Digital Life Design:Pionierin in Neuland

DLD Konferenz München

Bei den DLD-Konferenzen bringt Steffi Czerny Vordenker zusammen.

(Foto: S. Hoppe/dpa)

Neugierig sein, Gegensätzliches zusammenbringen - das hat die DLD-Gründerin Steffi Czerny zu ihrem Beruf gemacht

Von Kathrin Steinbichler

Die Zukunft hat die Menschen schon immer interessiert, gerade in Zeiten technischen Wandels und politischer Unruhe. Doch wenn es nach Stephanie, genannt Steffi Czerny geht, sind Veränderungen nichts, was erst aus der Notwendigkeit heraus geschehen sollte. Sondern aus der Lust am Leben und seinen Facetten. "Ich mag es, neugierig zu sein", sagt die Mitbegründerin der Digital Life Design (DLD), einer der größten internationalen Innovations- und Digitalkonferenzen; der Verleger Hubert Burda hat sie 2005 in München ins Leben gerufen. Seit zehn Jahren versammelt Czerny nun regelmäßig Vordenker und Antreiber aus der Welt der Wirtschaft, Kunst, Medien und Politik, um über die Möglichkeiten und Auswirkungen der Digitalisierung zu diskutieren.

Ob also in München oder Palo Alto, in London oder Barcelona, in New York oder bald auch Moskau - wenn Steffi Czerny per großem Kongress oder inzwischen auch per kleinerem Salon zum nächsten DLD-Treffen aufruft, kommt die digitale Elite. Aus Neugier und weil sich herumgesprochen hat, dass Czerny sich nicht nur auf das Organisieren von Gesprächsrunden versteht, sondern auch auf die Kunst der unvoreingenommenen Begegnung. Mit anderen Worten: Es ist für Steffi Czerny nicht wichtig, ob jemand berühmt ist oder nicht. Es geht ihr darum, was einer ins Gespräch einzubringen hat. Und das, sagt sie, "ist keine Frage des Alters oder des Ansehens, sondern der Ideen". Langeweile kennt die 61-Jährige also nicht, mehr noch: "Ich verstehe nicht, wie jemandem langweilig sein kann. Dazu gibt es doch viel zu viel, mit dem man sich beschäftigen und das man kennenlernen kann."

Wer Czerny zuhört, stellt schnell fest: Die Offenheit für Veränderung ist nichts, das an Äußerlichkeiten festzumachen ist. Es geht nicht um Moden oder die neueste Technik im Wohnzimmer, nicht um ausgefallene Geschmäcker oder den Willen zur Provokation, um aufzufallen. Die Bereitschaft zur Weiterentwicklung und die Lust an der Inspiration sind ein "state of mind" - eine Geistesverfasstheit also, eine grundsätzliche Bereitschaft in Kopf und Herz. Und die lebt Czerny, seit sie denken kann.

Als Frau in der Medienwelt hat Czerny früh gelernt, nicht darauf zu warten, was sich für Möglichkeiten bieten. Sondern sich zu überlegen, was sie möchte, und es dann mit ganzer Leidenschaft zu verfolgen. Als also der Verleger Hubert Burda 1995 die Journalistin in einer Skigondel rauf auf den Wallberg fragte, ob sie sich für ihn und sein Unternehmen mit dieser neuen Technologie, diesem Internet auseinandersetzen möchte, zögerte sie nicht.

Neugierig war Czerny schon immer, Lust an der Herausforderung hatte sie auch. Verbiegen aber wollte sie sich nie. Also sagte Czerny Burda zu, unter der Bedingung, dass sie den Beruf mit ihrem Familienleben vereinbaren kann. Also durfte die vierfache Mutter auch mal bei Bedarf von zu Hause aus arbeiten, als das Wort vom Home Office in deutschen Unternehmen noch Stirnrunzeln auslöste.

Schon früh besetzte Czerny damit Themen, mit denen sich die verändernde und mehr und mehr flexible Arbeitswelt auseinandersetzen muss. Als junge Politikstudentin war sie als Rucksacktouristin durch die USA gereist, von einer Kommune in die nächste, um der damaligen gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung nachzuspüren. In den späten Siebzigern ging sie an die Deutsche Journalistenschule (DJS), um dort das Handwerk der Recherche und des Geschichtenerzählens zu lernen. Das offizielle Ende der Ausbildung aber erlebte sie nicht, so erzählte Czerny es kürzlich bei einem Ehemaligentreffen der DJS. "Ich hatte ein Angebot bekommen, das viel zu spannend war, um es abzulehnen. Also bin ich zum Playboy." In der Zeit der Frauenbewegung löste auch das manches Stirnrunzeln aus, vor allem bei Geschlechtsgenossinnen. Dabei war Czerny einfach nur emanzipiert genug, das zu machen, was sie spannend fand. Unabhängig von gesellschaftspolitischen Debatten und Erwartungen.

Vermeintliche Gegensätze zu vereinen, ist ohnehin etwas, was Czerny schon immer spannend und selbstverständlich zugleich fand. Kreativität hält sie für "eine Schlüsselqualifikation der nahen Zukunft". Noch weiß schließlich niemand die Dimensionen der Digitalisierung abzuschätzen, die Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend durchdringt und verändert. Auch Steffi Czerny nicht, die sich als eine der ersten in Deutschland mit den Herausforderungen des Internets und seinen Protagonisten beschäftigt hat. Nur eines weiß sie mit Gewissheit: "Wir sollten aufhören, davor Angst zu haben, und anfangen, die Digitalisierung nicht nur zu begleiten, sondern selbst zu gestalten."

Im August erst listete die US-Ausgabe der Zeitschrift Wired sie unter die 100 einflussreichsten Europäer in der Welt der Digitalisierung. Dass sie es privat gar nicht so mit der Technik hat, ist für Steffi Czerny kein Gegensatz. Noch immer lebt sie am Ort ihrer Kindheit am Tegernsee in einem renovierten Bauernhaus, mit ihren Hunden Murrle und Froschi und Kater Carlo, die Kinder sind längst erwachsen. Und wann immer es geht, wandert sie auf einen der umliegenden Berge. Früher hat Czerny einmal den Fischerei- und Jagdschein gemacht, sie wollte sich auskennen mit dem, was sie tagtäglich umgibt. "Nur wer sich auskennt, kann sich auch auf Neues einlassen", sagt sie.

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