Polizist wegen Kinderpornos verurteilt:"Nicht willentlich angeklickt"

Er hatte 450 kinderpornografische Dateien auf seinem Rechner - trotzdem darf ein Polizist aus Dachau im Dienst bleiben: Die Verwaltungsrichter haben die Suspendierung aufgehoben.

Andreas Salch

Ein Polizeiobermeister aus Dachau darf trotz einer Verurteilung wegen Besitzes kinderpornografischer Bilder im Dienst bleiben. Im Zuge einer vom Landeskriminalamt Berlin durchgeführten Aktion mit dem Namen "Operation Himmel" hatten Fahnder auf seinem privaten PC 405 Bilddateien gefunden, die den sexuellen Missbrauch an fünf- bis zwölfjährigen Mädchen sowie an einem 18 Monate alten Jungen zeigen.

Das Amtsgericht hatten dem 31-jährigen Polizisten, der beim Polizeipräsidium München Dienst tut, deshalb einen Strafbefehl in Höhe von 6000 Euro zugestellt, den er auch akzeptierte. Somit kam es zu keiner öffentlichen Hauptverhandlung. Disziplinarrechtlich hatte die Sache für den 31-Jährigen noch gravierendere Folgen: Das Verwaltungsgericht München ordnete seine "Entfernung aus dem Beamtenverhältnis" an.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, wo der Polizist am Mittwoch Berufung einlegte, hob diese Entscheidung aus der ersten Instanz jedoch auf. Grund: Es sei nicht zu klären, so das Gericht, ob der Beamte die kinderpornografischen Dateien "willentlich" angeklickt habe. Die Richter des Senats für Disziplinarsachen folgten damit den Ausführungen eines Sachverständigen. Dieser hatte erklärt, man könne nicht feststellen, welche Bilder bewusst angeklickt worden seien. Es könne durchaus sein, dass man eine Seite im Internet mit pornografischen Bildern anklicke und sich gleichzeitig weitere Seiten öffnen, ohne diese angeklickt zu haben.

"Normale Pornografie gesucht"

Genau auf diese Möglichkeit berief sich der Beamte in der Verhandlung. Über seine Anwältin ließ er einräumen, dass er im Internet "normale Pornografie gesucht" habe. Beim Surfen hätten sich eben jedoch auch "kinderpornografische Bilder geöffnet," sagte der Polizeiobermeister mit zitternder Stimme. Sobald er eine der einschlägigen Seiten geschlossen habe, hätten sich neue geöffnet. Er habe keine Kontrolle mehr gehabt. Es sei ein regelrechter "Wirrwarr an Seiten" auf seinem Computer gewesen. Nach den Worten des Sachverständigen seien auf dem PC des Polizeiobermeisters eine Vielzahl "regulär-pornografischer Bilder" gefunden worden. "Bei 10.000 haben wir aufgehört zu zählen", sagte der Sachverständige.

Der Vertreter des Polizeipräsidiums München forderte, die Klage des Polizeiobermeisters auf Wiederherstellung seines Status als Beamter zurückzuweisen. Es mache keinen Sinn einen Strafbefehl des Amtsgerichts zu akzeptieren, wenn man sich nichts vorzuwerfen habe. Und warum habe der Polizeiobermeister in der heutigen Verhandlung zunächst eine Degradierung als Disziplinarmaßnahme angestrebt. Außerdem habe er im November 2008 in einem Schreiben, das sein damaliger Anwalt verfasst habe, eingeräumt, dass er sich "schämt".

Die Akzeptanz des Strafbefehls besitze keinerlei "Indizwirkung", stellte das Gericht fest. Und das Schreiben des Anwalts habe der Polizeimeister nicht persönlich unterschrieben. Die Behauptung, ungewollt in den Besitz der kinderpornografischen Bilder gelangt zu sein, könne nicht widerlegt werden, urteilten die Richter. Deshalb sei in dubio pro reo, also im Zweifel für den Angeklagten, zu entscheiden.Andreas Salch

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