spinrad, Ebersberg/Berlin

Drei Minuten dauerte es, ehe der erste Antrag der AfD abgelehnt wurde - und schon begann es in der konstituierenden Sitzung des Bundestages am Dienstag zu brodeln. Mittendrin im Gewusel beim ersten Zusammentreffen des 19. Bundestags: die Abgeordneten Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD) aus dem Landkreis Ebersberg.

"Wie die Sitzung für Schauanträge missbraucht wurde, war einer konstituierenden Sitzung nicht würdig", befand Lenz, der seine zweite Amtszeit antritt, in einer Wahlpause am Telefon. Ihn erwartet in den nächsten vier Jahren eine zentriertere Sicht auf den Bundestag, ist die CDU/CSU-Fraktion doch mit dem Einrücken von AfD und FDP am rechten Rand geografisch weiter in die Mitte gerutscht - "gar nicht so schlecht", sagt er. Schurer beschäftigt zum Beginn seiner fünften Amtszeit die generellen Wahlverluste der großen Parteien: "Die Bankreihen von Union und SPD sind deutlich schlanker geworden", sagt er. Ob er das neue Plenum mit den 709 Abgeordneten jetzt als aufgebläht empfinde? "Das ist Quatsch", sagt er, es brauche eben Disziplin, "es gibt hier genügend große Sitzungsräume." Sein Landkreis-Kollege ist da anderer Meinung: "Das sind einfach zu viele."

Zu dem neuen Ton, den der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion Bernd Baumann mit Reden von einer "neuen Epoche" anschlug, bemerkte Schurer: "Der Ton kann jetzt schärfer werden." Auch Lenz prognostizierte: "Es wird hitziger debattiert werden", für Beobachter werde es damit aber auch "spannender". Wie man mit der AfD umzugehen plant? "Wir wollen sie inhaltlich stellen", so Schurer. Er spüre ein gewisses Aggressionspotenzial, "aber die SPD darf sich nicht provozieren lassen". Auch Lenz befand: "Wir müssen uns inhaltlich stärker mit der AfD auseinandersetzen." Er selber liebäugelt mit dem Wirtschaftsausschuss, Schurer freut sich wieder auf die Arbeit im Haushaltsausschuss. Dass der Frauenanteil jetzt nur noch bei 31 Prozent liegt, sei ihm, Lenz, schnell aufgefallen: "Ich nehme einen starken Brummton im Saal wahr." Ob es eine Jamaika-Koalition geben werde? "Davon ist auszugehen", so Lenz, "nur muss klar sein, dass die CSU ihre Ziele nicht verkaufen kann." Auch Schurer sagt: "Ich glaube, die kommt", wenn möglicherweise auch nur auf Zeit. Bis es soweit ist, dämpft Lenz derweil die Erwartungen: "Die Gespräche werden mindestens bis Weihnachten dauern, wenn nicht länger."

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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