Es ist ja eigentlich ein ungünstiger Zeitpunkt. Die Schüler der zehnten Klassen an der Theresia-Gerhardinger-Realschule müssen lernen und sich auf ihre Abschlussprüfungen vorbereiten. Da hat man keine Zeit, um ins Kino zu gehen. Und dann auch noch in Berlin!
Geschichtslehrerin Claudia Schmidlehner klingt erfreut, besorgt und aufgeregt zugleich. Am Mittwoch wird sie mit ihrer 10 a und dem Schuldirektor Reiner Hertweck nach Berlin fahren. Im Kino Zoo-Palast werden sie zusammen mit Jugendlichen von 600 weiteren Schulen in Deutschland eine besondere Vorführung des Films "Elser - Er hätte die Welt verändert" sehen. Nicht nur die Filmcrew wird danach auf die Bühne vor das junge Publikum treten, sondern auch Bundespräsident Joachim Gauck. Dafür lohnt es sich schon, ein bisschen vor- oder nachzulernen, um die Unterrichtsstunden wieder aufzuholen.
Der Filmverleih hat diese besondere Veranstaltung organisiert. Die Weichser dürften die Schüler mit dem weitesten Anfahrtsweg sein. Dass sie eingeladen wurden, ist einer Schülerin zu verdanken, deren Onkel bei einer der ausführenden Firmen des Films arbeitet. "Georg Elser ist ja eigentlich Schulstoff der neunten Klasse", sagt Claudia Schmidlehner. Den Widerstand gegen die Nationalsozialisten hat sie die Schüler in Referaten aufarbeiten lassen. Die KZ-Gedenkstätte Dachau haben ihre Schüler ebenfalls bereits in der neunten Klasse besucht. "Ein bisschen auffrischen muss man das Wissen vielleicht schon", sagt die Lehrerin. Aber das wird der eindrückliche Film vermutlich zur Genüge tun.
In der Diskussionsrunde nach dem Film soll Bundespräsident Gauck mit Regisseur Oliver Hirschbiegel, den beiden Hauptdarstellern Christian Friedel und Katharina Schüttler, sowie dem Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Johannes Tuchel über das Thema "Widerstand im Nationalsozialismus" diskutieren. Moderieren wird der Drehbuchautor Fred Breinersdorfer. Er hat sechs Jahre lang für das Drehbuch zu "Elser", das er mit seiner Tochter Léonie-Claire gemeinsam geschrieben hat, recherchiert. Zuvor hat Breinersdorfer bereits das Drehbuch zum Film "Sophie Scholl - Die letzten Tage" verfasst. Auch Hirschbiegel befasst sich nicht zum ersten Mal filmisch mit der NS-Zeit. Er drehte vor elf Jahren den Film "Der Untergang" mit Bruno Ganz als Hitler, der die letzten Tage der Nazi-Führungsriege im Führer-Bunker zeigt.
Die Weichser Realschüler erwartet also ziemlich viel Bildung in Berlin. Wenn auch vermutlich nicht jene, die sie für ihre Prüfungen brauchen. Ihre Lehrerin sorgt aber dafür, dass die Schüler nicht nur ins Kino gehen. Schmidlehner hat schon mit der Büroleitung von Gerda Hasselfeldt, der CSU-Bundestagsabgeordneten für den Wahlkreis Dachau-Fürstenfeldbruck telefoniert. "Wenn die Schüler schon in Berlin sind, sollen sie auch den Bundestag sehen", sagt Schmidlehner. In einem Tag kann man ohnehin nicht von Weichs nach Berlin und zurückfahren. Es wird also eine kleine Klassenfahrt mit Übernachtung. Bahnhof Zoo und Bundestag - klassischer kann eine Berlin-Reise nicht sein. Ein bisschen bedröppelt dürften nur die Schüler der anderen drei zehnten Klassen b bis d sein: Die müssen währenddessen ganz normal weiter lernen. Oder in Dachau ins Kino gehen: Da läuft "Fast&Furious 7".