Diesel-Fahrverbote:Der Kampf um saubere Luft in München geht weiter

Messstation Abgase Landshuter Allee, Bayerisches Landesamt für Umwelt

An Messstationen wie dieser an der Landshuter Allee werden Abgas-Werte ermittelt. Die Schadstoffe in weiten Teilen Münchens sind seit langem zu hoch.

(Foto: Florian Peljak)
  • Der Freistaat Bayern und die Deutsche Umwelthilfe haben Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegt, der die Ausarbeitung eines Konzepts für Dieselfahrverbote vorsieht.
  • Bayern lehnt Fahrverbote für Diesel ab, der Umwelthilfe ist die Androhung von 4000 Euro Zwangsgeld zu milde.
  • Die Umwelthilfe will Ministerpräsident Markus Söder notfalls vereidigen lassen, um konkrete Aussagen zu erhalten.

Von Dominik Hutter

Während Hamburg erstmals Straßen für Dieselautos sperrt, dreht die Münchner Debatte um Fahrverbote eine neue Runde vor Gericht. Sowohl der Freistaat als auch die Deutsche Umwelthilfe haben Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegt, der die Ausarbeitung eines Konzepts für Dieselfahrverbote vorsieht - der Freistaat, weil er weiterhin keine Autos aussperren will, und die Umwelthilfe, weil ihr die Androhung von 4000 Euro Zwangsgeld zu milde erscheint.

Für die nächste Verhandlung, so teilte Umwelthilfe-Anwalt Remo Klinger am Mittwoch mit, habe man die Vorladung von Ministerpräsident Markus Söder sowie Umweltminister Marcel Huber (beide CSU) als Zeugen beantragt. Notfalls werde man sie auch vereidigen lassen, erklärt Klinger, der verbindliche Aussagen über die künftigen Pläne des Freistaats verlangt. Statt ein Zwangsgeld verhängen zu lassen, will die Umwelthilfe bei einer anhaltenden Verweigerung den zuständigen Minister in Zwangshaft nehmen oder aber ein Zwangsgeld von 25 000 Euro aus seinem Privatvermögen eintreiben lassen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, so Klinger, gebe es keine Ausrede mehr, Fahrverbote weiter zu verzögern.

Das allerdings sieht das Umweltministerium anders. "Das juristische Verfahren läuft", erklärte ein Sprecher. Man werde nach intensiver Prüfung der Urteilsgründe des Bundesverwaltungsgerichts eine Beschwerdebegründung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erstellen. Was im Klartext heißt: Die Staatsregierung ist auch weiterhin nicht gewillt, Diesel-Fahrverbote in München zu erlassen. Der Kampf zwischen Politik und Justiz geht weiter. Man setze auf Anreize, nicht auf Verbote, betont das Ministerium schon seit Monaten. Die Ächtung von Dieselfahrzeugen sei unverhältnismäßig - stattdessen fördere der Freistaat emissionsarme Antriebe und den öffentlichen Nahverkehr.

Der Druck, etwas gegen die hohen Stickstoffdioxid-Werte zu unternehmen, ist allerdings erneut gestiegen. Nach mehreren Gerichtsurteilen, eines davon sogar höchstrichterlich, die einschneidende Maßnahmen gegen die hohe Luftverschmutzung vorschreiben, hat nun auch die Europäische Union ein Verfahren wegen des fortwährenden Reißens der NO₂-Limits eingeleitet.

Auch die Stadt München ist längst überzeugt, dass es ohne eine Zufahrtsregulierung für Diesel-Fahrzeuge nicht gehen wird. Eine Verschärfung der Umweltzone innerhalb des Mittleren Rings ist bereits beschlossen - zunächst auf Vorrat, da der Luftreinhalteplan in die Kompetenz des Freistaats fällt. Einen Alleingang will die Stadt nicht wagen. Nach Einschätzung des Umweltreferats hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts keine direkten Auswirkungen auf München, das Rathaus sei nicht zum Handeln aufgefordert worden. Die Kommune könne ohnehin nicht allein über die nächsten Schritte entscheiden.

Die Hamburger Lösung, die eine Sperrung zweier einzelner Straßenabschnitte in unmittelbarer Nähe von Messstationen vorsieht, wird in München kritisch beurteilt. Umweltreferat und Stadtspitze bevorzugen differenzierte Zufahrtsverbote in die Umweltzone, die einst wegen der Feinstaubbelastung eingeführt wurde und für Stickoxide erst noch "scharfgeschaltet" werden muss. In der Folge könnten nach und nach Autos bestimmter Schadstoffklassen ausgesperrt werden, Ausnahmen und Übergangsregelungen wären möglich.

Letztlich würde alles nicht viel anders ablaufen als bei der Einführung der Umweltzone vor einigen Jahren. Diesmal allerdings sperrt sich der Freistaat. Und auch der Bund steht auf der Bremse. Die auch von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) immer wieder angemahnte Blaue Plakette liegt weiterhin auf Eis. Die Stadtspitze hält sie bei einer Verschärfung der Umweltzone aber für unentbehrlich, da sonst die Kontrollen sehr kompliziert wären.

Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings auch lokale Plakettenlösungen ohne Änderung der Straßenverkehrsordnung erlaubt. Die Stadtrats-Grünen haben bereits angeregt, ein spezielles München-Wapperl zu kreieren.

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