Doppelmord von Krailling:Starke Indizien - aber kein Geständnis

Zweimal ist der mutmaßliche Mörder zweier Mädchen aus dem oberbayerischen Krailling vernommen worden. Dabei verstrickte er sich in Widersprüche, legte aber kein Geständnis ab. Eine DNS-Spur hatte die Ermittler auf die Spur des 50-Jährigen geführt. Es handelt sich um den Onkel der Kinder.

Birgit Kruse und Susi Wimmer

Noch ist der Tatablauf nicht gänzlich geklärt. Doch in einem Punkt sind sich Staatsanwaltschaft und Polizei in München an diesem Vormittag ziemlich sicher: Der 50 Jahre alte Mann, den Einsatzkräfte am Freitag um 17 Uhr in Peißenberg im Landkreis Weilheim-Schongau festgenommen haben, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Doppelmörder von Krailling.

Tatverdaechtiger im Kraillinger Mordfall gefasst

Krailling trauert um die beiden ermordeten Mädchen. Mehr als 100 Gäste kamen zu der Trauerfeier auf dem Münchner Westfriedhof.

(Foto: dapd)

Der Mann "ist dringend tatverdächtig", sagt Oberstaatsanwältin Andrea Titz. Nach dem Erlass eines Haftbefehls wegen zweifachen Mordes sitzt er nun im Münchner Untersuchungsgefängnis Stadelheim. Das Mordmerkmal ist laut Staatsanwaltschaft Heimtücke. Der Verdächtige habe "die Arglosigkeit und Wehrlosigkeit der Kinder ausgenutzt", so die Begründung.

Die grausame Tat ereignete sich am 24. März im beschaulichen Krailling bei München. In der Nacht wurden die achtjährige Chiara und ihre elfjährige Schwester Sharon in der eigenen Wohnung brutal ermordet. Ihre Mutter und deren Lebensgefährte fanden die Kinder blutüberströmt in den Betten, als sie gegen vier Uhr morgens aus einem benachbarten Lokal heimkehrten, das der Lebensgefährte betreibt. Seither laufen die Ermittlungen der Soko "Margarete" auf Hochtouren.

Bei seiner Verhaftung habe der Mann einen "eher desinteressierten Eindruck" gemacht, so die Polizei. Reue habe er nicht gezeigt.

Noch gilt der Mann als Tatverdächtiger. Zwei Mal ist er seit seiner Festnahme vernommen worden. Dabei habe er sich in Widersprüche verstrickt, so Kriminaloberrat Markus Kraus. Nähere Angaben zu den Aussagen des Verdächtigen wollte Kraus nicht machen. Nur so viel: Ein Geständnis habe er noch nicht abgelegt. Auch eine "konkrete Motivlage" gebe es noch nicht. Zumindest keine, über die die Beamten schon öffentlich sprechen würden.

Kraus leitet die Soko. Er war es auch, der gestern der Mutter der beiden ermordeten Mädchen mitteilen musste, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen nahen Verwandten handelt - um den Onkel, der selbst Vater von vier Kindern ist. Die Mutter habe diese Information "zur Kenntnis genommen", beschreibt Kraus die Reaktion. Mehr könne er dazu nicht sagen - dafür zu einigen anderen Erkenntnissen der Ermittler.

Die Beamten sind bislang 141 Hinweisen aus der Bevölkerung nachgegangen. Ohne Erfolg. Die Polizei hat mehr als 100 Personen vernommen. Ohne Erfolg. Auch die Spürhunde, die Ende der Woche zum Einsatz kamen, halfen den Ermittlern nicht weiter. Eine DNS-Spur brachte die Beamten schließlich auf die Spur des Onkels: In der Wohnung der ermordeten Kinder konnte eine Blutspur sichergestellt werden. Die Spur stammte weder von der Mutter der beiden Mädchen, noch von deren Lebensgefährten. Auch keinem der Ermittler oder Helfer am Tatort konnte die DNS zugeordnet werden. Die Spur gehörte folglich zum mutmaßlichen Täter.

Am Freitagmittag, so die Polizei, kam die Nachricht aus dem Labor: Die Probe vom Tatort stimmt mit der des Tatverdächtigen überein. Die Polizei hatte bereits zuvor 91 Speichelproben von Männern aus dem Umfeld der Familie gesammelt. Alle hatten diese auf freiwilliger Basis abgegeben - auch der mutmaßliche Mörder. Beim Vergleich seiner Probe mit der Blutspur stießen die Kriminaltechniker auf den DNS-Treffer. Zwar reicht eine DNS-Spur alleine nicht aus, um einen Doppelmörder zu überführen. Dazu bedarf es weiterer Beweise oder einer schlüssigen Indizienkette, die auf sorgfältiger Polizeirecherche gründet.

Doch die Polizei hat noch einen Hinweis. Da es sich um eine Blutspur handelt, gingen die Ermittler davon aus, dass sich der Täter am Tatort verletzt haben musste. Und auch der Verdächtige weise eine Verletzung auf, so die Polizei. Und was können die Beamten zur den Tatwaffen sagen? Mit einem Messer und einer Hantel sollen die Mädchen umgebracht worden sein. Es gebe "Anhaltspunkte", so die Polizei, dass es sich bei beiden Gegenständen um die Mordwaffen handelt. Mehr nicht.

Ehefrau vernommen

Es gibt noch viele Fragen, die die Soko zu klären hat. Die Arbeit der 31 Beamten geht weiter. Im Laufe des Tages soll der Verdächtige weiter vernommen werden. Auch seine Ehefrau wurde bereits gestern von den Beamten vernommen. Die Kinder des Ehepaares befinden sich nach Angaben der Polizei derzeit in der Obhut des Jugendamtes.

Sharon und Chiara wurden am Freitagnachmittag in bunt bemalten Särgen auf dem Gräfelfinger Friedhof beigesetzt - im engsten Familien- und Freundeskreis. Zuvor fand auf dem Münchner Westfriedhof eine ergreifende Trauerfeier statt, zu der mehr als hundert Gäste kamen. Der Onkel nahm daran offenbar nicht teil.

Als sich die Nachricht von der Festnahme des 50-Jährigen im Lauf des Abends herumsprach, gab es erleichterte Reaktionen in Krailling. "Gott sei Dank haben sie ihn", sagten Menschen, die sich vor dem Haus der ermorderten Kinder zum Trauern getroffen hatten. "Und Gott sei Dank ist er nicht aus Krailling."

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