Zeitung im Feriendorf:Die Kinder-Reporter

"Müssen Sie jeden Tag jemanden verhaften?" Kinder im Feriendorf Mini-Karlsfeld bitten zwei Polizistinnen der Dachauer Inspektion zum Interview.

Von Benjamin Emonts, Karlsfeld

Vor zwei Jahren war schon einmal die Polizei im Feriendorf Mini-Karlsfeld. Zwei dreiste Diebe hatten aus dem Aquarium der Dorf-Disco einen riesigen Pott Gummibärchen gestohlen. Die unermüdlichen Polizisten Kevin, Samuel und Daniil, die damals keine zehn Jahre alt waren, nahmen die Räuber später mit Gummihammer und Plastikpistole fest. Sie konfiszierten das Diebesgut und verfassten einen Pressebericht über den unsäglichen Vorfall. Und die Diebesbeute aßen sie alle gemeinsam auf.

Mini Karlsfeld

Im Kofferraum der Polizistinnen Karin Huschtschin (rechts) und Sabine Strauch gibt es viel zu entdecken: Daniil hat eine Polizeimütze gefunden, Giulian eine Warnweste. Sophie, Alexander und Tuana (von links) sichern den Verkehr mit Pylonen.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Jetzt kommt die Polizei also erneut in das Feriendorf, aber dieses Mal sind es keine Kinder, sondern richtige Polizistinnen. Ihr nagelneuer, blau-grauer Streifenwagen kommt am Vormittag mitten in das Feriendorf gefahren. Die Kinder sind sofort neugierig und stürmen herbei. Denn die SZ Dachau, die auch dieses Jahr Mini-Karlsfeld besucht, bittet zu einem Interview mit der Polizei.

Allerdings ist das Personal in der SZ-Redaktion in den Sommerferien ausgesprochen knapp. Tuana, Daniil, Sophie, Alexander, Maxim und Giulian, allesamt langjährige Mini-Karlsfeld-Bewohner, werden deshalb für eineinhalb Stunden als echte Reporter engagiert. Ihr Gehalt ist recht schnell ausgehandelt. Es gibt mal wieder einen Topf Gummibärchen, den sie mit den anderen Kindern aus dem Dorf teilen.

"Müssen Sie jeden Tag jemanden verhaften?"

Die Polizei, das lernen die Schüler, ist enorm wichtig für die Berichterstattung in der Lokalausgabe der Dachauer SZ. Wenn es irgendwo brennt, wenn sich Unfälle ereignen, wenn Schlägereien passieren oder wenn irgendwo eingebrochen wird, ist sie der erste Ansprechpartner. Die extra dafür eingesetzten Pressesprecher liefern den Journalisten wichtige Informationen, die sie an den Leser weitergeben dürfen. Ein erstes Kennenlernen mit der Polizei kann den Berufseinsteigern aus Mini-Karlsfeld deshalb nicht schaden.

Mini Karlsfeld

Mit Block, Kugelschreiber und Tonbandgerät zeichnen die jungen Journalisten das Interview auf.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ihre scharfsinnigen Fragen notieren die Nachwuchsjournalisten auf kleinen Spiralblöcken, die sie mit zum Interview nehmen. Außerdem läuft ein Tonbandgerät mit. Die Verkehrspolizistin Karin Huschtschin und die Politesse Sabine Strauch aus der Polizeiinspektion Dachau können sich vor spannenden Fragen kaum retten. Sie müssen mehrfach darum bitten, dass ein Reporter nach dem anderen spricht und nicht alle durcheinander reden. Die Kinder erweisen sich als überaus clever, hartnäckig und neugierig - Eigenschaften, die für den Journalisten sehr wichtig sind.

Mini Karlsfeld

Polizistin Huschtschin schaltet das Blaulicht ein.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die neunjährige Tuana wirkt äußerlich ruhig, stellt aber messerscharfe Fragen. Sie beginnt mit: "Wie heißt eigentlich Ihr Boss?" Und setzt nach: "Wieso wollten sie diesen Job eigentlich machen?" Die Zehnjährige Sophie, die hervorragende Presseberichte verfasst, stellt die berechtigte Frage: "Müssen Sie jeden Tag jemanden verhaften?" Polizistin Karin Huschtschin kann das aber verneinen. Als Verkehrspolizistin komme sie eher selten in die Lage. Ihre Bosse sind übrigens der Verkehrsexperte Richard Wacht und der Dachauer Polizeichef Thomas Rauscher. Und weshalb ausgerechnet Polizistin? "Ich wollte gerne viel Sport treiben", sagt Huschtschin.

Sogar die Sirene wird eingeschaltet

Als überaus talentiert erweist sich auch der achtjährige Daniil, der schon vor zwei Jahren einen tollen Job als Polizei-Pressesprecher abgeliefert hat. Seine Fragen drängen sich regelrecht auf: "Haben Sie Ihre Waffe schon einmal benutzt? Wurden Sie mal bedroht? Und hatten Sie auch schon mal Herzklopfen oder Angst?" Das kann Huschtschin, die schon seit 20 Jahren Polizistin ist, kaum bestreiten. "Es ist nicht immer einfach", sagt sie. "Es gibt immer wieder schwierige Momente und Einsätze, die gefährlich sind." Das Herz der Polizistin klopft dann tatsächlich schneller. Bedroht aber wurde die 39-Jährige noch nicht. "Meine Waffe musste ich noch nie benutzen außer bei den Übungen." Der zwölfjährige Giulian bringt schließlich die zentrale Frage vor: "Wie fühlen Sie sich denn als Polizistin?" Die klare Antwort: "Gut."

Mini Karlsfeld

Daniil sitzt mit Polizeimütze am Steuer des Streifenwagens.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Nach dem ausführlichen Interview wird es noch spannender: Die Kinder nehmen das Polizei-Auto unter die Lupe. Aus dem Kofferraum fischen sie rot-weiß gestreifte Pylonen, neon-gelbe Warnwesten, eine Winkerkelle und eine schusssichere Weste. Danach entern sie den Streifenwagen. Daniil setzt sich mit leicht überdimensionierter Polizeimütze ans Steuer. Auf einem Funkgerät mit Knöpfen schaltet Polizistin Huschtschin das Blaulicht und sogar die Sirene ein, die ganz Mini-Karlsfeld in Aufregung versetzt. Danach dürfen die Kinder ihren Gürtel hochheben, an dem eine Taschenlampe, Pfefferspray, Handschellen, Munition und eine Pistole befestigt sind.

"Was man nicht erwartet hätte, ist, dass das Polizeiauto ein ganz normaler BMW ist und nur beklebt und mit einem Blaulicht ausgestattet wurde", bemerkt die aufmerksame Tuana. Als die Polizistinnen erklären, dass mit der Dienstwaffe - wenn möglich - erst ein Warnschuss abgegeben wird, stellt Kinder-Reporter Alexander die Frage des Tages: "Werden dabei auch manchmal Vögel getroffen?"

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