Die schönsten Osterverstecke Münchens:Danke, Hase!

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Wenn uns der Osterbrauch irgendwas lehrt, dann die Freude am Zweimalhinschauen. Über die Stadt als Eierversteck

Von Jan Stremmel

"Kein Problem", sagt der Herr von der Allianz-Arena, "wann kann der Fotograf kommen? Morgen wäre ideal!" Es ist dies nun doch eine unerwartete Reaktion auf die Frage, ob man wohl hinter der Eckfahne des zweitgrößten Stadions Deutschlands, Heimat des Rekordmeisters, ein Osternest verstecken dürfe. Aber dann: die gleiche Reaktion im Deutschen Museum und auch im Rathaus. Obwohl das Glockenspiel mit den Ritterfiguren (zu Ehren der Vermählung Herzog Wilhelms V. im Jahr 1568) natürlich längst unter Denkmalschutz steht.

Man muss daraus den Schluss ziehen: Die Hüter von Münchens größten Wahrzeichen sind Osterfreunde.

Und wenn man ehrlich ist: Wer wäre das nicht? Ostern ist vielleicht das einzige religiös motivierte Fest, das niemandem auf die Nerven geht. Es ist, wie Weihnachten, zwar auch von allerlei Kitsch überlagert, aber hier besteht er halt vornehmlich aus Dingen wie Narzissen, Eichkätzchen oder ausgeblasenen Eiern. Ostern bedeutet Frühling. Und wer den Frühling hasst, legt auch vergiftete Hundeköder in den Park.

Warum suchen wir überhaupt Eier? Klar, das Ei an Ostern ist das klassische Symbol für die Auferstehung, der Rest ist wie so oft: irgendwie mal entstanden. Dabei ist das Verstecken und Suchen gar nicht der einzige rätselhafte Brauch - je nach Region werden Eier getitscht, gepeckt, geschleudert, es gibt Ostereierweitwurf oder den hübschen Brauch, ein Ei über das eigene Haus zu werfen und dann einzugraben.

Dass es sich beim Verstecker um einen Hasen handelt, dokumentierte angeblich 1682 zum ersten Mal der Medizinprofessor Georg Franck von Franckenau in seiner Abhandlung "De ovis paschalibus". Er nennt den Mythos vom Hasen eine "Fabel, die man Simpeln und Kindern aufbindet".

Die Fabel lässt man sich freilich auch später gern noch aufbinden. Das Suchen von Eiern hat ja eine ganz spezielle Faszination, die man als Kind lernt und später im besten Fall wiederentdeckt: Auf der Suche nach versteckten bunten Eiern blickt man anders in die Welt als sonst. Man guckt intensiv dorthin, wo man hundertmal entlang ging. Hinter der Bank im Garten der Eltern oder auf dem Atlas oben im Bücherregal. Eine geheimnisvolle neue Schicht legt sich über die Umgebung, wenn man weiß: Überall hier könnte ein Ei sein! Dass sich dieser Zauber, den wir hier durchaus bewusst so nennen, auch als Erwachsener reproduzieren lässt, beweisen diese Bilder. Wer guckt schon bei grau-nasser Witterung unter den Fuß des trockengelegten Neptunbrunnens im Alten Botanischen Garten? Wer hat in der klinisch symmetrischen Welt des U-Bahnhofs Marienplatz den Gedanken, da könnte was versteckt sein? Und wer würde je ein verstecktes Nest im überquellenden Blumenbeet auf dem Gärtnerplatz vermuten? Wenn uns der Osterbrauch irgendwas lehren kann, dann die Freude am Zweimalhingucken.

Die Stadt hält naturgemäß unendlich viele solcher Alltagsverstecke bereit - weil wir sie nicht alle verraten wollen, haben wir uns hier auf die besten beschränkt. Gern geschehen! Und frohe Ostern.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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