Die schönsten Wiesn-Momente:Auffallen, anbandeln, ausheulen

Manche Redakteure von sueddeutsche.de hassen das Oktoberfest - und gehen trotzdem mal hin. Andere sind fast täglich dort gewesen. Hier haben sie ihre schönsten Erlebnisse der Wiesn 2011 aufgeschrieben.

16 Bilder

Oktoberfest

Quelle: Beate Wild

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Der Andrang in den Straßen ist groß - und die Schlangen vor den Fahrgeschäften lassen schon auf einige Wartezeit schließen. Eine Gruppe lachender Asiaten sticht sofort ins Auge. "We are from China", schreien sie alle gleichzeitig, als sie angesprochen werden. Es sei ihr erstes Mal auf dem Oktoberfest, erzählen sie. Und: "Of course, we love it". Und während sie noch erzählen, torkeln plötzlich drei stark wankende Italiener auf sie zu - und stolpern. Fast reißen sie die ganze Gruppe um, einer ruft noch "Cazo", dann liegen sie schon alle am Boden - zur großen Freude der Chinesen, die sich sofort mit den lustigen Burschen aus Italien anfreunden. So kann die Wiesn auch sein: international, völkerverbindend und sehr, sehr witzig.

Text: Beate Wild

Oktoberfest, München, Bierzelt, Reservierung

Quelle: Claus Schunk

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Etwas für die nächste Wiesn gelernt: Wenn man fünf betrunkenen Australiern in Rugby-Trikots ihres Landes gegenübersteht, die aussehen, als würden sie diesen Sport auch selbst betreiben, die Gesichter in ihren Nationalfarben bemalt,  dann ist es nicht "witzig", sie zu fragen: "Are you from New Zealand?"

Text: Jannis Brühl

Abendstimmung auf dem Oktoberfest 2011

Quelle: dapd

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Standlfrauen hängen die letzten Lebkuchenherzen an die ohnehin schon übervollen Ständer, die Dame im Zigarettenkiosk wirft einen prüfenden Blick auf ihr Ebenbild im Taschenspiegel. Jugendliche Wiesn-Besucher laufen hektisch die Bierzelte ab - es können doch nicht jetzt schon alle gesperrt sein!? Ältere Herrschaften flanieren in den mäßig gefüllten Zeltstraßen und bewundern die Brauerei-Gespanne, Sonnenstrahlen spiegeln sich im schimmernden Gepränge. Andere, die Kinder an der Hand, sprechen noch einmal Ermahnungen aus: "Nur eine Zuckerwatte heute und wenn wir uns verlieren, Treffpunkt Bavaria." Ob das Kettenkarussell schon fährt? Ein Gefühl von gespannter Vorfreude und Ungeduld liegt in der Luft. Dann dringt ein vielstimmiger Schrei der Erlösung aus den Zelten.

Text: Daniela Dau

Autoscooter auf dem Münchner Oktoberfest, 2011

Quelle: Stephan Rumpf

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Auch in diesem Jahr ist um die Theresienwiese ein Sicherheitsring errichtet worden. Kein Auto darf bis zum größten Volksfest der Welt vordringen - als Sicherheitsmaßnahme, um Anschläge zu verhindern. Doch die Polizei kontrolliert offenbar nicht gründlich. Denn mitten auf dem Festplatz fahren so einige Autos. Und dann brechen sie auch noch eine Verkehrsregel nach der anderen. Die Fahrer halten sich weder an das Rechts vor Links, noch blicken sie sich beim Rückwärtsfahren um - und dann sind auch einige Fahrer alles andere als nüchtern. Es wundert, dass sie die Führerscheinprüfung bestanden haben. Oh, mist, da kommt ein Wagen auf uns zu. Rummmms. Willkommen beim Autoskooter. Willkommen auf der Wiesn, wo andere Gesetze gelten.

Text: Lisa Sonnabend

Oktoberfest 2011

Quelle: Anna Fischhaber

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Manchmal hilft auch ein wenig Kreativität, um den Ordner zu überzeugen, dass die Party ohne einen einfach keine echte Party ist. Zumindest im Biergarten. Dieser Mann hat sich deshalb extra ein Monsterkostüm samt Lederhose drüber mitgebracht. Naja, was heißt hier Monster. Bei genauerem Hinschauen entpuppt sich das Outfit als Chewbacca-Kostüm, einer Figur aus Star Wars. Nach einer Stunde in der Sonne bereut er das allerdings schon wieder - der Schweiß rinnt ihm die Stirn runter, als er kurz die Maske abnimmt. Sein Freund setzt lieber auf Worte. "Geiler Supermann" steht auf dem Herz, das er umhängen hat. Ob das bei den Frauen ankommt?

Text: Anna Fischhaber

Toiletten auf dem Oktoberfest, 2005

Quelle: lok

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Eigentlich denkt man ja, dass der Job einer Klofrau auf der Wiesn hart und unerfreulich ist. Doch eine der Damen auf dem Örtchen in der Käferschänke belehrt uns eines Besseren. Als eine Gruppe von Mädchen im Vorraum zusammensteht und eine von ihnen tröstet, weil sie herzzerreißend weint, ruft sie: "Ich liebe diesen Job! Hier wird geratscht, geschminkt, geheult!"

Text: Beate Wild

Oktoberfest 2011

Quelle: dapd

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Kurz nach zehn Uhr auf der Theresienwiese: Vor den Fahrgeschäften sitzen die Schausteller, ratschen und trinken noch einen Kaffee, es tönt kaum Musik und in den Zelten ist noch jede Menge Platz. Die ersten Standlbesitzer rüsten sich für den Tag  - oder schauen vor dem großen Trubel noch rasch am Nachbarstand vorbei, um einem Geburtstagskind zu gratulieren. Gertraud Zürns hat ihren Mandelstand in der Wirtsbudenstraße und sie feiert an diesem Tag ihren 70. Geburtstag. Seit 40 Jahren ist sie mit ihrem Mann auf der Wiesn - und sie genießt es noch immer, erzählt sie. Und überhaupt, Gertraud Zürns hat viel zu erzählen: Wie die Mandeln besonders gut werden, welche Hausmittel gegen die zahlreichen Wespen am Stand halten, und dass sie nach der Wiesn ihren Geburtstag feiern wird. Dann kommen weitere Gratulanten. Und zum Abschied gibt's noch eine Tüte frisch gebrannter Mandeln.

Text: Birgit Kruse

"Hamperer" Andreas Bussmann auf dem Münchner Oktoberfest, 2010

Quelle: Stephan Rumpf

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Der Schichtl ist ein Mysterium des Oktoberfests. Das Zaubervarieté hat es geschafft, sich weder vom Kapitalismus noch vom Fernseh- und Computerzeitalter verdrängen zu lassen. Der Schichtl trotzt dem Zeitgeist. Dabei dürfte das Konzept nüchtern betrachtet eigentlich gar nicht aufgehen. Vor der Bude werben der Schichtl und seine Kompagnons in schlecht sitzenden Kostümen um neue Besucher, in der Show werden dann Zaubereien, Tänze und Kuriositäten präsentiert, die vor allem eines sind: alles andere als spektakulär. Höhepunkt der Aufführung ist die Enthauptung einer lebendigen Person mittels Guillotine. Ein Zuschauer wird als Enthauptungsopfer ausgewählt - und dann hebt der Henker das Beil. Der Trick ist derselbe wie vor 140 Jahren - und so einfach, dass er hier gar nicht verraten werden muss. Doch er zieht noch immer in seinen Bann. Das ist der Zauber der Wiesn.

Text: Lisa Sonnabend

Oktoberfest 2011

Quelle: Beate Wild

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Italienerwochenende. Im Biergarten des Hofbräuzelts nur gelbe Pullover. Tiziano und seine Kumpels sind mit dem Bus aus Bologna gekommen. Für sie ist das Oktoberfest das Größte überhaupt. Schon auf der Herfahrt im Bus war Party angesagt, und zum Frühstück gab es auch schon Bier. Der Party-Veranstalter, der die Touren nach Monaco di Baviera für 45 Euro pro Person organisiert, nennt sich im Übrigen "Birramaniaci" - übersetzt "die Bier-Fanatiker". Dann singen alle "Siamo Campioni del Mondo" zur Melodie des White-Stripes-Klassikers "Seven Nation Army" - das kennt man ja seit der Weltmeisterschaft 2006. Die Stimmung ist jedensfalls bestens: Wenn man wegen Überfüllung nicht ins Zelt kommt, muss man eben draußen selber Stimmung machen.

Text: Beate Wild

Hippodrom, Damenwiesn

Quelle: Tobias Dorfer

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Es ist der Horror für jeden Berichterstatter: Man kommt zur Damenwiesn von Regine Sixt, sieht Menschen, die eigentlich wichtig sind, deren Gesicht man auch schon einmal gesehen hat, deren Name man jedoch - falls man ihn je gewusst hat - längst wieder vergessen hat. Und schon kommen sie: Ex-Moderatorinnen, Unternehmergattinen, Ex-Frauen, Designerinnen, Models und Networkerinnen. Die Fotografen rufen "Alexandra, hierher!" Oder: "Alida, jetzt nochmal so süß-frech!" Doch wer ist Alexandra? Und welche Alida? Wie gut, dass plötzlich drei rundliche Damen mit vier kleinen Pudeln die Bildfläche betreten. Kamera gezückt, abgedrückt, die Bedeutung der Jacob Sisters erkannt. Ganz ohne Nachhilfe der Kollegen.

Text: Tobias Dorfer

Festzelt 'Tradition' auf dem Münchner Oktoberfest, 2011

Quelle: Stephan Rumpf

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Mittagswiesn: Das verspricht eine Maß Bier, dazu ein Hendl und eine Brezn. Das Ganze am Besten im Garten vor einem der Bierzelte bei strahlendem Sonnenschein. Doch am "Italienerwochenende" wird der Wunsch in diesem Jahr erst einmal nicht erfüllt. Die Zelte sind schon in den frühen Morgenstunden voll, Betrunkene taumeln durch die Gassen. Die Alternative ist ein Besuch auf der Oiden Wiesn. Weniger Trubel, mehr Gemütlichkeit. Selbst die Bedienung lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn erst das Hendl vom Tablett fällt und dann das Besteck fehlt.

Text: Birgit Kruse

Oide Wiesn

Quelle: Simon Leonhardt

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Die Oide Wiesn hat keine Attraktionen, die schneller, höher oder weiter sind als andere Fahrgeschäfte. Aber sie hat durchaus Attraktionen. Das Velodrom zum Beispiel. Es ist zum Kaputtlachen, wenn ein gstandenes Mannsbild auf eines der Räder steigt, die "leicht" von der Norm abweichen. Die Wiesnbesucher eiern auf den Räder herum, kriegen kaum die Kurve - auch wenn sie noch nüchtern sind. Oder der Stand des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte. Vor der Bude stehen zig Personen in Tracht, einen Fragebogen in der Hand, Denkfalten auf der Stirn. Sprachunterricht auf der Wiesn. Was ein Rodsleffe ist, ist noch eine der einfachen Fragen. Aber was zum Teufel ist eine Flugga? Was bedeutet Rana? Und was Scharrinn? Zefix!

Text: Lisa Sonnabend

Oktoberfest kindl frau

Quelle: Lisa Sonnabend

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Erster Wiesnsamstag: Zum wiederholten Male ist bereits das "Prosit der Gemütlichkeit" erklungen, bei den ersten macht sich der Rausch bemerkbar - da will sich das Münchner Kind aus dem Seiteneingang des Schottenhamel-Zeltes davon stehlen, die Kapuze hat es bereits abgenommen. Doch es hat die Rechnung nicht mit dem Sicherheitsmann gemacht. Der ergreift seine Chance - denn wann hat man schon mal die Möglichkeit, mit einem echten Münchner Kindl anzubandeln?

Text: Lisa Sonnabend

Oktoberfest 2011

Quelle: dpa

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Noch ist es ruhig auf der Theresienwiese. Die Gelegenheit, sich einmal ohne Zeugen am Hau den Lukas zu probieren! Der Schausteller gibt ein paar Ratschläge. Dann hebe ich den Hammer hoch. Ich weiß nicht, was mich mehr schockiert: Die Tatsache, dass der Pflock so schwer ist, dass ich ihn nur mit Mühe vom Boden wegbewegen kann, oder dass sich plötzlich eine Menschentraube um den Hau den Lukas versammelt. Ich hebe den Hammer mühsam bis über meinen Kopf und schlage zu. Die Scheibe saust nach oben - naja, zumindest bis zum Bauchnabel des Schaustellers. "Da geht mehr", ruft jemand aus dem Publikum. Mindestens einer lacht. Ich probiere es noch einmal: Diesmal haue ich daneben. Mindestens zwei lachen. Und noch einmal. Meine Arme zittern schon. Diesmal schlage ich immerhin so fest, dass  die Scheibe bis auf Halshöhe steigt - bis zu einem Drittel der Höhe des Pfahls. Diesmal lacht niemand, einige der Umstehenden applaudieren sogar. Der Schausteller reicht mir eine orange Plastikrose. Keine Bestleistung, aber Publikumsliebling.

Text: Lisa Sonnabend

OKTOBERFEST / GEISTERSCHLOSS - Reportage Selbstversuch als Kinderschreck

Quelle: Johannes Simon

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Als Journalist kommt man schon auf seltsame Ideen. Günther Wallraff zum Beispiel hat sich undercover in die Bild-Redaktion eingeschleust - und bei RTL kletterte ein Wiesn-Reporter ungesichert in 20 Metern Höhe auf der höchsten Achterbahn der Welt herum. Dennoch wollte auch sueddeutsche.de hinter die Kulissen schauen - zum Beispiel hinter die des Geisterschlosses. Einen Nachmittag lange als Geist die Fahrgäste erschrecken, das hört sich einfach an, ist aber ein knallharter Knochenjob. Aber immerhin: Man ist im Trockenen, schließlich regnet es in Strömen an diesem ersten Wiesn-Montag. Als Gast-Geist schlage ich mich jedoch, vorsichtig ausgedrückt, bescheiden. Die Kunden lachen mehr als dass sie kreischen - und nach einer Dreiviertelstunde ist die Stimme quasi verschwunden. Wie schön ist der Augenblick, als ich die Maske vom Kopf ziehen darf und ins Freie trete. Und siehe da: Es regnet nicht einmal mehr.

Text: Tobias Dorfer

Hier der Text über den Selbstversuch im Geisterschloss.

Oktoberfest 2011

Quelle: dapd

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Der Kopf der Bavaria, den man normalerweise besteigen kann, ist leider während der Wiesn geschlossen. Was für ein Blick muss das sein von dort hinunter auf die Festwiese, was für Gerüche müssen hier bis oben hin ziehen, was für Geräusche hinaufdringen! Was für eine Ruhe muss dennoch hier herrschen - abgeschirmt vom Treiben auf der Festwiese! Doch es gibt einen Ort, an dem man genau diesen Blick, diesen Geruch, diese Geräusche erleben kann. Am Haupteingang steht die St.-Pauls-Kirche, deren Turm man besteigen kann - auch während der Wiesn. Ein Postkartenblick!

(Im Bild: Blick von der Pauls-Kirche aus)

Text: Lisa Sonnabend

© sueddeutsche.de
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