Vertreter aller Parteien sind empört:Wahlkampfthema Sachbeschädigung

SPD bewertet Schmierereien auf den Plakaten ihres Bundestagskandidaten als zielgerichtete rechtsradikale Aktion. Grüne warnen vor voreiligen Schlüssen. Für den Staatsschutz haben die Vorfälle keinen politischen Hintergrund

Von Gerhard Eisenkolb, Dachau

Parteien und Wahlkämpfer sind es gewohnt, dass regelmäßig Plakate beschädigt werden. Wurden die Schmierereien in früheren Bundestagswahlkämpfen vor allem Rowdys zugeordnet, sieht das die SPD seit einigen Tagen anders. Vor allem seit in Gröbenzell im Landkreis Fürstenfeldbruck eine größere Zahl der Plakate mit dem Kopf des Dachauer und Brucker SPD-Bundestagsdirektkandidaten Michael Schrodi mit schwarzer Farbe systematisch verunanstaltet wurden, spricht SPD-Gemeinderat Peter Falk von einer "zielgerichteten rechtsradikalen Aktion". Falk geht sogar so weit, die Beschädigungen dem Umkreis der "Identitären Bewegung" zuzuordnen. Zweimal hat die SPD bereits Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet. Seither ermittelt die Polizei.

Falk begründet seine Zuordnung mit der Art, wie das Gesicht des SPD-Kandidaten verunstaltet wird. Schrodi werde als Moslem dargestellt, es fehle nur noch das Krummschwert. Die dem Rechtsextremismus zugeordneten Identitären hetzen gegen den Islam als eine angebliche Gefährdung der europäischen Kultur. Falk stellt einen Zusammenhang zu anderen gemeinschädlichen rechtsextremistischen Sachbeschädigungen in Gröbenzell her. So verunstalte eine gemeindliche Anschlagtafel die Schrift: Lügenpresse? Nein Danke!" Zudem wurde auf den Schmierereien wiederholt die Adresse eines rechtspopulistischen Blogs angegeben. Schrodi spricht von einem "politisch motivierten Vandalismus", der der Demokratie schade, die vom Wettbewerb der Ideen und Personen lebe.

Vertreter aller Parteien sind empört: Der Bundestagskandidat empört sich über die rechtsmotivierten Schmierereien auf seinen Wahlplakaten im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Der Bundestagskandidat empört sich über die rechtsmotivierten Schmierereien auf seinen Wahlplakaten im Landkreis Fürstenfeldbruck.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Unterschied zu den Betroffenen verbindet die Staatsschutzabteilung der Brucker Kripo mit der Beschädigung der Plakate keine staatsfeindlichen oder politischen Aktivitäten Rechter. Bei den unbekannten Tätern dürfte es sich um keine Identitären handeln, heißt es. Weshalb die Ermittlungen nicht vom für größere Fälle zuständigen Staatsschutz, sondern den zuständigen Polizeiinspektionen geführt werden. Was Schrodi als Verharmlosung rechter Taten und der neurechten Szene kritisiert. Ähnlich wie der Staatsschutz beurteilt der Gröbenzeller Inspektionsleiter Karl-Heinz Pangerl die Angelegenheit. Wobei Pangerl sein Urteil als private Meinung bezeichnet. Laut Pangerl kann es sich auch um einen schlechte Scherz handeln. Der Inspektionsleiter bittet um Hinweise, sonst seien solche Straftaten nicht aufzuklären.

"Ich habe befürchtet, dass es in diesem Wahlkampf schlimmer wird", meint Beate Walter-Rosenheimer, Bundestagsabgeordnete der Grünen für den Wahlkreis Dachau und Bruck. Es würden heute schneller Grenzen überschritten. Das macht ihr Angst. Walter-Rosenheimer geht nicht so weit, die Aktionen Rechtsextremen zuzuordnen. "Man sollte nicht zu schnell Schlüsse ziehen", sagt sie. Schließlich könnte auch "Wut auf Politiker" der Grund für die Sachbeschädigungen sein. Laut Jan Halbauer vom Kreisvorstand der Grünen rechnet seine Partei in jedem Wahlkampf mit einem Schwund von 15 bis 20 Prozent der Plakate. Nur in einem Bruchteil der Fälle sei Zerstörungswut die Ursache. Dass die SPD das Hauptziel der Schmierereien ist, führt Halbauer auf deren forcierten Plakat-Wahlkampf zurück. Würden die Grünen in gleicher Weise plakatieren, wären auch sie stärker betroffen, sagt er.

SPD Parteitag

Der Sozialdemokrat Michael Schrodi auf Wahlkampftour im Landkreis Dachau.

(Foto: Niels P. Jörgensen)

Falk hat eine andere Erklärung. Er verweist darauf, dass sich Schrodi besonders in Gröbenzell sei Jahren für die Bekämpfung rechtsextremistischer Hetze eingesetzt habe. Zudem sei die SPD zur Zielscheibe antidemokratischer Agitatoren aus dem rechten Spektrum geworden, weil sie für ein soziales, demokratisches Europa stehe. Noch als Präsident des Europaparlaments habe SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zudem Rechtspopulisten mehrmals in ihre Schranken verwiesen. Die Gröbenzeller Polizei bestreitet im Unterschied zur SPD die Existenz einer rechten Szene in der Gemeinde. Laut dem Inspektionsleiter gibt es zwar einige Gröbenzeller mit rechtem Gedankengut. Diese träten jedoch nur in München in Erscheinung.

CSU-Plakate sind bisher kaum betroffen. CSU-Bundestagskandidatin Katrin Staffler spricht von einem unmöglichen, demokratiefeindlichen Verhalten und meint, man könnte auf rechtsradikale Täter schließen. Einig ist sich Staffler mit SPD und Grünen, dass Plakate zur Mobilisierung der Wähler sehr wichtig seien.

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