Daglfing:Aus dem Vollen schöpfen

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Beim Endspurt: Noch räumen Gregor Sanetra und seine Mitarbeiter die Regale des neuen Supermarktes an der Burgauerstraße ein. (Foto: Robert Haas)

Mehr als drei Jahrzehnte hatten die 5200 Daglfinger keinen Nahversorger in ihrem Ortsteil. Jetzt endlich wird es einen großen Supermarkt geben, die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung laufen

Von Ulrike Steinbacher, Daglfing

"Geöffnet Montag bis Samstag, 7 bis 20 Uhr": Das große gelbe Hinweisschild hängt schon am brandneuen Supermarkt-Gebäude an der Burgauerstraße 200. Aber es ist seiner Zeit ein bisschen voraus: Tatsächlich müssen sich die Daglfinger noch bis Donnerstag, 7. Mai, gedulden, ehe die gläsernen Eingangstüren zum ersten Mal für die Kunden beiseite gleiten werden. Aber was sind schon eineinhalb Wochen, wenn man mehr als 30 Jahre auf eine Einkaufsmöglichkeit vor seiner Haustür gewartet hat?

Mehr als drei Jahrzehnte - so lange hatten Daglfings 5200 Bewohner keinen Nahversorger in ihrem Ortsteil. Im Lotto-Laden gab es zwar Semmeln und Aufschnitt, aber für den Wocheneinkauf mussten sie ins Auto steigen und nach Denning, Zamdorf oder Trudering fahren. Umso größer war die Wut, als die Stadt München 2006 statt eines Lebensmittelhändlers im Ortszentrum einen Baumarkt draußen an der Riemer Straße genehmigte. Davon erwarteten sich die Daglfinger vor allem Lärm und Verkehr. Aber Obst und Gemüse, Wurst und Käse würden sie dort bestimmt nicht bekommen.

Dennoch brachte die Auseinandersetzung um den Baumarkt nebenbei die Nahversorgungsdebatte in Fahrt. 2011 erteilte die Stadt die Genehmigung für einen Flachbau mit zwei Geschossen auf der großen Wiese an der Burgauerstraße: oben eine Arztpraxis, unten Supermarkt und Apotheke, ganz unten eine Tiefgarage mit 60 Plätzen. Die Edeka-Gruppe wollte den Markt betreiben. Eine Zeit lang sah es dann so aus, als ginge jetzt alles ganz schnell. Aber mit Planung und Bewältigung von Bauproblemen vergingen doch noch gut drei Jahre bis zur Eröffnung. Und währenddessen legte die Verkaufsfläche deutlich zu: Ursprünglich waren 800 Quadratmeter vorgesehen, gebaut wurden 1200.

Inzwischen wirkt der Neubau auf den ersten Blick schon ziemlich fertig. Auf den zweiten Blick klettert ein Bauarbeiter mit Motorsäge in der Hand vorsichtig über einen Schrägaufzug vom Flachdach herunter, ein anderer streicht den Mauersockel unterhalb der Holzfassade dunkelgrau, weiter vorne entladen drei Männer einen Lastwagen. Die 20 Parkplätze auf der Südseite, auf denen schon in der nächsten Woche die Autos der Kunden stehen sollen, sind derzeit voll belegt mit Kleinlastern. Innenausbau, Elektroinstallation, Kältetechnik - nicht nur außen am Gebäude wird fleißig gewerkelt.

Im Supermarkt selbst dirigieren Vanessa und Gregor Sanetra, die beiden Betreiber, ein geordnetes Chaos. Wo bald eine große Obst- und Gemüseabteilung auf Kunden warten wird, liegen Stapel von Regalbrettern auf dem Boden. Von der Bäckereifiliale, die auf der anderen Seite der Kassen einzieht, ist noch nichts zu sehen. Und auf die Frischetheke gegenüber vom Eingang weisen vorerst nur die Schilder an der Wand hin. Sie werde aus eigener Metzgerei bestückt und sei extra lang ausgefallen, sagt Gregor Sanetra. Denn in Daglfing lebten viele Familien, und die würden erfahrungsgemäß viel Grill-Bedarf einkaufen.

Wo es einmal Getränke geben wird, sind noch die Schreiner und die Leute vom Ladenbau zugange, letzte Regale werden montiert. Parallel dazu ist aber ein Einräumteam längst damit beschäftigt, die Flächen für das Trockensortiment aufzuteilen, es vorzuspiegeln, wie das im Fachjargon heißt. Dazu stellt man von jedem Produkt wenigstens eine Packung ins Regal, sodass die Anlieferer später sehen können, was wohin soll. Deswegen wirken einige Regalreihen schon wie in einem fertigen Supermarkt - allen Holzpaletten und Werkzeugkisten zum Trotz: Katzenfutter hat seinen Platz gefunden, Paniermehl, Frühstücksflocken, Honig, Tee.

"Eigentlich ist es der Wahnsinn, weil alles gleichzeitig passiert", sagt Vanessa Sanetra, "aber es funktioniert trotzdem". Sie und ihr Mann Gregor sind so etwas wie alte Hasen im Supermarkt-Geschäft. Die beiden betreiben auch einen Edeka-Markt am Bognerhofweg in Trudering und führten von 2011 bis Mai 2014 die Filiale im Elisenhof in der Innenstadt. Den Mietvertrag dort ließen sie auslaufen, das Personal nahmen sie mit; die Mitarbeiter kommen jetzt in Daglfing zum Einsatz. Dort wird das geschäftige Treiben an der Burgauerstraße wohlwollend beobachtet. "Die Leute freuen sich", sagt Vanessa Sanetra.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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