Demenzkzanke:Bald wirksamer Impfstoff gegen Alzheimer?

Der Münchner Mediziner Alexander Kurz ist optimistisch: In zehn Jahren könnte es einen Impfstoff gegen Alzheimer geben. Höchste Zeit: In Deutschland leiden bereits 1,2 Millionen Menschen unter der Krankheit.

Von Sven Loerzer

(SZ-Artikel vom 19.9.2003)— In etwa zehn Jahren könnte es einen Impfstoff geben, der die Alzheimer Krankheit stoppt. Diese Prognose wagt Professor Alexander Kurz, Leiter des Alzheimer-Zentrums der Psychiatrischen TU-Klinik, zum Welt-Alzheimer-Tag am Sonntag.

Nur jeder Zahnte erhält wirksame Medikamente

Immerhin lässt sich der Krankheitsverlauf schon jetzt durch den Einsatz von Medikamenten um ein Jahr verzögern. Doch sie kommen viel zu selten zum Einsatz, betonte der Arzt Stefan Teipel vom Alzheimer Gedächtniszentrum der Ludwig-Maximilians-Universität: Nur etwa zehn Prozent der Patienten in Bayern erhalten einer Studie zufolge die wirksamen Medikamente. Für einen niedergelassenen Arzt sei die Verordnung ein Problem, sagte Kurz: "Er hat ein begrenztes Budget, da muss er sich das genau überlegen." Die Therapiekosten lägen bei rund fünf Euro pro Tag.

Vorerst ist Alzheimer weiter "auf dem Weg, zu einer Volkskrankheit zu werden", sagte Claudia Bayer-Feldmann, Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft München im Presseclub. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland heute etwa 1,2 Millionen Menschen unter der Krankheit, die zum völligen Verlust des Gedächtnisses und der Persönlichkeit führt. "Die Zahl wird wegen der zunehmenden Lebenserwartung extrem ansteigen - bis 2050 auf 2,8 Millionen Menschen." Um diesen Anstieg zu bewältigen, müssten, so Bayer-Feldmann, Versorgungsstrukturen entstehen.

Wenn 2004 mit der Einführung der Abrechnung nach Fallpauschalen die Verweildauer im Krankenhaus drastisch sinke, seien die ambulanten Pflegedienste "in keiner Weise darauf vorbereitet, demente Patienten zuhause zu behandeln". Bayer-Feldmann forderte, die gerontopsychiatrische Tagespflege auszubauen und die fachärztliche Betreuung von Demenzkranken im Pflegeheim zu sichern.

Impfmechanismus vor zwei Jahren entdeckt

Teipel bedauerte, dass Alzheimer meist erst in einem sehr schweren Stadium diagnostiziert werde, obwohl inzwischen eine Reihe von Instrumenten zur Früherkennung existierten. Die Krankheit sei ein "ganz langsam fortschreitender Untergang von Nervenzellen", sagte Kurz. In den ersten zehn Jahren zeigten sich keine Symptome, im nächsten Jahrzehnt träten leichtere Symptome wie Vergesslichkeit oder Orientierungsprobleme auf, erst in den letzten zehn Jahren komme es zur Pflegebedürftigkeit. Vor zwei Jahren sei der Wirkmechanismus entdeckt worden, der eine Impfung möglich erscheinen läßt.

Eine Impfstudie an 350 Patienten musste wegen des Auftretens von Hirnentzündungen abgebrochen werden, die Wirksamkeit der Behandlungsstrategie aber habe sich nachweisen lassen. Nun wird nach neuen, verträglicheren Impfstoffen gesucht.

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