Volksfest Dachau:Prost, Carabinieri

Die Stadt Dachau hat zum Seniorentag auf dem Volksfest Pensionisten und Rentner aus Fondi eingeladen.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Der alljährliche Seniorentag auf dem Dachauer Volksfest verspricht eine Mass Bier und zwei Paar Wiener für 8500 Dachauer, die älter als 65 Jahre alt sind. Die Einladung der Stadt Dachau hat eine Tradition, die weitaus älter ist als ihre Partnerschaft mit der italienischen Stadt Fondi. Seit ihrem Beginn vor 18 Jahren werden jedes Jahr auch Senioren von dort nach Dachau eingeladen. So sind in diesem Jahr vier ehemalige Carabinieri mit ihren Frauen nach Dachau gekommen, darunter ein einstmaliger Marschall mit dem wohlklingenden Namen Benedetto Barlone. Der 72-Jährige hat sich rasch akklimatisiert. Eine Mass Festbier vor sich stehend, sagt er: "Ich musste elf Jahre warten, bis ich endlich in Pension war und hier herkommen durfte." Die Menschen in Tracht, speziell die Frauen im Dirndl, "sind ganz wundervoll", findet er, und seine Frau Annaflora nickt. Das Ehepaar könnte sich vorstellen, beim nächsten Besuch selbst in eine Tracht zu schlüpfen. "Ich finde es großartig, wie sehr die Menschen hier ihre Heimat lieben", sagt Barlone.

Das große Bierzelt ist am Dienstagvormittag prall gefüllt. Schon um halb zehn Uhr vormittags, so erzählt Volksfestreferent Robert Gasteiger, standen die Senioren bis zum Zelteingang Schlange, um sich ihre Brotzeit abzuholen. Die Italiener haben sich wie viele andere Senioren aber ein Plätzchen im Zelt gesichert. In diesem Jahr sind es Mitglieder der Nationalen Vereinigung der Carabinieri, die aus Altersgründen ihren Dienst bereits niedergelegt haben. Grob gesagt entspricht der Carabinieri dem deutschen Polizisten, wobei er nicht dem Innenministerium, sondern dem italienischen Verteidigungsministerium unterstellt ist. Carabinieri gewesen zu sein, ist offenbar eine große Ehre. Mit Stolz setzen die vier Pensionisten ein Barett auf, bevor ihnen die fremde Kulinarik serviert wird. Die Würde der Uniform möchte man den altgedienten Carabinieri nach italienischer Tradition nicht nehmen. Die Flamme, die das Barett ziert, brennt in den Herzen weiter. Carabinieri ist man auf Lebenszeit, so soll die Botschaft lauten.

Der Karlsfelder See macht Eindruck

In Fondi, das etwa 120 Kilometer südöstlich von Rom liegt, betätigen sich die ehemaligen Carabinieri als Schulweghelfer. Sie bringen die Bambini sicher zur Schule und wieder nach Hause, wenn ihre Eltern keine Zeit haben. Die Reise nach Dachau ist als eine Art Dankeschön zu verstehen - und als Beitrag zur deutsch-italienischen Völkerverständigung. Zum Programm zählen ein Gedenkstättenbesuch, Stadtführungen in Dachau und München wie auch ein Abstecher zum Karlsfelder See. Letzterer hat bei den Italienern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, wie sie gestehen. Ihr See in Fondi ist ein Naturschutzgebiet, das nicht öffentlich zugänglich ist. Hier aber verhalten sich die Menschen so, als machten sie Urlaub am Meer, wundern sich die Gäste.

Der 67-jährige Paolo di Manno macht schließlich einen interessanten Vorschlag. "Die Carabinieri aus Fondi könnten sich mit der Dachauer Polizei austauschen", sagt er. Sie könnten gemeinsame Übungen abhalten, das hiesige Polizeirevier besichtigen und die Dachauer Beamten ein wenig unterstützen. Carabinieri auf Patrouille auf dem Dachauer Volksfest - warum eigentlich nicht?

Topfit mit 99 Jahren

Sechs Senioren aus der österreichischen Stadt Klagenfurt sind ebenfalls der Einladung der Stadt Dachau gefolgt, auch das ist Tradition. Wie die Italiener bekommen sie Unterkunft und Verpflegung von der Stadt bezahlt. "Es ist das Typische, was man in Deutschland immer sieht", schildert der 81-jährige Matthias Kuess seine ersten Eindrücke vom Volksfest. "Großartig."

Die Dachauerin Elisabeth Rahner sitzt nur wenige Tische weiter. Mit 99 Jahren ist sie noch topfit und stemmt locker ihre Mass Bier. Sie hat vier Kinder, sechs Enkel und elf Ur-Enkel. "Das hält mich fit", sagt sie.

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