Die Kinder des Thomas Mann:"Was für eine sonderbare Familie"

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Das Literaturhaus zeigt eine Ausstellung über die Kinder der Familie Mann. Die Geschichte dieser Familie ist nicht immer nur gemütlich", sagt Kurator Uwe Naumann.

"Was für eine sonderbare Familie sind wir!", schrieb Klaus Mann 1936 in sein Tagebuch. Wer die Ausstellung "Die Kinder der Manns - Ansichten einer Familie" im Literaturhaus in München besucht, kann sich dort selbst von dem außergewöhnlichen Clan ein Bild machen. Ab Donnerstag ist dort das begehbare Familienalbum der Literaten-Familie zu sehen.

Enkel Frido Mann betrachtet ein Modell der ehemaligen Familienvilla in der Poschingerstraße. (Foto: Foto: ddp)

Die Exposition präsentiert die Lebensgeschichten aller sechs Kinder des Schriftstellers Thomas Mann. Gezeigt werden sieben verschiedene Stationen, die mit der Kindheit in München beginnen, die Zeit im Exil behandeln und mit dem Tod der jüngsten Tochter Elisabeth 2002 in Kanada enden. Erstmals versucht eine Ausstellung, allen sechs Kindern gerecht zu werden. Von den Ältesten, Erika und Klaus über Golo und Monika bis hin zu den Nachzüglern Michael und Elisabeth.

Belegt sind die Lebensabschnitte mit Bildern, Briefen, Ton- und Filmdokumenten. Auch die Dunkelzonen der Mann-Saga werden beleuchtet. "Die Geschichte dieser Familie ist nicht immer nur gemütlich", sagt Kurator Uwe Naumann.

Von München nach Übersee

Seine Kindheit erlebte der Mann-Nachwuchs in der Poschinger Straße in München. Das Haus am Herzogpark, das von den Manns liebevoll "Poschi" genannt wurde, steht heute nicht mehr, wird derzeit aber anhand der Original-Baupläne nachgebaut. Ausgestellt sind aus dieser privilegierten Kindheit noch die Zeugnisse der Kinder.

Die Noten waren nicht gerade die besten, das Wort "mangelhaft" taucht überproportional häufig auf. Das erklärt auch, warum nur drei der Mann-Kinder das Abitur bestanden. Der berühmte Vater hatte übrigens auch keine Hochschulreife und wurde trotzdem 1929 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet.

1933 gingen die Manns ins europäische Exil, ab 1938 dann nach Übersee. Vom Exil aus engagierten sie sich gegen Nazi-Deutschland, Golo und Klaus bei der US Army, Erika als Kriegskorrespondentin. Diese Zeit wird sowohl durch die Uniformen der Söhne als auch durch englische Zeitungsartikel der Tochter dokumentiert.

Zwei Söhne nehmen sich das Leben

Eine große Zäsur für die Familie war die Zeit nach 1945. Als Klaus bereits einen Tag nach der deutschen Kapitulation München besucht, findet er die Stadt und das Elternhaus zerstört vor. In einem Brief an den Vater schreibt er, dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht denkbar sei. "Die Zerstörung spottet jeder Beschreibung", teilt er ihm mit.

Auch dunkle Seiten finden sich in der Mann-Saga - etwa der tragische Selbstmord von Klaus 1949. Der begabte Schriftsteller, der immer im Schatten seines berühmten Vaters stand, findet sich nicht mehr zurecht. Sein Drogenkonsum wird immer exzessiver bis er schließlich eine Überdosis Schlaftabletten nimmt.

Ebenso dramatisch endet das Leben des jüngsten Sohns Michael. Nachdem er noch 1975 die Tagebücher seines Vaters herausgibt und aus diesen erfährt, dass er eigentlich abgetrieben werden sollte, setzt er seinem Leben in der Silvesternacht 1976 mit einer Überdosis Alkohol und Schlaftabletten ein Ende.

Im Mittelpunkt des "Familienalbums" steht bei allen sechs Kindern das literarische Wirken. Das Schriftsteller-Erbe haben die Nachkommen von Thomas Mann jeder auf seine Weise gelebt.

Zur Eröffnung der Ausstellung am Mittwochabend hatten sich auch die Mann-Enkel Dominica Borgese und Frido Mann angekündigt. Die Schau ist bis zum 26. Februar 2006 montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung ist das Begleitbuch "Die Kinder der Manns. Ein Familienalbum" erschienen.

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