Zukunft MD:Spielen hinter einer Mauer

Je näher ein Haus an einer Lärmschutzwand steht, desto besser ist es geschützt. Grund genug, einen Kindergarten an den Bahngleisen einzurichten? Die Bürger sollen darüber entscheiden

Von Viktoria Großmann, Dachau

Neue Einwohner, das bedeutet wahrscheinlich auch: junge Menschen und Familien mit Kindern. Deshalb besteht die Stadt auf der Einrichtung einer Kindertagesstätte im neuen Mühlbachviertel. Zur Diskussion stehen zwei Standorte, über die auch die Teilnehmer des Bürgerbeteiligungsverfahrens diskutieren sollen.

Ein möglicher Standort befindet sich am südlichsten Zipfel des Geländes zwischen den Amperauen und den bestehenden Wohnhäusern an der Martin-Huber-Straße. Die Lage könnte für einen Kindergarten schön und ruhig sein - und für die Eltern sehr praktisch, denn das Grundstück liegt mitten im geplanten Wohngebiet. Wer dort wohnt und ein Kind in der Kita hat, muss morgens nur über die Straße gehen. Ältere Kinder könnten sogar allein nach Hause laufen. Wenn sie denn laufen.

Werden nämlich die meisten oder auch nur die Hälfte der Kinder gebracht, wird es eng auf den Straßen. Der Kindergarten läge am Ende einer Anwohnerstraße, die in einen kleinen Platz mündet. Dort müssten die Eltern parken und wenden. Das ist erstens umständlich und könnte außerdem den Anwohnern schnell auf den Keks gehen. Zudem ist das Grundstück nach der jetzigen Planung recht schmal und bietet nur einen Zugang zur Freifläche.

Ein zweiter möglicher Standort befindet sich ein paar Meter weiter nordöstlich ebenfalls auf dem ehemaligen Holzlagerplatz. Auch dieser ist von der Amperaue begrenzt, nach Westen sogar zusätzlich von der geplanten Grünfläche. Die Zufahrt könnte sich nach jetzigem Planungsstand deutlich einfacher gestalten und würde nicht durch die Anwohnerstraße führen. Minuspunkt des Standorts: Er liegt direkt an der Bahnlinie München-Ingolstadt. Dass eine Schallschutzmauer errichtet werden müsste, steht außer Frage. Bleibt die Frage: Wie laut ist es dahinter?

Zukunft MD: SZ-Grafik

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Rein physikalisch ist es direkt hinter einer Schallschutzwand am stillsten. Der Schallschutz wirkt dort am besten, denn der Schall breitet sich zunächst nach oben und dann seitlich aus. So erklärt es eine Sprecherin des Landesamtes für Umweltschutz. Allerdings kommt es darauf an, wie hoch das Gebäude ist, je niedriger, desto besser sind die Menschen im Gebäude hinter der Mauer vor dem Lärm geschützt. Werden Wohnhäuser an Bahnlinien oder Straßen errichtet, wie es auch auf dem MD-Gelände passieren könnte, so achten Architekten darauf, Treppenhäuser oder Küchen und Bäder auf der der Bahn zugewandten Seite einzurichten, Schlaf- und Wohnzimmer auf der entgegengesetzten.

Je weiter man sich von der Mauer entfernt, desto weniger wirkt ihr Schutz, der Schall wird wieder deutlicher wahrnehmbar. Jedoch wird er üblicherweise von der dazwischen stehenden Bebauung erneut gebrochen. Ein niedriger Kindergartenbau mit einem Garten am besten hinter dem Haus, also der Bahn abgewandt, wäre also denkbar.

Auch außerhalb des MD-Geländes gibt es einen möglichen Standort. Herbert Ullmann, Geschäftsführer der Dachau Entwicklungsgesellschaft, hat der Stadt ein Grundstück am Sportplatz in der Rosenstraße vorgeschlagen. Zudem gibt es Pläne, den Integrationskindergarten Himmelreich an der Konrad-Adenauer-Straße mit einem Neubau auf dem Grundstück, das ebenfalls früher zum MD-Gelände gehörte und heute städtisch ist, zu erweitern. Hier gibt es eine bereits vorhandene gute Verkehrsanbindung, sogar mit Bushaltestelle. Stadtbauamtsleiter Michael Simon sagt jedoch: "Auf dem MD-Gelände braucht man auf jeden Fall eine Kita." Vom Integrationskindergarten könne die Nachfrage nicht gedeckt werden. Schon jetzt fehlen ja 165 Plätze. Der Bedarf in dem neuen Stadtviertel, in dem bis zu 2000 Menschen leben könnten, werde auf jeden Fall da sein. Für die Stadt geht es dabei auch darum, den Investor an den Folgekosten der Stadtentwicklung zu beteiligen.

Ideenwerkstatt

Am Samstag, 20. Juni, haben die Dachauer sechs Stunden Zeit, sich im Thoma-Haus intensiv mit den Planungen zum MD-Gelände auseinanderzusetzen. Die von der Agentur Citycom moderierte Planungswerkstatt beginnt um 10 Uhr und endet um 16 Uhr. Im Hermann-Stockmann-Saal sollen als Experten und Gesprächspartner unter anderem die Planer und Architekten Verena und Klaus Trojan anwesend sein, auch Herbert R. Ullmann, Geschäftsführer der Dachau Entwicklungsgesellschaft, hat sein Kommen angekündigt. Mitbestimmen können die Bürger über Flächen für den Einzelhandel, Parkmöglichkeiten, Gewerbegebiete, Geschosshöhen und den Standort des Jugendkulturzentrums. Die Teilnehmer sollen Empfehlungen an den Stadtrat formulieren, die in der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses am Dienstag, 23. Juni, diskutiert werden. vgr

Auch ein Schulstandort war ursprünglich im neuen Mühlbachviertel vorgesehen. Dafür würde jedoch eine Fläche so groß wie die gesamten Mayr-Terrassen gebraucht. Der Investor müsste sich an diesen Kosten beteiligen und das könnte ziemlich teuer werden, so teuer, dass sich die Investition als Ganze nicht lohnt. Da nun jedoch bald die Thoma-Schule in unmittelbarer Nähe zum MD-Gelände wegen Schülermangels leerstehen wird, könnte die Diskussion noch einmal neu geführt werden. Auch wenn Simon mahnt, man müsse diese Entwicklung sprengelweise betrachten.

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