Wohnungsmarkt:Mieterverein hofft auf eine Große Koalition

Vorsitzender Wolfgang Winter befürchtet, dass sonst die Interessen seiner Klientel unter die Räder geraten

Von Walter Gierlich, Dachau

Nicht alle sind über das Scheitern von Jamaika bestürzt, mancher hofft darauf, dass sich jetzt die SPD doch noch beknien lässt, wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen. Wolfgang Winter beispielsweise, Vorsitzender des Mietervereins Dachau, der fürchtet, dass sonst keine guten vier Jahre für Mieter kämen. Er sagte auf der Jahresversammlung des Mietervereins im Adolf-Hölzel-Haus: "Durch die Beteiligung der SPD in der Bundesregierung in den letzten vier Jahren war wenigstens teilweise gewährleistet, dass die Interessen der Mieterinnen und Mieter in Deutschland nicht völlig unter die Räder kommen." Auch wenn die Mietpreisbremse "von der Union gnadenlos ausgebremst und verwässert wurde".

Dass die Mietpreisbremse sich als Flop erwiesen habe, betonte denn auch der stellvertretende Landrat Helmut Zech (CSU) in seinem Grußwort. Bezahlbarer Wohnraum sei ein Riesenthema, vor allem in der Region München, die durch Zuzug stark unter Druck stehe. Dabei stünden allein im Landkreis Dachau 1800 Wohnungen leer. Der soziale Wohnungsbau, in dem sich derzeit auch die Kreiswohnbaugesellschaft mit Projekten in Markt Indersdorf und Karlsfeld engagiere, leide unter einem Geburtsfehler, nämlich der Mietpreisbindung von nur 25 Jahren. "25 Jahre sind schnell rum", so Zech.

Vermieter mit Herz

Anders als der Landkreis, der bisher nur über eine eher überschaubare Zahl von weniger als 300 Sozialwohnungen verfügt, konnte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) darauf verweisen, dass die Stadt Dachau mit ihrer Wohnbaugesellschaft mehr als 1300 bezahlbare Wohnungen ihr eigen nennt, in denen ein durchschnittlicher Mietpreis von 5,50 Euro pro Quadratmeter verlangt werde. Und die Stadtbau GmbH habe weitere Projekte in Planung und im Bau, am Rennplatz, in der Josef-Effner-Straße, am Amperweg und am Otto-Kohlhofer-Weg. Das sei einer von zwei Gründen, warum sich laut Hartmann Rentner oder Altenpfleger, Krankenschwestern, Erzieherinnen oder Paketboten überhaupt noch leisten könnten, in Dachau zu leben. Der andere Grund seien "Vermieter mit Herz", die es auch gebe und die nicht unbedingt das Maximum aus ihren Immobilien herauspressen wollten.

Angesichts der steigenden Mietpreise werde er daher auch kein "Loblied auf die Chancen in der Region München" singen: "Wo sind denn die Chancen für Rentner oder Geringverdiener?" Eine gewisse Schadenfreude konnte er nicht verbergen, als er von einer Doppelhaushälfte in Dachau berichtete: Vor einem Jahr habe er diese in einem Internetportal entdeckt für 28 Euro pro Quadratmeter. Jetzt habe er noch einmal ins Internet geschaut, und gesehen, dass dieselbe Immobilie nun für 18 Euro je Quadratmeter angeboten werde. Ärgerlich sei jedoch, dass das Haus seit mehr als einem Jahr leer stehe, "nur weil der Eigentümer astronomische Preise verlangt".

Städtisches Engagement allein reicht nicht

Zufrieden zeigte sich der OB, dass die Stadt mit dem kürzlich endgültig verabschiedeten Konzept der sozial gerechten Bodennutzung ein Instrument habe, um weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bei der Ausweisung neuer Baugebiete müssten 30 Prozent für geförderten Wohnungsbau abgetreten werden, "sonst wird der Acker kein Bauland". Keinesfalls stelle er sich hin und sage, "der Markt wird das regeln. Das tut er nicht." Aber städtisches Engagement allein reiche nicht. Daher appellierte Hartmann an Bund und Freistaat, mehr für den Wohnungsbau zu tun.

Winter betonte, dass sich der Mieterverein mit seinen mehr als 5000 Mitgliedern am meisten mit Problemen bei Heiz- und Betriebskosten beschäftige. "Danach geht es um Mieterhöhungen und sehr häufig auch um Schäden und Mängel in der Wohnung." Der Verein bemühe sich immer um vernünftige Lösungen, "bei denen keiner sein Gesicht verliert". Gelinge das nicht, müssten die Mitglieder einen Prozess nicht fürchten, weil sie grundsätzlich rechtsschutzversichert seien. Winter erklärte die Vorteile von Genossenschaften angesichts der Wohnungsnot. Er forderte von der Politik, Wohnbaugenossenschaften tatkräftig zu unterstützen.

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