Wohnen im Landkreis:Dachau nur für Wohlhabende

Für den Kauf einer Wohnung müssen Durchschnittsverdiener bezogen aufs Jahr mehr als die Hälfte ihres Einkommens aufbringen.

Von Julian Erbersdobler, Dachau

Dass es sich lohnt, sein Geld in der Region in Immobilien zu investieren, ist kein großes Geheimnis. Dass der Landkreis Dachau deutschlandweit auf Rang fünf der Standorte mit dem größten Wertsteigerungspotenzial bei Immobilien liegt, ist vielleicht noch nicht jedem bekannt. Zu diesem Fazit kommt der diesjährige Postbank-Wohnatlas, der die Situation in 402 Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands untersucht hat.

Eines der Ergebnisse: Wohneigentum ist selbst in Bayern in den meisten Regionen finanzierbar. Gilt das auch für Dachau? Während im Bericht weite Teile Deutschlands als bezahlbar eingestuft werden, spielen sämtliche Landkreise in der Münchner Umgebung in einer eigenen Liga. Laut Studie müssen Durchschnittsverdiener mit etwa 30 000 Euro Nettojahreseinkommen in dieser Region aufs Jahr bezogen mehr als 50 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens ausgeben, um eine 110 Quadratmeter-Eigentumswohnung zu finanzieren.

Christine Gossner, Vorsitzende des Vereins Haus & Grund Stadt und Landkreis Dachau, ist vom Ergebnis der Studie wenig überrascht. Im Gegenteil: "Ich hätte sogar erwartet, dass Immobilien-Käufer im Landkreis noch tiefer in die Tasche greifen müssen." Aus Beratungsgesprächen mit Vereinsmitgliedern weiß sie, dass sich in der Region kaum jemand eine solche Wohnung leisten kann, ohne auf finanzielle Unterstützung angewiesen zu sein. Sie sagt: "Dachau ist sein sehr teures Pflaster", das eher für Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen geeignet sei.

Wohneigentum

Blauer Himmel, sattes Grün, glänzende Fassaden: Bei diesen Häusern am Udldinger Weiher machen nicht nur Interessenten große Augen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein anderer Aspekt, der im Postbank-Wohnatlas nicht dargestellt wird, ist der extreme Wohnmangel in der Region. "Es ist kaum mehr ein Markt da", so Gossner. Viele Suchende würden immer weniger Angeboten gegenüberstehen, sagt sie - ganz gleich ob Mieter oder Käufer. Die Schuld daran gibt die Immobilienexpertin in erster Linie dem Staat. Ein Dorn im Auge sind ihr besonders die Mietpreisbremse und andere gesetzliche Hürden, die immer mehr Investoren "abschrecken" würden. "Es gibt im Prinzip keinen Leerstand mehr in der Region", sagt sie. Wenn überhaupt, dann nur für ein paar Monate.

Mit den Ursachen der Wohnungsnot beschäftigt sich auch Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland. Er teilt Gossners Ansicht, dass der Staat investorenfreundlicher handeln müsse. "Investoren, die Geld in die Hand nehmen wollen, werden seit Jahren stiefmütterlich behandelt." Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen sei die Bereitschaft in Immobilien zu investieren, sehr hoch, so Kippes - ebenso die gesetzlichen Hürden. Wohnungen und Häuser bezeichnet er als "sicheren Hafen", der besonders seit der Euro-Krise angesteuert werde. Auch dieser Aspekt, sagt er, sei eine Ursache des spürbaren Wohnmangels. "Neben den Eigennutzern investieren seither auch immer mehr Kapitalanleger." Als Maßnahmen eignen sich laut Kippes Umwandlungen und Umstrukturierungen: Gewerbeflächen in Wohnflächen, Gewerbeimmobilien in Wohnimmobilien - und das trotz struktureller Herausforderungen. Als sinnvoll erachtet er auch, mehr Wert auf Nachverdichtung zu legen. "In vielen Fällen würde es schon sehr helfen, wenn ein Stockwerk höher gebaut wird."

Wohnen im Landkreis: SZ-Grafik

SZ-Grafik

Die Schuld einzig und allein auf staatliche Seite zu schieben, sei aber auch nicht die Lösung. Der Vertreter des Immobilienverbandes sieht auch die Firmen in der Pflicht: "Gerade größere Unternehmen müssen sich um Wohnraum für ihre Arbeitnehmer kümmern", fordert Kippes. Das sei in doppelter Hinsicht eine "Investition in die Zukunft", sagt er.

Mithilfe einer interaktiven Deutschlandkarte lassen sich die Daten des Postbank-Wohnatlas je nach Milieu und Region einsehen. Im Landkreis Dachau zahlt demnach eine Familie mit Durchschnittvermögen und Kind 409 000 Euro für ein 130 Quadratmeter großes Einfamilienhaus. Der Kaufpreis je Quadratmeter beträgt leicht über 3100 Euro. Die Studie wurde im Februar 2015 vom Wirtschaftsforschungsinstitut Prognose durchgeführt.

Christine Gossner vom Verein Haus & Grund Stadt und Landkreis Dachau geht davon aus, dass sowohl die Kaufpreise als auch die Wertsteigerungen auf dem Immobilienmarkt in naher Zukunft das hohe Niveau halten werden. "Das hängt natürlich auch von der Zinslage ab", sagt sie. Die Flüchtlingssituation werde die Wohnungssuche auf lange Sicht auch nicht gerade vereinfachen. Vermeintlich billigere Immobilien, so Stephan Kippes, ließen sich im Dachauer Umland finden. "In diesem Fall muss man aber auch die anfälligen PKW- und Buskosten berücksichtigen."

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