Drohendes Verbot:"Es schaut gut aus für uns Eisbachsurfer"

Björn Lob hat einen Film über den Münchner Eisbach gedreht. Warum die Surfer keine Angst vor dem Verbot haben und Kelly Slater hier nicht surfen durfte.

Lisa Sonnabend

Björn Richie Lob zog wegen des Eisbachs von Köln nach München. Der 33-Jährige hat nun einen Film über die Eisbachsurfer gedreht, der im Jahr 2009 in die deutschen Kinos kommen soll. Ein Gespräch über die Angst der Surfer vor dem drohenden Verbot und warum der berühmte Kelly Slater in München nicht surfen durfte.

Björn Richie Lob am Eisbach

"Das Eisbachsurfen ist eine zweite Welt": Björn Richie Lob in Aktion

(Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Wie ist die Stimmung derzeit unter den Surfern am Eisbach?

Björn Richie Lob: Ein bisschen Angst haben wir natürlich schon vor einem Verbot. Uns hat bislang immer beruhigt, dass der Eisbach praktisch ein Kulturgut für München ist. Vor 35 Jahren hat es angefangen.

Inzwischen wirbt sogar die Stadt damit. Jeden Tag kommen im Sommer mehrere hundert Touristen vorbei, es steht in den Reiseführern und ist eine Riesenattraktion. Von daher hätte niemand daran gedacht, dass die Stadt es mal in Erwägung zieht, das Surfen zu verbieten. Aber als es in der Süddeutschen Zeitung stand, dass es jetzt praktisch beschlossene Sache ist, haben schon viele einen Schrecken bekommen.

sueddeutsche.de: Wird es Ihrer Meinung nach zu einem Verbot kommen?

Lob: Das Problem ist die Haftungsfrage. Die Schlösser- und Seenverwaltung will aus der Haftung raus. Das versteht ja auch jeder. Aber auch die Medien agierten für uns ungünstig. Als im vergangenen Jahr von den ertrunkenen Badegästen berichtet wurde, haben sie zur Illustration oft ein Foto von den Eisbachsurfern genommen - obwohl beim Surfen noch niemandem etwas Schlimmes passiert ist. Inzwischen hat sich aber ein Eisbachgremium gebildet mit Personen vor allem aus dem Sportmarketing. Es gab schon mehrere offizielle Gespräche mit dem Gremium, der Schlösser- und Seenverwaltung, dem Referat für Gesundheit und Umwelt und einem Juristen. Die Gespräche waren sehr positiv und konstruktiv, mehr darf ich nicht sagen. Nach derzeitigem Stand schaut es gut aus für uns Surfer.

sueddeutsche.de: Was ist so faszinierend am Eisbachsurfen?

Lob: Das Eisbachsurfen ist eine zweite Welt. Drum herum die Hektik und der Stress, am Eisbach dagegen ist Ruhe. Man fühlt sich wie am Meer - ein kleines Hawaii mitten in München. Mittlerweile habe ich am Eisbach so viele gute Freunde und interessante Leute kennen gelernt. Das Gemeinschaftsgefühl unter den Surfern ist sehr stark. Der eine ist Anwalt, der andere Architekt, der andere Arzt - wenn jemand ein Problem hat, dann weiß er: Da kann ich anrufen und dann hilft mir jemand. Und der Sport selbst gehört natürlich auch dazu: das Gleiten auf der Welle, die Manöver fahren. Surfen ist der schönste Sport, den ich je gemacht habe.

sueddeutsche.de: Seit wann surfen Sie?

Lob: Ich hab erst mit 20 angefangen, davor hatte ich ganz viele andere Sportarten gemacht, beim Surfen bin ich schließlich hängen geblieben. Vom Eisbach habe ich erst gehört, als ich schon ein paar Jahre im Meer gesurft hatte. Und dann bin ich wegen des Eisbachs von Köln nach München gezogen. Das Surfen hier ist eine gute Übung fürs Meer. Bei Wettbewerben fahren die Eisbachsurfer vielen Surfen, die an der Küste groß geworden sind, um die Ohren.

sueddeutsche.de: Diskutiert werden derzeit auch Alternativen zum Eisbach wie eine künstliche Welle in der Isar...

Lob: Die Eisbachsurfer würden so etwas sicher begrüßen. In der Diskussion sind Projekte wie tube6 oder Dreamwave, die eine künstliche, größere und bessere Welle produzieren können. Diese Konstruktion kann in jedes beliebige Flussbett eingebaut werden und ist verstellbar. Ich denke, ein derartiges Projekt wird eines Tages in München umgesetzt werden. Nur wann, das steht noch in den Sternen.

sueddeutsche.de: Wie oft gehen Sie surfen?

Lob: Seit ich an dem Film arbeite, schaffe ich es kaum noch. Ich war im letzten Jahr wegen der Postproduktion hauptsächlich in Berlin. Früher bin ich aber fast täglich surfen gegangen. Wenn ich jetzt bald wieder öfter in München bin, werde ich natürlich, so oft ich kann, gehen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es zu dem Film über die Eisbachsurfer kam und warum Kelly Slater hier nicht surfen darf

"Es schaut gut aus für uns Eisbachsurfer"

sueddeutsche.de: Wie kam es zu dem Film über die Eisbachsurfer?

Lob: Ich hatte die Idee schon vor sechs bis acht Jahren. Da habe ich erste Videoaufnahmen am Eisbach gemacht. Damals galt allerdings noch die goldene Regel, dass die Eisbachsurfer nichts mit den Medien zu tun haben wollen, damit nicht noch mehr Leute an den Eisbach kommen. Meine Videos haben wir dann immer nur im kleinen Kreis angesehen - bei Grillfesten mit Videobeamer und Leinwand zum Beispiel.

Irgendwann haben sich allerdings immer weniger Leute an diese Regel gehalten. Ich hab dann öfter Fernsehsendern Material verkauft, wenn die über den Eisbach berichtet haben. Nach und nach kamen immer mehr Leute auf mich zu, und dann habe ich mir gedacht - da kann ich ja auch einen richtigen Film drüber machen. Vor zweieinhalb Jahren habe ich dann die Filmförderung FFF bekommen, und es ging richtig los.

sueddeutsche.de: Und wann kann man den Film sehen?

Lob: Wir sind gerade im Schnitt. Der Film wird in diesem Jahr fertig werden, der Termin für den Kinostart steht aber noch nicht fest. Wer sich dafür interessiert, kann es demnächst auf unserer Webseite www.pipelinepictures.com erfahren. Wir sind sogar in Verhandlungen mit internationalen Kinoverleihern. In Ländern wie Australien oder Brasilien ist Surfen Nationalsport, viele kennen dort den Eisbach. Surffilme sind dort praktisch ein eigenes Genre und laufen sogar als Blockbuster in den Kinos.

sueddeutsche.de: Und Ihr Film belebt den Mythos Eisbach?

Lob: Der Film erzählt sich über Charaktere, die alle das Surfen am Eisbach verbindet. Dieter zum Beispiel ist Münchner und derjenige, der das Eisbachsurfen praktisch erfunden hat. Er beschreibt in dem Film, wie es zu der Geburtstunde des neuen Sports kam. Quirin hat einst am Eisbach mit einem kleinen Brettchen angefangen. Inzwischen ist er erfolgreicher Surfer und arbeitet für ein Surfmagazin. Er lebt den Traum von wohl allen Eisbachsurfern: vom Surfen zu leben.

Im Film reisen wir sogar bis nach Kanada. Dort lebt Eli, der in einem ziemlich düsteren Viertel in San Diego groß geworden ist, seine Eltern waren drogenabhängig. Er hat davon gelebt, Drogendealer zu überfallen. Was ihn rausgezogen hat, ist das Surfen am Meer. Jetzt ist er Friseur und hat Familie, ganz bodenständig. Sein Traum war es immer, nach München in die Geburtstätte des Riversurfens zu kommen. Im Film reist er dann auch nach München und lernt die Leute am Eisbach kennen.

Und dann kommt noch Walther vor, der inzwischen an einem Strand in Sardinien lebt. Er ist sozusagen der Hausmeister der Eisbachwelle gewesen. Er hat den Localism eingeführt und keine fremden Surfer geduldet, sondern sie nach Hause geschickt. Als Kelly Slater, einer der weltbesten Surfer, einmal zum Eisbach kam, hat Walther einfach die Welle abgestellt. Walther war da eben konsequent.

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