Deutsches Theater:Neue Chefin aus Solingen

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Die Nachfolge im Deutschen Theater steht fest: Andrea Friedrichs heißt die von Bürgermeister Hep Monatzeder und Kulturreferentin Lydia Hartl Auserwählte, die im Herbst 2005 den langjährigen Geschäftsführer Heiko Plapperer-Lüthgarth beerben soll.

Von Antje Weber

Auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung einigte man sich gestern einstimmig darauf, mit der 42-jährigen Musicalexpertin aus Solingen in "konkrete Verhandlungen" einzutreten.

Eine rasche Entscheidung, die auch Andrea Friedrichs selbst lachend als "holterdipolter" bezeichnet. Friedrichs ist in der Musicalbranche keine Unbekannte, auch wenn sie in München bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist.

In Hamburg und Nordrhein-Westfalen dafür um so mehr - allein unter der Rubrik "Geschäftsführungen" finden sich in ihrer Biografie gleich neun Einträge. Begonnen hat die steile Karriere von Friedrichs in den Achtzigern als Germanistik- und BWL-Studentin beim Cateringservice von "Cats" in Hamburg; später wurde sie Vertriebsleiterin bei André Hellers "Luna Luna". Sie hat auch selbst produziert, von "Saturday Night Fever" bis "Das Mädchen Rosemarie" - einen Vorgeschmack auf ihre Arbeit wird man vom 30. November an im Deutschen Theater bekommen, wenn dort ihre Produktion "Die Schöne und das Biest" gastiert.

Befristeter Vertrag

Geschäftsführerin und später Gesellschafterin war Friedrichs insbesondere beim Capitol Musical-Theater in Düsseldorf, 1998 erwarb sie zudem zusammen mit Thomas Krauth und Michael Brenner den Musical Dome in Köln. Seit Mai ist sie für beide jedoch "nicht mehr operativ tätig". Außerdem ist sie Geschäftsführerin und auch Eigentümerin beim "Starlight Express" in Bochum und besitzt eine eigene Produktionsfirma in Solingen. Für die zunächst zwei vereinbarten Münchner Jahre will sie insbesondere letztere Firma nicht aufgeben, auch wenn sie "ganz sicher" ihren Schwerpunkt nach München verlegen möchte.

Dass der Vertrag zunächst auf zwei Jahre befristet ist, stört sie nicht: "Man wird dann sehen, ob man weitermacht." Ein paar Bezüge zu München hat sie jedenfalls schon: Heiko Plapperer-Lüthgarth ist ein "alter Geschäftsfreund", ihre Großmutter hat hier gelebt, bei einer Tante kann sie voraussichtlich wohnen, und auf dem Oktoberfest war sie am vergangenen Samstag auch schon: "Vier volle Maß" habe sie dabei geschafft, erzählt sie stolz, und ein Dirndl passe ihr auch.

Was ihre Pläne für das Deutsche Theater angeht, möchte sie allerdings noch nicht ganz so konkret werden und auf die Pressekonferenz nach Abschluss der Vertragsverhandlungen warten. Sie findet jedenfalls das Deutsche Theater "einmalig in Deutschland mit dem Spielplan, dem Kulturauftrag und mit der Rückendeckung, die es am Ende hat".

Ob sie beim - im Gegensatz um Düsseldorfer Capitol - nicht selber produzierenden Deutschen Theater eigene Produktionen zeigen wird, lässt sie offen, will aber "versuchen, es auf den Tisch zu legen". Klar ist Andrea Friedrichs, dass ein "Erhalt des bisherigen Konzepts gewünscht wird"; welche "neuen Impulse" sie setzen kann und will, muss sie erst herausfinden.

Keine Berührungsängste

Aufsichtsratsvorsitzender Hep Monatzeder ist jedenfalls "sehr begeistert" von der Wahl des "hochprofessionellen Multitalents". Dass die Entscheidung für Andrea Friedrich irgendetwas mit der Hamburger Musicalfirma Stage Holding zu tun haben könnte, die ja seit zwei Jahren ohne sichtbaren Fortschritt ein Musicaltheater in München plant, bestreitet Monatzeder.

Es gibt jedenfalls immer weniger Orte, an denen die Stage Holding fündig werden könnte: Heizkraftwerk und seit neuestem auch Radstadion scheinen nicht mehr in Betracht zu kommen. Was das Deutsche Theater angehe, stehe man jedoch mit der Firma derzeit nicht in Verhandlungen, sagt Monatzeder.

Am 6. Oktober beginne das Interessenbekundungsverfahren für mögliche Investoren: "Man wird sehen, ob sie sich dann bewerben werden." Andrea Friedrichs jedenfalls, die ja bei den von Stage Holding produzierten "Cats" begonnen hat, hat "keine Berührungsängste" gegenüber der Firma. Wie die Zukunft des Deutschen Theaters nach 2007 aussehen wird, ist also nach wie vor ungewiss - mit Andrea Friedrichs scheint man sich jedenfalls schon einmal eine sehr clevere Geschäftsfrau ins Haus zu holen.

© SZ vom 23.09.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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