Diskussion um Mindestlohn:Taxifahren könnte zwölf Prozent teurer werden

Münchens Taxiverbände wollen die neuen Mindestlöhne nutzen, um die Tarife kräftig anzuheben. Allerdings wird die Hälfte der Autos von Selbständigen gefahren. Die wären von der Gesetzesänderung gar nicht betroffen - wohl aber von einem Rückgang der Kundenzahlen.

Von Marco Völklein

Eine Taxifahrt in München könnte in naher Zukunft erheblich teurer werden. Der Taxiverband München (TVM) wird Anfang kommender Woche einen Antrag auf Tariferhöhung beim Kreisverwaltungsreferat einreichen. Die Forderung werde bei einem "niedrigen zweistelligen Prozentsatz" liegen, sagte Verbandschef Florian Bachmann auf Anfrage, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Nach SZ-Informationen will der Verband eine Erhöhung um durchschnittlich zwölf Prozent beantragen. Bachmann rechnet allerdings damit, dass aus Sicht der Stadt am Ende eine Anhebung "allenfalls im einstelligen Prozentbereich drin sein wird".

Als Begründung für den Antrag nennt Bachmann "ausschließlich den Mindestlohn". Die gesetzliche Regelung zwingt die Taxi-Unternehmer vom kommenden Jahr an, ihren Fahrern einen Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro zu zahlen. Um diesen erwirtschaften zu können, benötigten die Unternehmer höhere Einnahmen, sagt Bachmann.

Eine Umfrage des Verbands bei etwa zwei Dutzend Taxi-Unternehmen in München habe gezeigt, "dass die Firmen händeringend nach Lösungen suchen", um die zusätzliche Belastung abzufedern. Zuletzt waren Verhandlungen auf Bundesebene mit Verdi gescheitert, die Einführung des Mindestlohns durch tarifvertragliche Lösungen für die Branche hinauszuschieben. Nun dürfte der Mindestlohnregelung "gravierende Auswirkungen haben", erwartet auch Frank Kuhle vom Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen. Sein Verband konkurriert mit dem TVM.

Vor einem Jahr stiegen die Preise um etwa sechs Prozent

Im Gegensatz zu dessen Chef Bachmann hat sich Kuhle bislang aber noch nicht dazu durchringen können, einen entsprechenden Antrag beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) einzureichen. Er sehe in zahlreichen Details des Mindestlohngesetzes "noch Klärungsbedarf", sagt Kuhle, und wolle daher "nicht vorschnell handeln". Zumal es schwierig sei, eine angemessene Größenordnung für die neuerliche Tarifanpassung zu finden. Denn die letzte Preiserhöhung liegt noch gar nicht lange zurück: So wurden die Tarife erst im Dezember 2013 um durchschnittlich sechs Prozent hinaufgeschraubt.

Beleuchtete Taxischilder am Maximiliansplatz in München, 2013

Stehen und warten, warten und stehen: In München gibt es etwa 3400 Taxis. Mit dem Mindestlohn gerät das Gewerbe ab 2015 zusätzlich unter Druck.

(Foto: Florian Peljak)

Ziehe man nun erneut mit einer happigen Erhöhung nach, könnten viele Fahrgäste abgeschreckt werden, warnt Kuhle. "Dann haben wir am Ende Minder- statt Mehreinnahmen." Außerdem werde etwa jedes zweite der 3400 Münchner Taxis von einem Einzelunternehmer betrieben, mit eigenem Auto, selbstbestimmter Zeiteinteilung und auf eigene Rechnung. Diese Gruppe sei vom Mindestlohn nicht betroffen, sagt Kuhle - sehr wohl aber von möglichen Fahrgastrückgängen, sollten die Preise zu stark angehoben werden.

Alternative Anbieter setzen Branche unter Druck

Der Mindestlohn ist indes aus Sicht des Gewerbes nur ein weiterer Baustein, der die Branche unter Druck setzt. Immer mehr drängen alternative Anbieter wie der US-Fahrdienstvermittler Uber, Limousinenunternehmen wie MyDriver von Sixt sowie die Carsharing-Töchter großer Autokonzerne in das klassische Geschäft der Taxi-Unternehmer ein. Zudem werden die Firmen ihre Fahrer künftig genauer kontrollieren, wenn sie ihnen 8,50 Euro pro Stunde zahlen - dazu aber müssen die Firmen investieren, beispielsweise in neue Taxameter. Auch das koste Geld, sagt TVM-Chef Bachmann. In anderen Städten konnte die Branche schon Erhöhungen durchsetzen: In Hamburg stiegen die Preise zuletzt um durchschnittlich 7,8 Prozent, in Schwäbisch Hall um elf Prozent. In Hannover, Duisburg, Stuttgart oder Bremen fordern die Verbände Erhöhungen um teils 15 oder gar 20 Prozent.

Bachmann hofft, die Preiserhöhung möglichst rasch durchzusetzen, um die Belastungen abfedern zu können. Doch wirklich schnell dürfte das kaum gehen. Weil Taxiverkehr dem Gesetz nach als öffentlicher Verkehr gilt, hat die städtische Taxikommission bei den Preisen mitzureden. Und die lässt sich erfahrungsgemäß Zeit, bis ein Antrag bearbeitet wird - zumal zuvor das KVR Stellungnahmen von allen möglichen Stellen und Verbänden einholen und das Ganze auch noch mit den Behörden in Erding, Freising und im Landkreis München abgleichen muss. Wegen des Flughafens, der Taxi-technisch zur Landeshauptstadt zählt, gilt eine abgestimmte Tarifordnung für die Stadt und die Landkreise. Das Prozedere dürfte also locker sieben bis neun Monate in Anspruch nehmen, schätzt Kuhle. Eine Preiserhöhung - in welcher Höhe auch immer - könnte "frühestens Mitte 2015" greifen.

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