Drehort München:Alles nur Kulisse

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Die Dreharbeiten zum Kinofilm "Vatertage" mit Hauptdarsteller Sebastian Bezzel fanden auf dem Münchner Olympiaberg statt. (Foto: Stephan Rumpf)

Szenen aus der Altstadt, dem Englischen Garten oder vom Viktualienmarkt sind bei Filmproduktionen besonders gefragt. Seit 2008 hat sich die Zahl der Drehgenehmigungen in München fast verdoppelt. Das weckt Begehrlichkeiten im Rathaus.

Von Thomas Anlauf und Andreas Glas

Oliver Stone ist fast schon Stammgast bei einem Italiener im Münchner Süden. Seit einigen Wochen kommt der Regisseur regelmäßig zum Essen her. Am Geiselgasteig bereitet Stone seinen neuen Film über den Whistleblower Edward Snowden vor, im Februar beginnen die Dreharbeiten in München. Auch Bruce Willis und Emma Watson werden dieses Jahr in München drehen. Ein fast schon gewohnter Anblick ist es hingegen, wenn am Viktualienmarkt Andreas Giebel für München 7 ermittelt oder Die Chefin Katharina Böhm auf dem Odeonsplatz gefilmt wird. München ist eben Filmstadt. Und die Stadt will ihrem Image nun auch gerecht werden.

Fast 3000 Drehtage hat der Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF) im vergangenen Jahr in München gezählt. Seit 2008 haben sich die Drehgenehmigungen nahezu verdoppelt. "München ist einer der wichtigsten Filmstandorte in Deutschland", sagt Anja Metzger. Sie ist Chefin der Film Commission beim FFF und kümmert sich um die Filmproduzenten und Regisseure, die in Bayern drehen wollen. Dass sich die Zahl der Drehtage so stark erhöht hat, habe nicht nur mit der "attraktiven Filmförderung in Bayern zu tun", sondern in München auch mit beliebten Drehorten in der Altstadt, Haidhausen und der Schwanthalerhöhe.

Bei Produktionsfirmen sind oft kleine Straßen beliebt

Neben deutschlandweit bekannten Schauplätzen wie dem Viktualienmarkt, dem Englischen Garten oder dem Marienplatz sind es oft gerade kleine Straßen, die Produktionsfirmen gerne für ihre Dreharbeiten nutzen. In der Liebigstraße im Lehel gibt es zum Beispiel eine Wohnung, die immer wieder für Filmaufnahmen angemietet wird. Nicht immer sind die Nachbarn begeistert, denn "selbst die kleinste Produktionsfirma ist mit einem ganzen Fuhrpark unterwegs", sagt Anja Metzger. Und so ein Fuhrpark braucht ziemlich viel Platz auf der Straße.

Platz für Filmteams schaffen - dafür ist in München das Kreisverwaltungsreferat (KVR) zuständig. Bislang werden allerdings vom KVR Drehgenehmigungen gleichberechtigt wie Baustellen behandelt. So mussten sich die Mitarbeiter im vergangenen Jahr darum kümmern, dass 21 769 Baustellen und Parkplätze bei privaten Umzügen genehmigt und mit Schildern oder Absperrungen gekennzeichnet wurden. Neben diesem Massengeschäft wurden 925 Genehmigungen für Dreharbeiten mit Halteverboten auf den Münchner Straßen erteilt. Die Folge: Es dauerte schon mal acht Wochen, bis eine Drehgenehmigung erlassen wurde.

"Wir haben im Jahr 2014 festgestellt, dass wir mit der Flut von Anträgen nicht mehr in einer zumutbaren Zeit zurechtkommen", sagt KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle. "Auch weil die wenigen Stellen, die wir haben, durch Krankheit oder Abwesenheit nicht besetzt sind. Die Klagen der Filmwirtschaft sind absolut gerechtfertigt." Bei einem Gespräch mit Vertretern der Branche in der vergangenen Woche hätten diese ihm "sehr drastisch gesagt, dass wenn es so weiter geht, sie halt Produktionen verlagern".

Im März will der KVR-Chef dem Stadtrat vorschlagen, ein eigenes Filmbüro zu schaffen, mit drei Planstellen plus Führungsstelle. Denn "natürlich haben wir ein Interesse daran, dass die Filmwirtschaft weiterhin blüht in der Stadt. Dem Wettbewerb mit Hamburg und Berlin wollen wir uns stellen."

Die Filmbranche reagiert erleichtert auf den Vorstoß des Kreisverwaltungsreferats. Ein städtisches Filmbüro zeige "den politischen Willen der Stadt", den hohen Imagewert der Münchner Filmindustrie zu fördern, sagt Anja Metzger vom FFF. Das langwierige Warten auf eine Drehgenehmigung hatte in der Vergangenheit manches Filmteam in Schwierigkeiten gebracht: Etwa wenn eine Szene im Frühling spielen soll, die Dreherlaubnis aber erst knapp zwei Monate später erteilt wird.

Derzeit sind die bürokratischen Hürden hoch

Auch bürokratische Hürden können bald schneller beseitigt werden - vorausgesetzt, das Kreisverwaltungsreferat bekommt das Personal. Im vergangenen August musste Bavaria Film für einen Dreh in der Holzapfelstraße auf der Schwanthalerhöhe vom Kreisverwaltungsreferat Parkplätze für 1000 Euro anmieten. Gebraucht wurden jedoch nur fünf Stellplätze für insgesamt 100 Euro. Die Bezirksausschussvorsitzende Sibylle Stöhr (Grüne) hat deshalb Verständnis, wenn dann Anwohner der Schwanthalerhöhe entnervt sind, wenn sie keine Parkplätze finden, weil die für Dreharbeiten belegt sind. In ihrem Viertel gebe es trotzdem keine großen Beschwerden.

"Unser Stadtviertel ist grundsätzlich offen für Filmdrehs", sagt Stöhr, die wegen zahlreicher Anfragen von Produktionsfirmen regelmäßig in Kontakt mit dem FFF steht. Die begeisterte Cineastin besucht auch gerne mal die Filmsets in ihrem Viertel, wenn sie die Zeit dazu findet: "Und wenn vielleicht noch Oliver Stone auf die Schwanthalerhöhe kommt, wäre das doch eine feine Sache - und für mich vielleicht eine Statistinnenrolle drin."

© SZ vom 17.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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