Dreikönigstreffen:Die SPD will endlich wieder siegen lernen

Malu Dreyer und Natascha Kohnen beim Dreikönigstreffen der SPD München im Hofbräukeller München 06

Aufbruchstimmung bei der SPD im Hofbräukeller: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (links) hat 2016 die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz gewonnen, Natascha Kohnen (rechts) tritt im Herbst in Bayern gegen Markus Söder an.

(Foto: Petra Schönberger/imago)
  • Während die CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon ihre Positionen festgezurrt hat, ist die Münchner SPD zum Dreikönigstreffen zusammengekommen.
  • Eines ihrer Probleme ist den Genossen klar: Der SPD müsse es endlich gelingen, ihre Erfolge auch für jedermann sichtbar auszustellen.
  • Tipps für eine erfolgreiche Landtagswahl gab es auch von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Von Wolfgang Görl

Unter einem guten Stern ist die SPD im vergangenen Jahr nicht gerade gewandelt, und bis heute ist offen, wohin der Weg geht. In solch miesen Zeiten rückt man gerne zusammen, was für die Genossen beim Dreikönigstreffen der Münchner SPD im Hofbräukeller buchstäblich gilt. Etwa 450 Interessierte sind gekommen, so viele, dass einige der Gäste mit Stehplätzen auf dem Gang vorlieb nehmen müssen.

Gewiss hat der Andrang auch damit zu tun, dass ein Redner und zwei Rednerinnen auf dem Programm stehen, die das Prinzip Hoffnung verkörpern: Dieter Reiter, der Lokalmatador und Münchner Oberbürgermeister, die bayerische Landesvorsitzende Natascha Kohnen und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, von der die gebeutelten Sozialdemokraten zu erfahren hoffen, wie man Wahlen gewinnt. Dem ausgiebigen Applaus und dem Jubel nach zu schließen, ist zumindest dies gelungen.

Dieter Reiter schickt zu Beginn seiner Rede gleich mal einen vergifteten Gruß an die CSU, indem er diskret andeutet, wo das bessere Bayern zu finden ist: "Bayern ist nicht nur Kloster Seeon, Bayern ist auch München." Und in München, wo immer noch ein Sozialdemokrat regiert, spielte einst Helmut Dietls wunderbare Fernsehserie "Der ganz normale Wahnsinn".

Deren Protagonist, der von Towje Kleiner gespielte Journalist Maximilian Glanz, wurstelte an einem Buch herum, das den Titel tragen sollte: "Woran es liegt, dass der Einzelne sich nicht wohl fühlt, obwohl es uns allen so gut geht." Die darin aufflackernde Frage hält Reiter noch heute für "brandaktuell". Objektiv gehe es den meisten Menschen im Lande gut, und doch fühlten sich viele unwohl. Ihren Unmut, beklagt Reiter, äußern sie in wütenden Protest und wählen eine Partei, die "gegen Ausländer, Flüchtlinge und Muslime hetzt". So eine Politik dürfe auf Dauer nicht erfolgreich sein, die SPD müsse da Lösungen anbieten.

Und, das ist Reiter besonders wichtig, seiner Partei müsse es endlich gelingen, ihre Erfolge auch für jedermann sichtbar auszustellen. Denn so schlecht sei man in der vergangenen Legislaturperiode ja nicht gewesen. Die SPD habe etwa den Mindestlohn durchgesetzt, "der war enorm" wichtig, und doch sei es nicht gelungen, den Wählern diese Errungenschaft als ein Verdienst der Sozialdemokratie zu vermitteln. Gleiches gelte für Mieterschutz, Minderheitenrechte oder die "Ehe für alle". Woran also, fragt Reiter, "liegt es, dass nicht jeder SPD wählt, obwohl alle davon profitieren?"

"Ihr müsst sie auf Händen tragen, und zwar bis hin zum Wahltermin"

Reiters Antwort: Die SPD habe ihre Leistungen schlecht verkauft, und sie habe es zudem an Geschlossenheit fehlen lassen. Man könne gerne intern streiten, aber wenn eine Entscheidung gefallen sei, müsse man diese auch gemeinsam in der Öffentlichkeit vertreten. Reiters Rezept lautet: "Erst sagen, was man tut, aber dann auch tun, was man sagt".

Wie schon Reiter, der mit Blick auf den Flirt mit Viktor Orbán und Dobrindts jüngsten Revolutionsthesen der CSU vorwarf, die "gesellschaftlichen Spaltung" voranzutreiben, attestiert auch Malu Dreyer den Christsozialen eine von Nervosität genährte Rückwärtsgewandtheit. Lange aber hält sie sich nicht mit dem politischen Rivalen auf, sie ist schnell bei den Rezepten für eine erfolgreiche Landtagswahl und bei der SPD-Spitzenkandidatin Natasche Kohnen.

"Ihr müsst sie auf Händen tragen, und zwar bis hin zum Wahltermin", empfiehlt die in einen sattroten Hosenanzug gehüllte Ministerpräsidentin. Die Partei müsse zusammenhalten, dies werde von den Wählern honoriert. Doch auch inhaltlich müsse sich die SPD erneuern, es gelte, wieder zu "einer starken linken Volkspartei zu werden", die sich für ein offenes Europa ebenso einsetze wie für Klimaschutz, Bildung, Pflege, Wohnung, Gerechtigkeit und "soziale Teilhabe".

Die technologische Entwicklung sei unaufhaltsam, Auftrag der SPD sei es, dafür zu sorgen, dass die Menschen keine Angst haben müssten, dabei unter die Räder zu kommen. Es gehe nicht an, dass in Deutschland mehr als eine Million Menschen von unsicherer Leiharbeit lebten oder dass die Beschäftigten angesichts der Globalisierung die Sorge plage, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Darum müsse sich die SPD kümmern: "Dass nicht nur einige wenige vom Wohlstand profitieren."

Natascha Kohnen stimmt die Genossen gegen Ende der Veranstaltung auf den bevorstehenden Wahlkampf ein - und dabei gerät selbstredend die CSU ins Visier. "Was dieses Land nicht braucht, ist Hetze gegen Minderheiten und dass Schwächere gegen noch Schwächere ausgespielt werden." Die jüngsten Äußerungen aus den Reihen der CSU nährten ihren Verdacht, dass die Christsozialen die Gespräche über eine mögliche große Koalition "an die Wand fahren" wollten. Statt Populismus und der Dobrindtschen "konservativen Revolution" brauche eine stabile Demokratie "Anstand und Respekt im Umgang miteinander".

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