Zum Gedenken an die Pogromnacht vor 77 Jahren:Ausstellung in der Versöhnungskirche

Ausstellung Marlies Poss

Die Großtante von Marlies Poss war in Theresienstadt inhaftiert. Diese Erzählungen prägen ihre Werke.

(Foto: npj)

Zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht am 9. November 1938 eröffnet die Evangelische Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau eine Ausstellung. Am Sonntag, 8. November, um 11 Uhr beginnt der öffentliche Gedenkgottesdienst für die Opfer der Novemberpogrome. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in Deutschland, in Österreich und im "Sudetenland" Synagogen geschändet und zerstört, Wohnungen und Geschäfte in jüdischem Besitz verwüstet, Hunderte Juden ermordet oder in den Suizid getrieben und etwa 30 000 jüdische Männer verhaftet und später in Konzentrationslager verschleppt, etwa 11 000 nach Dachau, wo viele in den folgenden Wochen ermordet wurden.

Beim Gedenken wirken mit: Kantor Nikola David von der Münchner Liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom, die Bratschistin Boguslawa Hubisz-Sielska aus Krakau, die Werke der Auschwitz-Überlebenden Rachel Knobler spielt, die Organistin Christine Hänsel aus Dachau, Agco Halmen von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und Pfarrer Björn Mensing von der Versöhnungskirche, Landesbeauftragter der evangelischen Kirche für Gedenkstättenarbeit.

Im Rahmen des Gedenkens wird die Ausstellung "Erinnerte Gegenwart - Dokumente und Installationen zu Theresienstadt" eröffnet. Die Münchner Künstlerin Marlies Poss, 1944 geboren - Großmutter und Mutter waren zu diesem Zeitpunkt als jüdische Frauen untergetaucht -, führt in die Ausstellung ein. Sie selbst wurde durch Schilderungen und Dokumente ihrer Großtante Berthie Philipp (1881-1960), die von 1942 bis 1945 im Ghetto Theresienstadt inhaftiert war, zu Installationen inspiriert, mit denen der Künstlerin eine lebendige Vergegenwärtigung gelingt.

In der Ausstellung werden zudem die Theresienstadt-Häftlinge Robert Mühlstein (1906-1980) und Clementine Grube (1903-1970) porträtiert, deren Sohn und Mithäftling Ernst Grube, 82, als Zeitzeuge bei der Vernissage spricht. Ernst Grube, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, wurde in Theresienstadt von der Roten Armee befreit. In Theresienstadt (heute: Terezin/Tschechische Republik) wurden von 1941 bis 1945 auf Befehl der deutschen Besatzer mehr als 150 000 Menschen wegen ihrer jüdischen Herkunft inhaftiert. Die Lebensbedingungen glichen denen in den Konzentrationslagern. Etwa 34 000 Menschen wurden im Ghetto ermordet, Zehntausende in der Vernichtungslager im Osten deportiert. Das NS-Regime nutzte die kulturellen Aktivitäten der Häftlinge zynisch für seine Propagandalüge von der "jüdischen Mustersiedlung". Die Ausstellung wird bis zum 20. Januar 2016 im Gesprächsraum der Versöhnungskirche gezeigt: montags von 10 bis 12 Uhr, dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr und sonntags von 12 bis 13 Uhr.

Die DGB-Jugend Bayern erinnert auch dieses Jahr an die Novemberpogrome mit einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte am 8. November, beginnend um 13 Uhr. Von 19 Uhr an folgt die Gedenkfeier im Foyer des Rathauses in der Dachauer Altstadt, bei welcher der Zeitzeuge Shraga Milstein spricht und ein Kranz niedergelegt wird. Schüler des Josef-Effner-Gymnasiums verlesen die Namen von Holocaust-Opfern, und das Jazz-Salonorchester der Schule spielt unter der Leitung von Hans Blume.

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