Viele verstecken ihre Armut:Karlsfeld unterstützt Aktion für Hilfsbedürftige

Malteser

Es sind nicht nur die Mahlzeiten. Die Malteser-Mitarbeiter schenken auch menschliche Zuwendung.

(Foto: Malteser/oh)

Die Malteser bringen armen Senioren Mahlzeiten ins Haus - aber die Notleidenden müssen erst gefunden werden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Abgemagerte Senioren, die sich eine Woche lang nur von Kartoffeln ernähren, oder solche, die auf den Straßen und Plätzen achtlos weggeworfene Flaschen einsammeln müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen - das ist nicht selten. Doch die meisten, die sich so durchs Leben schlagen müssen, nachdem sie ein ganzes Leben lang gearbeitet haben und immer allein zurecht gekommen sind, schämen sich. Und so ist die Altersarmut für Außenstehende kaum mehr sichtbar. Die meisten lehnen auch Hilfe von außen ab. Diese Erfahrung haben die Malteser schon oft gemacht. Seit 2009 bieten sie kostenlose warme Mahlzeiten für bedürftige Senioren an, die nicht mehr einkaufen gehen können oder mit dem Kochen so ihre Schwierigkeiten haben. Auch Kranke und Behinderte werden auf diese Weise unterstützt, so Julia Krill, Pressereferentin der Malteser unter anderem für den Landkreis Dachau.

132 Bedürftige in München und den Landkreisen München, Bad Tölz-Wolfratshausen, Starnberg und Dachau werden derzeit mit einer kostenlose Mahlzeit von den Maltesern beliefert. Doch die Helfer wissen, dass sie längst nicht alle, die es nötig hätten, erreichen. Deshalb haben sie sich jetzt an die Gemeinden gewandt, in der Hoffnung, auf diese Weise mehr Leute ansprechen zu können. Karlsfeld ist die erste Gemeinde, die ihre Hilfe bei der Suche nach Bedürftigen zugesagt hat.

Ein kleines weißes Auto bringt das Essen

"Dank unserer zahlreichen sozialen Einrichtungen und vielen ehrenamtlichen Organisationen werden wir sicherlich einige Karlsfelder mit diesem großartigen Projekt unterstützen können", sagt Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) voller Enthusiasmus. Die Gemeinde hat bereits alle angeschrieben: Seniorenbeirat, VdK, Awo und auch die Nachbarschaftshilfe. Die Ehrenamtlichen haben bereits zugesagt, dass sie ihre Fühler ausstrecken werden - natürlich ganz diskret. Gerda Sackmann, die Vorsitzende des VdK, ist sich sicher, dass man Hilfsbedürftige findet. Momentan, sagt sie, weiß sie zwar niemanden, aber bei ihren Sozialberatungen habe sie schon öfter welche gehabt, die vermutlich dankbar gewesen wären, wenn sie ihnen eine warme Mahlzeit hätte vermitteln können. "Das ist eine gute Sache", da sind sich die Helfer einig. Und Krill sichert zu, dass "alles ganz diskret" abläuft und ohne bürokratische Hürden. Es kommt ein kleines weißes Auto der Malteser, das Essen bringt, wie bei jedem anderen, der dafür zahlt.

Finanziert werden die "Mahlzeiten-Patenschaften", wie die Malteser das Projekt nennen, von anonymen Spendern und öffentlichen Zuschüssen. Den Bedürftigen stehen 70 Gerichte zur Auswahl. Zwischen 7 und 12 Uhr wird das Bestellte geliefert. Es ist tiefgekühlt und kann vom Kunden jederzeit aufgewärmt werden. Bis zu 250 Essen fahren die Malteser täglich aus. Die Zielgruppe des Projekts sind vor allem die über 75-Jährigen oder auch jüngere, die krank oder behindert sind. Wichtig ist, dass sie entweder Sozialhilfe oder Grundsicherung beziehen.

Außerdem werden auch Leute bedient, die nach Abzug der Miete weniger als 550 Euro monatlich zum Leben haben. "Auf diese Weise wollen wir Menschen erwischen, die finanziell knapp über dem Sozialhilfeniveau liegen, aber auch Hilfe nötig haben", sagt Krill. Die Patenschaft läuft ein Jahr. Doch niemand müsse Angst haben, dass er danach im Regen stehen gelassen werde, versichert die Pressereferentin. Die zeitliche Begrenzung habe steuerliche Gründe. Es gebe auch keine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl an Hilfsbedürftigen, die unterstützt werden. "Jedes Schicksal ist uns wichtig. Es ist ein Riesengewinn, wenn was weitergeht", sagt Krill. "Wenn es mehr sind, haben wir kein Problem damit." Sie fürchtet eher, dass viele der über 75-Jährigen zu bescheiden sind, Hilfe anzunehmen. "Viele haben den Krieg erlebt, kennen den Hunger und wissen auch, dass es mit wenig geht."

Die "Mahlzeiten-Patenschaften" sollen übrigens keine Konkurrenz zu Tafel oder Nachbarschaftshilfe sein, sondern eher eine Ergänzung. "Viele Bedürftige, die zur Tafel gehen, schaffen es irgendwann nicht mehr, die Sachen, die sie dort bekommen, nach Hause zu schleppen", erklärt Krill. In diesen Fällen wäre das warme Essen der Malteser eine echte Erleichterung. Diejenigen, die sich doch dazu durchgerungen haben, das Essen anzunehmen, seien meist froh, dass sie sich nun auch manchmal einen Kaffee leisten können oder andere persönliche Dinge. "Es eröffnet einen Freiraum", wirbt Krill.

Auch Dachau und Vierkirchen haben den Maltesern bereits zugesichert, das Angebot weiterzutragen.

Anträge für eine Mahlzeitenpatenschaft kann jeder bei der Bezirksgeschäftsstelle des Malteser Hilfsdienstes in Gräfelfing (Bahnhofstraße 2a) unter Telefon 089/858080-0 oder per E-Mail unter mahlzeitenpatenschaften.graefelfing@malteser.org stellen. Mitarbeiter helfen auch gerne dabei. Außerdem berät die Organisation auch Spender, die eine Patenschaft übernehmen wollen.

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