Vierkirchen:Kandidaten im Wir-Gefühl

Vierkirchens Bürgermeister Heinz Eichinger scheidet nach 18 Jahren aus - die Bewerber um seine Nachfolge sind sich in allen wesentlichen Fragen einig.

Von Benjamin Emonts

Vierkirchen: Im Vierkirchener Gewerbegebiet haben sich mehrere große Unternehmen angesiedelt, etwa Andritz KMPT.

Im Vierkirchener Gewerbegebiet haben sich mehrere große Unternehmen angesiedelt, etwa Andritz KMPT.

(Foto: DAH)

Vierkirchen ist mit 4500 Einwohnern die fünftkleinste Gemeinde des Landkreises. Trotzdem steht Vierkirchen was die Finanz- und Wirtschaftskraft angeht "gut da", wie Heinz Eichinger (SPD) bescheiden sagt. In der Tat hinterlässt der nach 18 Jahren aus dem Amt scheidende Bürgermeister ein bestens gepflegtes und reich bepflanztes Beet. Ob Wolfgang Herzberg (CSU) oder Harald Dirlenbach (SPD): Für den neuen Bürgermeister wird es in Zukunft darum gehen, das Beet behutsam zu hegen und gewissenhaft zu erweitern.

Das gilt besondere für das Gewerbegebiet im Vierkirchner Ortsteil Pasenbach, das Jahr für Jahr reichlich Gewerbesteuereinnahmen beschert. Den Vierkirchnern ist es über die Jahre gelungen, in dem wachsenden Gewerbegebiet etliche größere Betriebe wie etwa Krauss Maffei anzusiedeln und auch dort zu halten. Wahnsinnig viel Arbeit sei das, man müsse den großen Betrieben permanent "Honig ums Maul schmieren", wie es Eichinger formuliert. Und anscheinend macht die Gemeinde das richtig:Die Plätze im Gewerbegebiet sind so gefragt, dass Bewerber sogar abgewiesen werden mussten. Deshalb soll das Gewerbegebiet nun gen Süden wieder um ein Stück wachsen. Der künftige Gemeinderat wird also die bereits vorliegenden Pläne entsprechend umsetzen müssen.

Wobei die Erweiterung des Gewerbegebiets längst nicht die einzige Herausforderung ist. Der Siedlungsdruck, der von der Metropolregion München ausgeht, erfordert neuen Wohnraum und einen Ausbau der Infrastruktur. Herzberg und Dirlenbach sind sich darin einig, das notwendige Wachstum solle moderat vonstatten gehen. "Darauf wurde und wird ein Argus-Auge gelegt", sagt Eichinger. Um dem Zuzug auch künftig gerecht zu werden, ist bereits ein neues Wohnbaugebiet mit 90 bis 100 Baugrundstücken in Pasenbach angedacht. Auch hier können sich die Bürgermeisterkandidaten gleichermaßen vorstellen, dass auf der ausgewiesenen Fläche auch Sozialwohnungen entstehen könnten. In jedem Fall, sagt Herzberg, müsse die Gemeinde - "auch in Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugesellschaft Dachau" - günstigen Wohnraum schaffen, "insbesondere für junge Familien, Alleinerziehende und Senioren". Dem steigenden Verkehrsaufkommen möchte Herzberg beikommen, indem er gemeinsam mit den anderen Gemeinden und dem Landkreis "sinnvolle Konzepte" erstellt. Ganz oben auf der Agenda: Der Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes. Schließlich führt der Zuzug auch dazu, dass zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten für junge Menschen geschaffen werden müssen. Herzberg kündigt an, Geld dafür in die Hand nehmen zu wollen, sofern er denn gewählt wird. Konkret schwebt dem 50-Jährigen eine Kombination aus Kindergarten und Kinderkrippe in einem Gebäude vor. Projekte, die Geld kosten. Ebenso wie der geplante barrierefreie Ausbau des Rathauses und der Neubau eines Jugendzentrums. Und nicht zu vergessen, dass auf Vierkirchen kostspielige Straßen- und Kanalsanierungen zukommen. "Die werden uns die nächsten Jahre beschäftigen. Das Ziel muss auch sein, die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger trotz des hohen Investitionsaufwands möglichst gering zu halten", sagt Dirlenbach. Dass Vierkirchen so finanzstark ist, bringe gleichzeitig den größten Nachteil: "Wir erhalten keine Schlüsselzuweisung vom Staat, sondern müssen hohe Beträge als Umlage abführen. So bleibt uns oftmals ein wesentlich geringerer Betrag für Investitionen übrig als finanzschwächeren Gemeinden", erklärt Dirlenbach.

Wer auch immer der neue Bürgermeister wird, er bekommt in der florierenden Gemeinde alle Hände voll zu tun. Wobei sich viele der Pläne und Ziele der beiden Bürgermeisterkandidaten ohnehin gleichen oder ähneln. Auch deshalb ist Noch-Bürgermeister Eichinger überhaupt nicht "Angst und Bange", wie er sagt. "Beide haben sich bewiesen. Sie sind immer loyal gewesen". Als der Bürgermeister aufgrund gesundheitlicher Probleme für neun Monate ausfiel, hatte Dirlenbach ihn bereits erfolgreich vertreten - wie es sich anfühlt, an vorderster Front zu stehen, weiß er also.

Sein Gegenspieler Herzberg absolviert indes seit sechs Wochen Hausbesuche in der Gemeinde. "Überwiegend bekomme ich eine sehr positive Resonanz. Es ist schwer einzuschätzen, wie sich das auf meine Erfolgschancen auswirkt. Ich denke, dass es in jedem Fall ein knappes Ergebnis geben wird." Das denken Dirlenbach und sein Parteifreund Eichinger auch.

Der Wahlsieger, so viel steht fest, wird eine besondere Gemeinde übernehmen. "Die größte Stärke Vierkirchens liegt im Zusammenhalt, in der Identifikation der Bürger mit der Gemeinde", sagt Dirlenbach. In der Tat existiert im Ort eine außergewöhnlich hohe Bereitschaft, durch ehrenamtliches Engagement die Lebensqualität zu steigern. Projekte wie das Naturbad wurden in der Vergangenheit durch ehrenamtliche Arbeit realisiert, die Gemeinde musste weniger zahlen. Ein "Wir-Gefühl", von dem nicht nur die Gemeinde profitiert, sondern auch die Neubürger, sofern sie das möchten.

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