Die nächste Bildungsoffensive:Auch Kostenfreiheit hat ihre Zwänge

Die nächste Bildungsoffensive: Illustration: Dennis Schmidt

Illustration: Dennis Schmidt

Weil staatliche Zuschüsse auf dem Spiel stehen, muss die Stadt noch etliche Fragen klären

Von Melanie Staudinger

München soll familienfreundlicher werden, fordert die SPD-Stadtratsfraktion. Sie will die Kita-Gebühren abschaffen. Das Bildungsreferat soll nach dem Willen der Sozialdemokraten ein Konzept ausarbeiten, wie der Plan in die Realität umzusetzen ist. Denn ganz so einfach, wie es sich anhört, ist das Vorhaben nicht. Auf dem Weg zur Gebührenfreiheit sind noch etliche Fragen zu klären.

Darf München das überhaupt?

Rechtlich ist eine Abschaffung der Gebühren möglich, denn die Kinderbetreuung ist eine kommunale Aufgabe. Wer allerdings nicht aufpasst, kann viel Geld verlieren. Denn der Freistaat gibt Zuschüsse über das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) nur, wenn die Elternbeiträge nach Nutzungszeiten gestaffelt sind, was beim Nulltarif nicht mehr der Fall wäre. Hier wird sich das Bildungsreferat eine Lösung überlegen müssen. Unterföhring zum Beispiel erlässt seit mehr als 30 Jahren die Kita-Gebühren. Dort gibt es aber eine Gebührensatzung mit Staffelung, die angibt, was der Kita-Besuch kosten würde. Der Gemeinderat beschließt dann aber jedes Jahr, die Gebühren für die Bürger zu übernehmen.

Welche Kosten kommen auf die Stadt zu?

Schon jetzt ist der Bereich der Kindertagesstätten nicht sehr einträglich für die Stadt. Zwar bezahlen Münchner Eltern im Jahr rund 50 Millionen Euro an Gebühren in den gut 400 städtischen Kitas, der Betrieb ist aber wesentlich teurer. Die Kosten liegen bei 380 Millionen Euro und werden daher auch jetzt schon zum größten Teil aus dem städtischen Etat beglichen. Würden die Gebühren in städtischen und anderen geförderten Kitas abgeschafft, müsste die Stadt zunächst etwa 100 bis 150 Millionen Euro im Jahr vorstrecken, denn sie würde die Beiträge anstelle der Eltern bezahlen.

Warum geht München in Vorleistung?

Die SPD versteht ihren Antrag explizit so, dass die Stadt nur in Vorleistung geht. Denn Kinderbetreuungseinrichtungen, so argumentiert die Fraktion, sind Bildungseinrichtungen ähnlich wie Schulen oder Universitäten. Und für Bildung ist der Freistaat zuständig. Auch dort gibt es bereits Diskussionen über die Abschaffung von Kita-Gebühren. Das Sozialministerium prüft die Angelegenheit. Die Münchner SPD will mit ihrer Initiative also den Druck auf die Landespolitik erhöhen, die aber wartet offenbar im Bundestagswahlkampf lieber ab, was in Berlin passiert.

Welche Kitas sollen kostenfrei werden?

Wenn es nach der SPD geht, sollen die Gebühren in allen Kindertagesstätten, also in Krippe, Kindergarten, Hort, Tagesheim und Mittagsbetreuungen entfallen. Das gilt sowohl für städtische Kitas als auch für diejenigen, die einen freiwilligen Zuschuss von der Stadt bekommen. Bei Eltern-Kind-Initiativen könnte München einen Teil der Gebühren übernehmen. Offen ist, was mit den privaten Kitas passiert.

Wie stehen private Einrichtungen dazu?

"Der Grundgedanke der Gebührenfreiheit ist richtig", sagt Benjamin Tajedini, Chef der Infanterix-Kitas und Vorsitzender des Verbands der privaten Tagesstätten in München. Bildung sollte keine Frage des Geldbeutels sein. "Wir würden uns gerne einbringen und die Bedingungen so gestalten, dass wir mitmachen und die Eltern profitieren können", sagt er. Auch private Kitas könnten bei ausreichender Unterstützung günstige Preise anbieten und damit zu den Einrichtungen zählen, in denen die Gebühren von der öffentlichen Hand bezahlt werden. Einige wenige teure Tagesstätten würde es weiter geben - wie eben bei Privatschulen auch.

Ab wann soll der Plan gelten?

Die SPD meint, die Gebühren könnten 2020 fallen. Schulbürgermeisterin Christine Strobl (SPD) geht davon aus, dass es sogar schon bis 2019 klappen könnte. Als sicher gilt, dass die Gebühren schrittweise abgeschafft werden. In welchem Bereich, also mit welcher Altersstufe oder welchem Angebotstyp die Stadt anfängt, ist aber noch offen.

Was passiert mit Gastkindern?

1750 Münchner Kinder werden in Kitas anderer Kommunen betreut, 200 Auswärtige hingegen in Münchner Einrichtungen. Für sie muss sich das Bildungsreferat eine Lösung überlegen. Vielleicht hilft der Blick nach Unterföhring. Dort bezahlt die Gemeinde für ihre Bürger bis zu 400 Euro, wenn deren Kinder außerhalb einen Platz haben, wie Hauptamtsleiter Lothar Kipp berichtet. Leute, die nicht im Gemeindegebiet leben, müssen für Unterföhringer Kitas reguläre Gebühren bezahlen.

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