Der Chrysanthemenball:Der Sprung in die Gesellschaft

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Beim Chrysanthemenball treten seit 50 Jahren Debütantinnen auf - heute nicht mehr so ernst wie früher.

Claudia Wessel

Donnerstag, 30. Januar 1958. Zum ersten Mal in der Münchner Ballgeschichte schweben junge Mädchen im Deutschen Theater ganz in Weiß übers Parkett, schreiten an der Hand junger Herren in einer eigens für sie entworfenen Choreographie über die Tanzfläche, drehen sich zum Eröffnungswalzer.

So manche Träne der Rührung mag sich vor 50 Jahren in die Augen geschlichen haben, manche Mädchenhand gezittert und geschwitzt haben. Schließlich erlebten die Paare etwas völlig Neues, das an eine alte Sitte am britischen Hofe erinnerte: Die "Einführung junger Damen in die Gesellschaft". In unschuldigem Weiß natürlich.

Fünfzig Jahre später hat sich nichts geändert - und doch ist vieles anders. Noch immer ist einer der Höhepunkte auf dem Chrysanthemenball der erste Auftritt junger Damen ganz in Weiß. Doch diese wirken beim Jubiläumsball im Hotel Bayerischer Hof keineswegs zittrig und aufgeregt, sondern selbstbewusst und lebenslustig. Wozu die jugendliche, flotte Choreographie von Katrin Kolo das ihre beiträgt.

Da wird nicht die Treppe heruntergeschritten, sondern gehüpft. Da gibt es keine gemäßigten Schritte, sondern ein Laufen, ein Drehen, ein im Getümmel den richtigen Partner Finden. Alles geht garantiert doppelt so schnell wie anno dazumal und erscheint so ganz und gar nicht wie eine verstaubte Sitte, sondern wie ein Symbol für die moderne Zeit.

Diese Mädchen werden nicht in die Gesellschaft "eingeführt" - sie springen einfach hinein. "Ja, das war Absicht", sagt Kolo über die jugendliche Choreographie. "Die Mädels haben mich dazu inspiriert."

Ungewöhnlich jugendlich ist auch ein Mann, der bereits bei der Debütantinnen-Premiere vor 50 Jahren dabei war: Hugo Strasser. Er spielte damals schon zum Tanz auf. Auch am Donnerstag begleitete Strasser wieder den Chrysanthemenball.

Zum 40. Mal trat dabei das Kinderballett Junghanns auf, seinerzeit noch unter Leitung von Ingeborg Junghanns. Und erstmals kamen die Gäste des Wohltätigkeitsballs in den Genuss, den Musicalstar Uwe Kröger live zu hören. Der Wohltätigkeitsball erbrachte 33.000 Euro, die traditionell für bedürftige Kinder gespendet werden. Allein 3000 Euro davon hatten die Kinder des Kinderballetts Junghanns aus ihren Sparschweinen gespendet.

© SZ vom 26.01.2008/ngh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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