Die zehn schrägsten Kneipen:Kult, kultiger, München

Die älteste Lederkneipe der Nation, die Plüschecke der Stars, die herrlichste Spelunke der Stadt: Wer denkt, in München gäbe es nur schicken Glockenbach-Einerlei, der irrt. Die zehn schrägsten Kultkneipen der Stadt.

Von Anna Fischhaber

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Die Fraunhofer Schoppenstube hat eine Verlängerung bekommen. Spätestens Ende Juni 2013 ist dann endgültig Schluss für die legendäre Boazn. pen

Quelle: Florian Peljak

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Die zehn schrägsten Kneipen:Die Fraunhofer Schoppenstube hat eine Verlängerung bekommen. Spätestens Ende Juni 2013 ist dann endg

Die älteste Lederkneipe der Nation, die Plüschecke der Stars, die herrlichste Spelunke der Stadt: Wer denkt in München gebe es nur schicken Glockenbach-Einerlei, der irrt. Die zehn kultigsten Kneipen der Stadt.

Seit die New York Times eine Lobeshymne auf die Frauenhofer Schoppenstube anstimmte, ist das Lokal auch in den USA eine Legende. Schunkeln, singen, selig sein - all das gehört zum Programm der von außen eher unscheinbaren Bar an der Reichenbachbrücke. Jede Nacht stürzt Wirtin Gerti, inzwischen über 60, mit ihren Gästen hier gemeinsam ab. Wenn andere Kneipen schon geschlossen haben, geht es im schummrigen Schoppenstüberl erst richtig los. Dann serviert Gerti Liedtexte, Schnaps und Fleischpflanzerl. Und erteilt Redeverbot. Alle sollen jetzt mitsingen - "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" zum Beispiel. Nun könnte nach fast 40 Jahren Schluss sein. Der Vermieter will Gerti kündigen. In München gingen die Fans auf die Barrikaden, sogar OB Christian Ude kam vorbei. Die Wirtin sucht nun eine neue Behausung im Glockenbach. Innen soll alles bleiben, wie es war. Noch allerdings kann in der Original-Schoppenstube geschunkelt werden.

Bars, München, Kneipen, Geyerwally

Quelle: Stephan Rumpf

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Die Romanfigur Geierwally ist ein widerspenstiges Weib. Genau wie die Münchner Geyerwally in der Geyerstraße, die seit mehr als 50 Jahren erfolgreich allen Trends trotzt. Bis heute kommen nachmittags Arbeiter auf ein Feierabendbier vorbei - und natürlich wegen der Speckplatte. Aber auch spät nachts ist hier etwas los. Anders als in vielen anderen Kneipen im Glockenbach gibt es hier nämlich keine Nachbarn, die sich beschweren könnten. In Nummer 17 lebt seit 30 Jahren niemand mehr. Auch die Geyerwally stand, nachdem der langjährige Wirt verstarb, ein Dreivierteljahr leer. Nun erstrahlt die Kneipe in altem Glanz. Stammgast Rainer Strixner hat sie übernommen und renoviert, sogar den schwarz-gelb gestreiften Tresen restaurierte er. Innen sieht die Geyerwally mit ihren alten Postern und Werbeplakaten deshalb immer noch aus wie vor 50 Jahren - nur dass sie inzwischen nicht mehr ganz so schmuddelig wie früher ist.

Chris de Burgh in München, Roy, Bars, München, Kneipen

Quelle: Robert Haas

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Willkommen im Roy, dem letzten echten Plüsch-Lokal Münchens. Und ja, Chris de Burgh war auch schon hier. Er kennt Roy Dubowy, den ehemaligen Betreiber der Bar am Sendlinger Tor. Zahlreiche weitere Stars sieht man in der goldgerahmten Ahnengalerie an der Wand: Udo Jürgens, Peter Ustinov, Siegfried & Roy. Sie alle scheinen sich in der Kuschelbar wohlgefühlt zu haben. Über dem Roy hatte einst die Plattenfirma Ariola ihren Sitz. Inzwischen allerdings ist die große Zeit der Starbesuche hier vorbei. Kultig ist es aber immer noch. Der neue Chef Günther Grauer, einst Faschingsprinz, singt gerne für seine Gäste. Außerdem gibt es: Münchens wohl einzige Mahagoni-Bar, angeblich die größte Champagnerauswahl der Stadt, viel Gold und noch mehr Udo Jürgens- und Abba-Hits.

Gruam, Bars, München, Kneipen

Quelle: Robert Haas

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Die Gruam ist eine Art Turbo-Boazn. In der kleinen Eckkneipe, wo die Thalkirchnerstraße unter einer Eisenbahnbrücke auf die Lagerhausstraße trifft, trafen sich früher Zuhälter und Prostituierte vom Straßenstrich und die Fernfahrer vom Großmarkt nach getaner Arbeit. Ein Baseballschläger, so erzählt man sich, war damals das wichtigste Inventar der Kneipe. Nach mehr als 30 Jahren musste der Wirt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben, vor gut einem Jahr hat der Inhaber des Josef und des Maria im Glockenbach die Kneipe wieder eröffnet. Verändert hat sich wenig. Noch immer wirkt die Gruam düster. An der Wand hängen seltsame Bilder - eine nackte Frau, ein Hirsch, eine Marienstatue. Auch eine Jukebox gibt es. Freitags legt ein DJ Elektro auf, die Gäste sind jünger und hipper geworden. Schick ist die Kneipe dennoch nicht, dafür ist sie zu authentisch.

Ochsengarten, Schwul, Leder, Bars, München, Kneipen

Quelle: Stephan Rumpf

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Der Ochsengarten ist ziemlich düster. Es gibt kein Tageslicht und nicht einmal der Wirt Fridolin Steinhauser kann sagen, wie alt die Einrichtung ist. Die Holzverschalung an den Wänden, wie man sie aus Partykellern kennt, und die inzwischen fast historischen Plakate mit den mit Leder, aber nicht allzu viel davon, bekleideten, muskulösen Männern an den Wänden. Der Klub für Kerle in der Müllerstraße hat seit Jahrzehnten einen bundesweiten Ruf in der Schwulenszene. Er war das erste Fetischlokal Deutschlands und ist mit knapp 45 Jahren heute die älteste Lederkneipe der Nation. Freddie Mercury soll früher Stammgast gewesen sein, die Lederkappe tief ins Gesicht gezogen. Und Rainer Werner Fassbinder.

Zum Wolf, Bars, München, Kneipen

Quelle: Catherina Hess

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Wer denkt, eine kultige Kneipe müsste Jahrzehnte alt sein, wird im Zum Wolf eines Besseren belehrt. Die Bar in der Pestalozzistraße ist trotz ihrer kurzen Geschichte etwas Besonderes. Das liegt zum einen an den Wirten. Einer der beiden Wolfgangs führt auch das Valentinstüberl, hat also Erfahrung mit kultigen Kneipen. Zum anderen an der Magie des Ortes. Denn dort, wo sich heute selbstverständlich zweigeschlechtliche Pärchen ab Mitte dreißig treffen, war früher die streng homosexuelle "Teddy Bar" zu Hause. Die Einrichtung trägt natürlich auch ihren Teil zur Atmosphäre bei: Lampions, unzählige Bilder von Blueslegenden vor einer Mustertapete, ein Alpenpanorama, ein Totenkopf, ein E.T.-Plüsch-Alien und ganz viel Nippes. Ruhe, dieses Sammelsurium zu beobachten, hat man allerdings selten. Es hat sich bereits rumgesprochen, dass der Wolf besonders ist - und so ist es hier jeden Abend randvoll.

Johannis-Cafe, Bars, München, Kneipen

Quelle: Robert Haas

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Seit 1925 gibt es das rustikale Johannis Café. Wobei Café ein wenig irreführend ist - denn zum Kaffeetrinken kommt hier kaum jemand her. Eher auf einen nächtlichen Schaumwein oder auf ein Weißbier und Wienerle. Schwere Gardinen halten die hektische Außenwelt draußen, die Einrichtung drinnen ist seit 50 Jahren weitgehend unverändert geblieben. Rotbezogene Holzstühle, dunkelgrüne Tischdecken, eine Fototapete mit kitschiger Gebirgslandschaft. Nur das Foto von Papst Benedikt XVI. verrät, dass man sich im 21. Jahrhundert befindet. Und das große Ölgemälde, das Olaf Schmidt zeigt. Er ist der Wirt des Johannis Cafés - und blickt, auch wenn er mal nicht da ist, in blau-weiß-rotem Gewand wie ein König auf seine Gäste hinab. Und die sind oft ebenso skurril wie die Einrichtung und der Wirt im Johannis Café.

Turmstüberl, Bars, München, Kneipen

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Hoch oben, im südlichen Flankenturm des Isartors, liegt das Turmstüberl. Um hier her zu kommen, muss man zunächst (kostenpflichtig) das Karl Valentin Musäum durchqueren. Vorbei am berühmten Wolperdinger führt eine enge Wendeltreppe hinauf. 250 Kalorien verliert man angeblich auf den 79 Stufen - genug also, um oben ein Stück schwarze Sünde (Schokoladenkuchen) oder Mutterkuchen (von einer echten Mutter gebacken) zu genießen. Doch der kreisrunde Raum lässt einem wenig Chancen, sich aufs Essen zu konzentrieren. Kaum ein Zentimeter, an dem nicht irgendetwas hängt - wie der Käfig mit dem Plastikfisch oder das alte Nudelholz. Etwa 400 Exponate beherbergt das Turmstüberl und ist damit selbst ein kleines Museum. Zehn Jahre lang führte die Sängerin und Schauspielerin Petra Perle das Cafe, nun wird die bisherige Mitarbeiterin Bernadette Obergrußberger die neue Perle des Turmstüberls.

Schwabinger 7, Bars, München, Kneipen

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Im Nachhinein werden sicher viele der Demonstranten sagen: Glück gehabt. Monatelang hatten sie gegen den Abriss einer der letzten Münchner Nachkriegsbaracken demonstriert, in dem sich auch die herrlichste Spelunke der Stadt, die Schwabinger 7 (Foto), befand. Am Ende musste der Komplex trotzdem weichen - und die Bauarbeiter entdeckten just unter der ehemaligen Kultkneipe eine gefährliche Fliegerbombe. Viele der umliegenden Häuser nahmen bei der Sprengung Schaden, die neue Schwabinger 7 blieb unversehrt. Wirt Manila hatte kurzerhand seine Zweitkneipe Gummizelle, ein paar Häuser weiter, in Schwabinger 7 umbenannt - und die alte Einrichtung umgezogen. Und man muss sagen: Die Stimmung dort ist fast so gut wie im Original. Auch hier ist es dunkel, ein wenig schmutzig, laut. Noch immer trifft man sich in der "Schwasi", wie das Lokal liebevoll genannt wird, um abzustürzen. Die Stammgäste und die Dramen, die sich hier abspielen, haben sich kaum verändert.

Jennerwein, Schwabinger 7, Bars, München, Kneipen

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Georg "Girgl" Jennerwein war ein bayerischer Wilderer, ein Rebell. Passend dazu steht in der Schwabinger Kneipe Zum Jennerwein ein Reh auf dem Regal, es gibt eine Hirschgeweih-Lampe und viel Alpenkitsch vor Retrotapete. Wirt Bernhard Steinweg taugt allerdings eher weniger als Rebell, dazu ist er zu unaufgeregt. Dabei ist sein kleines Lokal oft ziemlich voll. Und die Spezialität des Hauses - drei Jägermeister im Sonderangebot und das seit Jahrzehnten - sorgt dafür, dass hier auch die Gäste manchmal ziemlich voll sind. Zur Legendenbildung ums Jennerwein hat unter anderem Sven Väth beigetragen. Der wollte angeblich mal hier auflegen - und soll später nur noch auf allen Vieren durch die Kneipe gekrabbelt sein.

© Süddeutsche.de/sonn
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