Digitalisierung:Nie wieder E-Mails ausdrucken

Schule und Verwaltung Stundenplan einer Grundschule im Lehrerzimmer Elmendorf 04 11 2003 Elme

Auch im Jahr 2018 werden die Stundenpläne noch analog erstellt.

(Foto: Imago)

Von Raumplänen über Termine bis zu Notenlisten wird in den städtischen Gymnasien bis heute fast alles handschriftlich verwaltet. Nun sollen endlich Online-Portale eingeführt werden. Doch eine Gruppe profitiert nicht von den Plänen: die Schüler

Von Melanie Staudinger

Der Schulaufgabenplan steht im Lehrerzimmer, für jede Klasse in einem eigenen Ordner. Lehrer müssen Termine handschriftlich notieren. Die Zensuren werden ebenfalls nach Klassen geordnet in Ordnern aufbewahrt. Die Lehrer tragen die Noten dort per Hand ein. Und der Raumplan wird - handschriftlich - in einer Liste verwaltet. Viel ist die Rede zurzeit von der Digitalisierung der Schulen, davon, dass Lehrer digitale Inhalte vermitteln sollen, dass Schüler digitale Kompetenzen brauchen. Der Alltag der Pädagogen an den städtischen Gymnasien aber sieht oft analog aus.

Fehlt ein Schüler, vermerkt sein Lehrer das in einer Liste, mit der Hand versteht sich. Die Abwesenheitstage müssen für jeden Monat einzeln ausgezählt werden. Schulleitungen erhalten Informationen und Schreiben meist in elektronischer Form, drucken diese auf Papier aus und verteilen sie in die Postfächer der Lehrer oder hängen sie am Schwarzen Brett auf. Die Lehrer wiederum müssen dann zeitaufwendig sortieren: Werbung, Info-Schreiben, Rückruf-Bitte. Und wer den Eltern etwas zukommen lassen will, muss mühsam die Adresse aus dem Notenbogen des Schülers fischen und zum Beispiel einen Verweis mit der Hand ausfüllen.

Softwarelösungen für all diese Aufgaben fehlen, Privatrechner dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht verwendet werden. Das will Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) nun ändern. Stimmt der Bildungsausschuss des Stadtrats am Mittwoch zu, sollen alle 14 städtischen Gymnasien bis Ende September digital kommunizieren - intern und nach außen mit den Eltern. Die Schüler allerdings bleiben außen vor. Info-Portal und Eltern-Portal heißen die Programme, die das Luisengymnasium nahe des Hauptbahnhofs seit fast zwölf Jahren als Pilotschule testet. Viele staatliche Gymnasien setzen ebenfalls auf computerbasierte Lösungen.

"Wir wollen unseren Service und den Dialog mit den Eltern stärken", kündigte Zurek Anfang des Jahres an. Das Eltern-Portal soll nicht nur Elternbriefe anzeigen, sondern auch Stunden- und Terminpläne. Eltern können Anträge auf Unterrichtsbefreiung stellen, ihre Kinder krankmelden oder nachschauen, ob die verschwundenen Turnschuhe in der Schule aufgetaucht sind. Neuigkeiten stehen auf einem Schwarzen Brett. "Eltern erfahren wichtige Dinge sofort und nicht erst Wochen später, wenn sie einen zerknüllten Zettel im Schulranzen sehen", erklärte Zurek.

Auch für die Lehrer werde vieles einfacher. Vorbei sein sollen die Zeiten, in denen sich die Pädagogen vor Zeugnisterminen um die Notenlisten drängeln und Schulleitungen anschließend bei Hunderten Zensuren unterschiedliche Handschriften entziffern und nachrechnen müssen, ob diese auch plausibel sind. Künftig sollen keine Listen mehr verschwinden, die dann aufwendig rekonstruiert werden müssen. Bald müssen Lehrer die Post in ihrem analogen Fach nicht mehr mühsam sortieren. Unterrichtszeit soll nicht mehr damit verschwendet werden, die Ruckläufe von Elternbriefen einzusammeln.

Das alles spare Papier und Zeit, erklärt das Bildungsreferat. Die Umstellung vereinfache die Arbeit der Lehrer und den Informationsfluss für die Eltern. Die werden nicht mehr im Zwischenzeugnis von Noten überrascht, weil sie jederzeit Zwischenberichte anschauen können, ebenso wie die Stunden- und Vertretungspläne für ihr Kind.

Die Schüler aber profitieren von der digitalen Revolution vorerst nicht, kritisiert die Münchner Initiative "Hack your School", ein Zusammenschluss von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. "Ich verstehe nicht, warum jetzt Lehrer und Eltern, nicht aber Schüler Zugang zum Portal erhalten sollen", sagt Benedikt Lang stellvertretend für die Initiative. Die digitale Lebenswelt der Jugendlichen spiele im Schulalltag kaum eine Rolle, sagt Lang.

Ihm geht es bei seiner Kritik auch darum, dass Schüler an der Kommunikation zwischen Schule und Eltern selbst nicht teilnehmen. "Man müsste sich bei seinen Eltern ein Passwort besorgen, um seine eigenen Noten einzusehen", sagt Lang. Das sei absurd und unterstelle den Schülern, dass sie nicht verantwortungsbewusst genug für einen eigenen Account seien. Dabei könnte ein onlinebasiertes Programm nicht nur für die Schulverwaltung, sondern auch für die Unterrichtsorganisation genutzt werden. Wie das aussehen könnte, haben Schüler bei einem Kongress vor ziemlich genau einem Jahr erarbeitet. Sie entwickelten eine App, die verschiedene nützliche Funktionen für den Schulalltag bündeln soll, mit der Schüler sich beispielsweise krank melden können und die auch als digitales Hausaufgabenheft fungieren soll. "Warum sollte denn jeder ein eigenes Hausaufgabenheft führen, wenn es auch ein zentrales geben kann?", sagt Lang. Und warum sollten Lehrer und Eltern ohne die Schüler miteinander kommunizieren über Dinge, die vorrangig die Jugendlichen beträfen? "Wir wollen auch einbezogen werden", fordert Lang.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: