Deutsche Flugsicherung modernisiert:Ordnung am Himmel

Aus einem Gebäude auf dem Münchner Flughafenareal steuern die Lotsen den Luftverkehr über Süddeutschland.

Vom Münchner Flughafen aus steuern die Lotsen den Luftverkehr über Süddeutschland.

(Foto: Deutsche Flugsicherung)

Die Flugsicherung in München baut bis Ende 2013 ein neues Kontrollzentrum auf dem Airport-Gelände. 600 Mitarbeiter werden von dort aus rund 1,5 Millionen Flüge pro Jahr überwachen.

Von Marco Völklein

Der Rohbau steht längst; auch die auffällige Fassade aus abwechselnd offenen und geschlossenen Elementen mit jeweils einem dicken Rahmen zeichnet sich bereits ab. Im Inneren sind die Bauarbeiter gerade damit beschäftigt, die sensible Technik zu installieren. Und was man sonst halt noch so benötigt in einem neuen Bürogebäude: Toiletten, Teeküchen, Büroräume.

Die Arbeiter sind im Zeitplan, Ende des Jahres soll der fast 15.000 Quadratmeter große Erweiterungsbau der Deutschen Flugsicherung (DFS) am Münchner Flughafen eröffnet werden. Jede Menge Politprominenz hat sich bereits angemeldet. Da sollte auf der Zielgeraden nicht mehr viel passieren.

Wird aber auch nicht, versichern die Verantwortlichen der DFS. Knapp 600 Mitarbeiter sorgen vom Flughafen im Erdinger Moos aus dafür, dass im gesamten süddeutschen Luftraum alles reibungslos läuft. Bislang meistern die Fluglotsen diese Aufgabe aus dem Kontrollraum im bestehenden Gebäude aus dem Jahr 1992. Sie alle sitzen in einem 1300 Quadratmeter großen Raum, der mit unzähligen Bildschirmen, Radarmonitoren und Sprechfunkmikrofonen ausgestattet ist.

Immer wieder sind englische Sprachfetzen zu hören. "Lufthansa Three-Seven-Zero, descend Flight Level 80", "Air Berlin Five-Four-Seven, Munich Radar, identified, cleared Rokil 26 Transition". Knapp 40 Fluglotsen sitzen hier pro Schicht und kontrollieren einen Luftraum, der sich weit über Bayern hinaus erstreckt. Die Grenze verläuft ungefähr von Leipzig bis zum Brenner sowie vom Ostufer des Bodensees bis kurz vor Salzburg.

Mehr Licht, modernere Technik

Nichts geschieht in diesem Luftraum, ohne dass einer der Münchner Fluglotsen sein Okay gibt. Er trägt die Verantwortung. Er muss überprüfen, ob er den Piloten die jeweilige Erlaubnis geben kann; er muss aufpassen, dass dem Flugzeug keine anderen Maschinen in die Quere kommen; er muss die Übersicht behalten auf dem Vorfeld, in der Luft. Und vor allem auf dem Pult vor sich, auf dem zahlreiche Kontrollstreifen liegen. Für jeden Jet ein länglicher Streifen. "Nur wenn man da Ordnung hält, behält man auch in der Luft den Überblick", sagen erfahrene Lotsen. Tageslicht dringt nicht in den Kontrollraum. Man merkt, dass das ganze Gebäude vor mehr als 20 Jahren geplant wurde.

Mit dem Umzug in den Erweiterungsbau wird sich das ändern, versichert Sandra Teleki von der DFS. Kernstück des neuen Gebäudes ist der neue Betriebsraum, von dem aus die Lotsen den Luftraum überwachen werden. Lediglich den Start sowie die letzte Phase der Landung kontrollieren die Lotsen vom Tower aus, der, weithin sichtbar, über dem Flughafengelände aufragt. Alle anderen Sektoren, die im Zuständigkeitsbereich der Münchner Niederlassung liegen, überwachen die Lotsen bisher aus dem Betriebsraum im DFS-Gebäude an der Nordallee auf dem Flughafengelände. Doch dieses Gebäude reicht nicht mehr aus, um mit dem in den vergangenen 20 Jahren stetig gewachsenen Verkehrsaufkommen in der Luft mithalten zu können.

Pro Jahr kontrollieren die Münchner Lotsen etwa 1,5 Millionen Flüge - nicht nur die Ab- und Anflüge auf die Flughäfen in München, Nürnberg, Leipzig, Dresden und Erfurt, sondern auch die Überflüge, wenn also zum Beispiel ein Jet aus Singapur kommend nach Frankfurt will, oder eine Maschine aus Moskau nach Madrid. Die Lotsen arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Schon vor Jahren mussten einige DFS-Mitarbeiter in provisorisch errichtete Containerbüros auf dem Areal umziehen. Sobald der Erweiterungsbau des Münchner Architekturbüros Henn in Betrieb geht, werden auch diese Mitarbeiter aus ihren Containerprovisorien wieder ausziehen.

Im neuen Betriebsraum, in dem sich künftig bis zu 100 Lotsenplätze in einem Doppelgeschoss verteilen werden, soll zudem eine spezielles Belichtungskonzept sicherstellen, dass die Lotsen "einen Bezug zur Außenwelt erhalten", wie Teleki sagt. Tageslicht wird dabei ins Innere gelenkt; eine Grundbeleuchtung aus direktem und indirektem Licht sorgt dafür, dass keiner der Lotsen bei seiner verantwortungsvollen Aufgabe geblendet wird. Und auch die Technik wird aufgerüstet: Mit dem Umzug in den Neubau stellt die DFS ihre Münchner Niederlassung auf ein neues Flugsicherungssystem um.

Die neue Technik während des laufenden Betriebs in die bestehende Kontrollzentrale einzubauen, wäre extrem aufwendig, ja nahezu unmöglich gewesen, sagt Teleki. Daher verbinden die Planer nun die beiden Aufgaben: Steht der neue Erweiterungsbau, bauen sie die neue Kontrolltechnik ein. Erst wenn die drin ist, ziehen die Lotsen um - aller Voraussicht nach Ende 2016 oder Anfang 2017.

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