Deutsch-Amerikanische Freundschaft:Herumgekommen

Deutsch-Amerikanische Freundschaft: So eng sollen die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland sein, wenn es nach Jennifer Gavito geht.

So eng sollen die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland sein, wenn es nach Jennifer Gavito geht.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Libanon, Dubai, Israel: "Ich war immer Spezialistin für Nahost-Themen", sagt Jennifer Gavito. Als Generalkonsulin der USA in München muss sie sich nun als Allrounderin beweisen

Von Melanie Staudinger

Ihren Versprecher bemerkt Jennifer Gavito sofort. Gerade hat sie von den alten Gebäuden in Delaware geschwärmt und dann versehentlich auf Englisch behauptet, sie stammten aus den Seventies, also den Siebzigerjahren. Doch die Frau, die in ihrem lässig-eleganten roten Kleid und den mittellangen braunen Haaren so aussieht, als wäre sie die Jüngste hier auf dieser Terrasse, lässt sich nicht verunsichern. Sie lacht kurz, entschuldigt sich bei ihren Gästen, dass die Häuser in Amerika in der Regel ja wirklich nicht besonders alt seien, und fährt fort mit ihrer Lobeshymne auf Delaware und den alten Gebäuden dort, die freilich aus dem 17. Jahrhundert stammen, dem "Seventeenth Century". Einem Mann dürfte diese Rede besonders gut gefallen und zwar dem Gouverneur von Delaware. Er ist mit einer Delegation angereist, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen seinem Bundesstaat und Bayern zu intensivieren. An diesem Abend ist er bei Jennifer Gavito eingeladen, der neuen Generalkonsulin der USA in München.

Es ist einer der ersten offiziellen Termine, den die 41-Jährige im Herbst gibt. Der Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium ist ebenso da wie ein paar Firmenchefs oder Wissenschaftler. Und zwischen all den gut gewandten Menschen, die auf der Terrasse Wein (aus den USA, versteht sich) trinken und sich bei Häppchen unterhalten, wuselt plötzlich ein kleiner Junge im roten Schlafanzug umher, es ist der sechsjährige Alexander Gavito, der Sohn der Gastgeberin. Brav wartet er, bis seine Mama die Pflichtfotos absolviert hat. Schließlich wolle er noch gute Nacht sagen. Die Mama nimmt es gelassen und zeigt an diesem Abend nicht nur, dass sich Kinder - der zweite Sohn ist sieben und heißt Dominic - und der Job als Generalkonsulin wunderbar miteinander vereinen lassen, sondern auch, dass sie mit ihrer Familie nicht nur nach München gekommen ist, um Hände zu schütteln. Sie hat mehr vor - als Vermittlerin zwischen den beiden Ländern, als Wirtschaftslobbyistin und als Privatmensch.

Ein paar Wochen später sitzt Jennifer Gavito im Generalkonsulat an der Königinstraße. Hier herrscht höchste Sicherheitsstufe. Wer hinein will, muss gleich mehrere Beamte und deren Kontrollen passieren. Und sein Handy draußen abgeben. "Meine Hauptaufgabe ist es, die transatlantischen Beziehungen, US-Staatsbürger und den Außenhandel zu unterstützen", sagt Gavito, die die Unverbindlichkeit und gleichzeitige Herzlichkeit amerikanischer Konversationen ebenso perfekt beherrscht wie sie deutsch spricht. Sie wisse, dass es bei jungen Deutschen Vorbehalte wegen des Freihandelsabkommens TTIP, der Intervention im Irak oder der NSA-Abhöraffäre gebe. "Umso mehr müssen wir ihnen zeigen, was die USA und Deutschland in den vergangenen 70 Jahren alles gemeinsam geschafft haben", sagt die 41-Jährige. Und fügt hinzu: "Und was wir zusammen noch schaffen können." Gavito nennt ein paar Vorteile von TTIP, lobt das Iran-Abkommen und hebt hervor, wie wichtig gemeinsame Anstrengungen im Umweltschutz sind.

Große Weltpolitik also. Damit kennt sie sich aus: Gavito stammt ursprünglich aus Kansas City, ist in ihrem Leben aber viel herumgekommen. Generalkonsulin war anfangs nicht ihr Traumberuf. Sie studierte Wirtschaft und Internationale Beziehungen an der American University in Washington D.C. und arbeitete dann für das Finanzministerium. Das sei auch interessant gewesen, sagt Gavito. 1998 wechselte sie ins Außenministerium - und ihre Reise durch die Welt begann. Zunächst war sie als Vizekonsulin in Frankfurt am Main tätig und kümmerte sich um Pass- und Visa-Angelegenheiten. Ihren Mann Anthony lernte sie in Nicaragua kennen, er war damals als Marine in der amerikanischen Botschaft stationiert. Beide verbrachten ein paar Jahre im libanesischen Beirut, Gavito leitete dort die Wirtschafts- und Handelsabteilung in der US-Botschaft. Danach folgten Libyen, Washington D.C., Dubai und schließlich Jerusalem.

In Israel beriet sie den Generalkonsul bei den Friedensverhandlungen im Nahen Osten. Eine spannende Zeit, wie Gavito berichtet. In nur zwölf Monaten empfing sie sieben Mal den amerikanischen Außenminister John Kerry. "Ich war immer Spezialistin für Nahost-Themen", sagt Gavito. Das wird sich für ihre drei Jahre im viel beschaulicheren München ändern. Hier wird sie sich als Allrounderin beweisen müssen. Gavito ist die erste Frau, die den Posten des US-Generalkonsuls für Bayern bekleidet. Darauf wird sie immer wieder angesprochen, sie selbst allerdings findet das gar nicht so besonders, wenngleich es natürlich eine Ehre sei. In den USA sei es bereits üblicher als in Deutschland, dass Frauen Führungspositionen besetzten. Sie schätze sogar, dass das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im diplomatischen Dienst relativ ausgeglichen sei. Ihr Mann unterstütze sie zudem: In den ersten Monaten hat er sich ein wenig mehr um die Kinder gekümmert, so dass sie sich gut einarbeiten konnte.

Sie habe sich bewusst für die Stelle in der bayerischen Landeshauptstadt beworben. Mit Deutschland verbinde sie viel, sagt Gavito. Vor 25 Jahren sei sie das erste Mal hier gewesen, als Austauschschülerin am Niederrhein - auch wenn das eher Zufall war, weil sie eigentlich vorhatte, nach Frankreich zu gehen. Doch es gefiel ihr in Deutschland. "Schüler- und Studentenaustausch ist sehr wichtig für das gegenseitige Verständnis", sagt sie. Kein Wunder, dass sie an diesem Sonntag die Schirmherrschaft für die Austauschmesse "Fernweh 2016" im Kulturhaus Milbertshofen übernommen hat.

Für München und Bayern sprachen aber auch private Erwägungen. Die Familie liebe die Berge und das Skifahren, sagt Gavito. Sie gehe gerne mit dem Hund spazieren (was in Jerusalem zum Beispiel vollkommen unüblich sei) und mache Ausflüge mit dem Rad - auch das sei nicht überall auf der Welt möglich, weil das Fahrrad in vielen Regionen nicht als Transportmittel gelte, sondern als Sportgerät. Oktoberfest, Ausstellungen, Weihnachtsmärkte - in den vergangenen Monaten gab es viel zu entdecken für die Gavitos.

Ihre beiden Söhne merkten schon, wie privilegiert ihr Leben sei, sagt sie. Vor allem wenn sie daheim in den Staaten auf ihre Cousinen treffen, die natürlich viel weniger reisen. Irgendwann aber wird auch die Weltreise der Gavitos vorbei sein. Die Kinder sollen auch einmal eine amerikanische Schule besuchen. Bis dahin bleiben aber noch mindestens zweieinhalb Jahre. Und vielleicht zieht es die Gavitos dann doch noch einmal in eine ganz andere Region, bevor es ab nach Hause geht.

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