Demo in der Innenstadt:Pavian mit Schweineherz

Demo in der Innenstadt: Menschen bilden am Richard-Strauss-Brunnen an der Neuhauser Straße ein blaues Dreieck: Still haben Ärzte gegen Tierversuche demonstriert.

Menschen bilden am Richard-Strauss-Brunnen an der Neuhauser Straße ein blaues Dreieck: Still haben Ärzte gegen Tierversuche demonstriert.

(Foto: Stephan Rumpf)

Protest gegen Tierversuche in der medizinischen Forschung

Von Melanie Staudinger

Die Menschen in den blauen Umhängen stehen still. Niemand sagt ein Wort, die Demonstranten in der Fußgängerzone lassen am Samstag Plakate für sich sprechen. "Tierversuche abschaffen" steht dort geschrieben, "weil Penicillin für Hamster tödlich ist", "weil Paracetamol für Katzen giftig ist" oder "weil es dabei um Geld statt um Gesundheit geht". Die Menschen, die anlässlich des internationalen Tags gegen Tierversuche an diesem Montag protestieren, wissen durchaus, wovon sie reden. Viele arbeiten im medizinischen Bereich, der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" hat zur Demonstration aufgerufen und mit seiner Presseerklärung durchaus Irritationen hervorgerufen. "Wir wollen mit einer stillen Aktion an das Leid aller Tiere erinnern, die im Labor unter dem Deckmantel des medizinischen Fortschritts leiden und sterben müssen", erklärt Sprecherin Rosemarie Lautenbacher, selbst Fachärztin für Anästhesie und Notfallmedizin sowie Psychoanalytikerin aus Augsburg.

Die Demonstranten sind sich einig: Tierversuche sind zutiefst unethisch. Als Protestorte haben sie sich Tübingen, München und Münster ausgesucht; in den Fokus stellen sie das Leid der Affen. Münster, so beklagen die Tierschützer, beherberge den "größten Affenverbraucher Deutschlands", die Firma Convance. In Tübingen steht eigentlich das Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik im Mittelpunkt, doch das hat vergangene Woche den Stopp aller Affenversuche verkündet. Lautenbacher geht das nicht weit genug: "Unabhängig davon wird in Tübingen an drei Forschungseinrichtungen weiterhin Hirnforschung an Primaten betrieben."

Eine Sprecherin der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) reagiert überrascht auf den Vorwurf. Momentan würden gar keine Affen an der LMU gehalten, sagt sie. Im Biomedizinischen Zentrum in Martinsried etwa werde vor allem an Mäusen, aber auch an Fliegen, Fröschen, Fischen, Kaninchen und Ratten geforscht, sagt die Sprecherin. 2016 sei einem Pavian in den USA ein Schweineherz aus München eingepflanzt worden. Nach Angaben der Tierschützer hingegen gibt es diese Transplantationen seit 30 Jahren, derzeit am Walter-Brendel-Zentrum in Großhadern.

Klar ist: Die Zahl der Versuchstiere in München steigt. Registrierte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) 2013 noch 76 376 Tiere, waren es 2016 bereits 106 105 Versuchstiere, überwiegend Mäuse und Ratten, aber auch Hühner, Schweine, Vögel, Kaninchen, Ziegen, Pferde, Hunde, Goldhamster und vier Paviane. 119 Einrichtungen forschen aktuell mit Tierversuchen, wie das KVR mitteilt. Sie unterliegen einer engen Kontrolle: Im vergangenen Jahr haben städtische Mitarbeiter 43 Versuche überprüft. Den "Ärzten gegen Tierversuche" gehen die Kontrollen nicht weit genug. Sie fordern einen kompletten Verzicht. Denn nach vielen Jahren Tierforschung gebe es noch immer keine zuverlässigen Heilmittel gegen Krebs, Alzheimer oder Rheuma.

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