DJ-Duo aus München: Milk & Sugar:Musik mit Milch und Zucker

Moskau, Tokio, Dubai: Die beiden Münchner Michael Kronenberger und Steffen Harning sind in der Dance-Szene weltweit bekannt. Jetzt hat das DJ-Duo "Milk & Sugar" einen Top-Ten-Hit gelandet.

Michael Bremmer

Wie immer kommt es auf die Geschwindigkeit an. Auf den Rhythmus der Nacht. Oder, um es in Zahlen auszudrücken: auf 128. Das sind Beats per minute, und die lassen das Herz eines jeden Clubs höher schlagen. Zwischen 125 und 130 Beats müssen es sein, "dann ist es für uns spielbar", sagen die Münchner Michael Kronenberger und Steffen Harning - die weltweit in der Dance-Szene als DJ- und Produzenten-Duo "Milk & Sugar" bekannt sind.

DJ-Duo aus München: Milk & Sugar: Von München in die Welt: Michael Kronenberger und Stefan Harding (rechts) treten weltweit in Clubs auf. Vier ihrer Singles landeten in Serie auf Platz eins der englischen Club-Chart.

Von München in die Welt: Michael Kronenberger und Stefan Harding (rechts) treten weltweit in Clubs auf. Vier ihrer Singles landeten in Serie auf Platz eins der englischen Club-Chart.

Vergangene Woche sind sie mit ihrer aktuellen Single in die deutschen Top-Ten eingestiegen. Auf Rang neun, mit einer Coverversion des Songs "Hey (Nah Neh Nah)", mit dem die belgische Band Vaya Con Dios 1990 einen kleinen Achtungserfolg hatte - Foxtrott in der Disko, damals bei 104 Beats die Minute.

Das Leben ist schneller geworden. Das Musikgeschäft auch. Tückischer. Umkämpfter. Und glaubt man der Jammerei dieser Branche, ist eh kein Geschäft mehr zu machen alleine mit Songs. Oder nur dann, wenn man schnell ist und gut. Michael Kronenberger und Steffen Harning sind schnell und gut - zumindest sagen sie dies über sich selbst. Und dementsprechend war auch die Umsetzung von "Hey (Nah Neh Nah)" eine Frage der Geschwindigkeit. Den Anfang nahm alles im März 2010, bei der Musikmesse in Miami.

Dort wird nicht gearbeitet, dort geht es nur ums "Socialising", wie es die beiden DJs selbst ausdrücken. Dort geht es nicht um Verträge, sondern darum, die richtigen, die wichtigen Menschen zu treffen - und darum, den nächsten Sommerhit zu entdecken. "Das ist wie Ibiza", sagt Kronenberger - und das bedeutet: überall Partys, in den Clubs, in den Hotels, an den Pools. Und auf einer dieser Springbreak-Partys hört er diesen Song. Die Originalversion von 1990, langsamer als die anderen Midtempo-Nummern des Abends, und doch so einprägsam wegen der Stimme von Dani Klein. "Das auf moderne Geschwindigkeit bringen", dachte sich Kronenberger in dieser Nacht in Miami, "und das Stück könnte auch heute funktionieren."

Die moderne Geschwindigkeit - bei "Milk & Sugar" ist das der Rhythmus von Disco House. "Unsere Platten werden im Club gespielt", sagt Harning, "da muss das Tempo stimmen." Oder, wie es sein Partner Kronenberger ausdrückt: "Wir müssen an die DJs denken." Denn an den Reglern wird über Erfolg und Misserfolg entschieden.

Milk & Sugar sind bekannt für ihr Hit-Gespür - in Club-Kreisen, der durchschnittliche Radiohörer muss die beiden Münchner nicht unbedingt kennen. Sie werden weltweit gebucht: Moskau, Singapur, Tokio, Dubai, Rio de Janeiro... Vier ihrer Singles landeten in Serie auf Platz eins der englischen Club-Charts, die fünfte auf Rang zwei - alles Eigenproduktionen, wie sie betonen. Der Erfolg sei berechtigt, sagen sie. Und das Ergebnis jahrelanger harter und disziplinierter Arbeit - auch das ist den beiden DJs wichtig.

In Essig süß-sauer

Was ihre Hits - oder besser: ihre Außenwirkung betrifft, sind die beiden misstrauisch. 1996 gründeten sie ihre Plattenfirma "Future Music" und bekamen schnell Anerkennung für ihre Produktionen. 2000 gelang ihnen mit "Higher & Higher" der internationale Durchbruch - aber: Auf guten Platzierungen in den offiziellen Verkaufscharts landeten sie nur mit Coverversionen. 2001 etwa mit "Love is in the air". Oder jetzt gerade mit dem Vaya-Con-Dios-Klassiker.

Ob der Erfolg demnach mehr mit diesen Songs, nicht mit ihnen zu tun habe? "Ne", sagt Michael Kronenberger schnell. Er sagt das ganz kurz, ganz bestimmt, und in diesem Moment spannt sich auch sein Körper an, als wäre diese Frage ein Vorwurf. Bis zu diesem Moment hat er sich locker in seinen Bürostuhl gefläzt, die Beine übereinander geschlagen, den rechten Arm hinter dem Kopf angelegt. Überhaupt die Körperhaltung: Michael Kronenberg ist der ruhige, der gemütliche. Steffen Harning wiederum wirkt etwas ruhelos, rutscht mit seinem Stuhl umher, gestikuliert häufig beim Sprechen.

Harning hat in Kassel Musik-Abitur gemacht, später BWL studiert. Nach dem Grundstudium zog es ihn nach München - die beiden Wartesemester kamen ihm gerade recht, er nutzte die Zeit für Praktika in Produktionsstudios. Kronenberg hat von Jugend an Veranstaltungen organisiert. Er absolvierte eine Lehre zum Bankkaufmann und studierte im Anschluss BWL - sein Leben finanzierte er sich als DJ, sieben Tage die Woche, "da habe ich kein Tageslicht gesehen". Es waren die späten achtziger Jahre, die wilden Neunziger - Techno elektrisierte die Jugend, auch in München. Anfang 20 waren die beiden damals. Da feiere man gerne das ganze Wochenende durch - und es mache einem nichts aus, "dass man am Montag noch in Essig süß-sauer liegt", wie es Kronenberg ausdrückt.

Er war "viel unterwegs" als Techno-DJ, erzählt er. Aber dann kam der Moment, an dem er sich mit dieser Musik nicht mehr wohl fühlte, an dem er "den Cut machen" musste, wie er heute sagt. In England hörte er zum ersten Mal House - "das hat sich besser angefühlt für mich". Er war besessen von diesem neuen Stil, brachte ihn nach Deutschland, produzierte eigene Stücke, doch hier wollte keine Plattenfirma diese Tracks haben. Das war Ende 1996 - Michael Kronenberger und Steffen Harning gründeten ihre eigene Plattenfirma. Und hatten Erfolg. Immer wieder. Mit von ihnen entdeckten Künstlern. Mit ihren eigenen Produktionen. Als DJs. Und jetzt gerade wieder. Platz neun vergangene Woche, diesen Freitag werden sie in der Top-Ten auf die acht klettern.

Und für diesen Erfolg hat es schnell gehen müssen. Zurück aus Miami bastelten die beiden an den Beats. "Wir haben den Klassiker ganz schön durch den Fleischwolf gedreht", gibt Kronenberg zu. Das Problem: Um die Nummer zu veröffentlichen, braucht man die Zustimmung der Rechteinhaber. Zudem darf nichts von den Plänen bekannt werden - wie gesagt: Das Musikgeschäft ist tückisch.

Im November geben Vaya Con Dios die Erlaubnis, dass "Milk & Sugar" ihren Song covern dürfen, sogar dafür, auch aus dem Original-Video einen Remix zu machen. Die beiden DJs touren zu dieser Zeit durch Brasilien - doch jetzt ist Eile angesagt. Die beiden stellen noch in Südamerika den Song auf einen internationalen Download-Server für DJs: Innerhalb von zwei Wochen war er ein Club-Hit.

Dann melden sich die Musik-Manager. Weltweit - bis auf Japan und Bulgarien ist der Song laut "Milk & Sugar" in alle Länder verkauft. In Deutschland ist Universal, eine der großen Plattenfirmen, eingestiegen. Der Song landet in den Charts - und was machen die beiden Künstler an diesem Tag? Sie sperren ihr Büro zu und gehen mit ihren Freunden in aller Ruhe essen.

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