Zwei Jahre und drei Monate:Haftstrafe für Pädophilen

65-Jähriger speichert mehr als 6000 kinder- und jugendpornografische Fotos

Von Petra Schafflik, Dachau

Er ist nicht gewalttätig geworden und hat auch keinen tödlichen Verkehrsunfall verursacht. Trotzdem ist der 65-Jährige, der in Pulli und Freizeithose auf der Anklagebank des Dachauer Amtsgerichts sitzt, mitverantwortlich dafür, dass Menschen körperlich und seelisch schwer verletzt wurden. Denn auf Computer und Laptop hatte der Rentner 6778 kinder- und jugendpornografische Bilder gespeichert. Fotos, die er nicht selbst angefertigt hat, wie er in der Verhandlung vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsrichter Tobias Bauer betont. "Aber die Nachfrage macht doch das Geschäft", sagt die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Weil Menschen wie der Handwerker im Ruhestand solche Darstellungen nachfragen, "wird immer weiter Kindern schlimmes Leid zugefügt".

Über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren hat sich der Angeklagte in einem offen zugänglichen Chatroom im Internet immer wieder Bilddateien mit kinder- oder jugendpornografischem Inhalt heruntergeladen. Auf seinem Computer und dem Laptop hat er die Fotos in Ordner einsortiert und gespeichert. Viermal hat der Mann auch selbst Fotos dort eingestellt. Sachlich schildert die Staatsanwältin, was auf den Bildern zu sehen ist. Die Szenen reichen von jungen Mädchen, die spärlich bekleidet in aufreizender Haltung posieren bis zur Vergewaltigung von Kleinkindern. Die nüchterne Schilderung der schrecklichen Szenen ist schwer zu ertragen. "Das Furchtbarste, was ich je gesehen habe", sagt die Staatsanwältin.

Auf die Spur gekommen war die Polizei dem Mann durch einen Hinweis des amerikanischen FBI an das Bundeskriminalamt, das die IP-Adresse zugeordnet und die örtliche Kriminalpolizei eingeschaltet hat. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Beamten in der Wohnung des Angeklagten dann Computer und Laptop mit den unverschlüsselten Dateien. Angesichts der klaren Beweislage streitet der Angeklagte nicht ab, die Fotos gespeichert zu haben. Dann entschuldigt er sich, "dass ich so einen Mist gemacht habe". Eine Bemerkung, die der Amtsrichter als "schönfärberisch" kritisiert. Auf Nachfragen erklärt der Rentner, dass er rein zufällig auf den Chat gestoßen sei, wo er ohne Aufforderung irgendwann das erste kinderpornografische Bild erhalten habe. Wie er plötzlich zu mehr als 6000 Fotos gekommen ist, warum er diese Dateien sortiert und gespeichert hat, vermag der Mann nicht zu erklären. "Da habe ich mein Hirn nicht eingeschaltet", versucht er sich herauszureden. Auch an seinen Nutzernamen kann sich der Rentner angeblich nicht erinnern.

Doch sein Versuch, den Besitz Tausender kinderpornografischer Bilder als Versehen darzustellen, überzeugt weder Gericht noch Staatsanwaltschaft. Im Gegenteil. "Für wie blöd halten Sie mich", platzt Richter Bauer heraus. Solche Bilder würden nicht einfach so im Chat erscheinen, auch habe er die Fotos aktiv sortiert. Und sich über Monate ein- oder zweimal täglich in dem Chatroom eingeloggt.

"Dieses Geschwätz ist schwer zu ertragen", sagt die Staatsanwältin. "Was geht in Ihnen vor, wenn auf den Fotos Kleinstkinder sexuell missbraucht werden", fragt der Amtsrichter. Trotz intensiver Nachfragen: Über die Motivation des Angeklagten erfährt das Gericht nichts. Pädophile Neigungen verneint der Mann, selbst Vater von zwei erwachsenen Kindern und Großvater mehrerer Enkel. Er habe nie ein Kind angefasst. Doch über die Situation der Opfer, die vielleicht fürs Leben traumatisiert sind, habe er sich keine Gedanken gemacht, hält ihm die Staatsanwältin vor. Mit seiner Tat habe er sich offenbar überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dem Angeklagten gehe es um sein eigenes Schicksal, "aber das steht in keiner Relation zum Leid der Kinder", sagt Richter Bauer. Reue oder Einsicht lasse der Mann aber nicht erkennen. "Alles als Dummheit abzutun, das ist ein starkes Stück", so der Richter.

Der Rentner verstehe es vielleicht nicht, sich so auszudrücken, "wie Juristen es von ihm erwarten", versucht sein Anwalt zu vermitteln, um noch eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten herauszuholen. Doch das Schöffengericht verurteilt den Mann zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft gefordert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: