Die Geschichte der Moschee von Freimann:Religion, Politik, Intrige

Es treten auf: ein Turkologe in Diensten des Dritten Reiches; ein Imam, im Sold von Hitlers SS; ein Kopf der radikalen Muslimbruderschaft; ein Banker, angeblicher Finanzkontakte zu Terroristen verdächtigt; und die CIA.

Jan Bielicki

Sie alle sind Teil der Geschichte von Münchens erster muslimischer Gemeinde und ihrer Moschee in Freimann, die der US-Journalist Ian Johnson gerade im Wall Street Journal beschrieben hat. Der Pulitzerpreisträger hatte sich durch Archive und private Nachlässe gestöbert - zu Tage brachte er ein abenteuerliches Geflecht aus Religion, Politik und Intrige.

Nach Johnsons Bericht begann alles im Zweiten Weltkrieg. Die Wehrmacht hatte bei ihrem Überfall auf die Sowjetunion Millionen Kriegsgefangene gemacht, darunter viele Angehörige muslimischer Minderheiten.

Um sie kümmerte sich das Ostministerium mit dem Ziel, sie in so genannten Ostlegionen gegen die Rote Armee kämpfen zu lassen. Ein Architekt dieser Politik war der junge Turkologe Gerhard von Mende. Und dieser Mann schaffte es, am Ende des Krieges Tausende dieser muslimischen Nazi-Alliierten vor den Sowjets in die westlichen Besatzungszonen in Sicherheit zu bringen.

Viele von ihnen landeten in München. Mende kümmerte sich um sie - bis in den Fünfziger Jahren der CIA die Kontrolle über diese strikt antikommunistischen Muslime übernehmen wollte. Gegen den amerikanischen Einfluss installierte Mende einen Usbeken namens Nurredin Namangani als Hauptimam der Münchner Muslime. Dieser hatte im Krieg als Imam einer Division der Waffen-SS gedient - und er entwarf den Plan, eine Moschee in München zu bauen.

Doch er hatte bald einen Rivalen im Kampf um die Führung der Münchner Muslime: den Ägypter Said Ramadan. Dieser war Schwiegersohn von Hasan al-Banna, Gründer der wichtigsten Organisation des modernen Islamismus: der Muslimbruderschaft.

Der Exilant Ramadan konnte sich auf arabische Studenten, saudisches Geld und wohl auch auf die CIA stützen. Als 1967 der Grundstein für die Moschee gelegt wurde, war er fest in Kontrolle des Trägervereins, der heutigen Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD).

Einer seiner Mitarbeiter war Ghaleb Himmat, ein aus Syrien stammender Schweizer. Der am Luganer See residierende Banker leitete die IGD fast 30 Jahre - bis Ermittler ihn und seine Al-Taqwa-Bank auf den Bahamas als mutmaßliche Geldbeschaffer unter anderem für die palästinensische Hamas ins Visier nahmen.

Die USA führten ihn auf einer Liste mit Terrorverdächtigen, sein Vermögen blieb eingefroren, obwohl die Schweizer Behörden ihre Ermittlungen gegen ihn vor kurzem aus Mangel an Beweisen einstellten.

Himmat trat 2002 vom IGD-Vorsitz zurück. Wie eng die Moschee mit der ägyptischen Muslimbruderschaft verflochten war, zeigt eine andere Personalie. Mahdi Aker, seit 2004 Führer der Muslimbrüder, war von 1984 bis 1987 Chef in Freimann.

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