Unterwegs in Tansania:Hilfe ohne Umwege

Romana Schmid und Florian Scharf haben Spenden für das Wasso-Krankenhaus in Tansania gesammelt. Jetzt haben sie dort nachgesehen, was mit dem Geld passiert ist. Die beiden kehren begeistert aus Afrika zurück.

Von Pia Lehnfeld

Tansania Hilfe

Endlich einen Krankentransporter für Wasso: Chefarzt Thomas Brei (von links) sowie Florian Scharf und Ramona Schmid, die Spenden sammelten.

(Foto: privat)

"So langsam gewöhnen wir uns wieder an die Temperaturen in Deutschland", sagen Romana Schmid und Florian Scharf. Am Nikolaustag kamen die beiden von ihrer fünfwöchigen Mission aus Tansania zurück, wo sie bereits zum zweiten Mal im Wasso-Hospital ihren gemeinsamen Freund Thomas Brei, Pfarrer und Arzt, unterstützten, der den dort lebenden Menschen in Not hilft. In Tansania gibt es kein funktionierendes Gesundheitssystem, Wasso ist gut zwei Stunden von der nächst größeren Stadt entfernt. "Im Umkreis von 200 Kilometern gibt es gar nichts", erzählen die Dachauer. Die Menschen, die dort leben, sind fast ausschließlich Massai. Ohne das Wasso-Hospital gäbe es für sie keine einzige Anlaufstation, wenn sie krank oder verletzt sind.

Ziemlich genau vor einem Jahr waren die Polizeihauptmeisterin und der Rettungsassistent das erste Mal in Tansania und packten im Krankenhaus ordentlich mit an. Zurück in Deutschland, stieß ihr Einsatz auf so positive Resonanz, dass ihr Freund Max-Peter Lernbecher von der Oberen Apotheke kurzerhand Spendendosen in seiner Apotheke für das Wasso-Hospital aufstellte. Die Spenden kann das Krankenhaus auch gut gebrauchen. Aus westlicher Sicht ist dort vieles unvorstellbar. Fließendes Wasser oder Strom sind keine Selbstverständlichkeit, vieles ist improvisiert.

Mit ihrer zweiten Reise in das entlegene Krankenhaus im Norden des afrikanischen Staates wollten die beiden an Ort und Stelle prüfen, was mit den Spendengeldern geschehen ist. "Das ist uns sehr wichtig. Die Menschen sollen sehen, dass das Geld direkt ankommt, gerade, wo dort so viel Schindluder getrieben wird." . Von den Spenden kaufte Thomas Brei nach Angaben der beiden Helfer einen Jeep, der von den Klinikmitarbeitern zum Ambulanzwagen umgebaut wurde. Aus einem alten Krankenhausbett wurde eine Trage zusammengeschweißt. Stundenlang haben sie an der Inneneinrichtung gefeilt. "Die sind auf den Schrottplatz gegangen und haben geguckt, was es so gibt", erzählt Florian Scharf. Quasi "aus dem Nichts" entstand ein funktionstüchtiger Krankenwagen mit der notwendigen medizinischen Ausstattung. "Das ist ein totales Novum", sagen sie.

Bisher gab es im ganzen Distrikt nur zwei Rettungswagen, die den Namen jedoch gar nicht verdienen, da sie lediglich über einen Fahrer, nicht aber über die notwendige medizinische Versorgung - ja nicht einmal über eine Trage - verfügen. Hinzu kommt, dass die Fahrer meist über den Transportpreis feilschen. Mit dem Wasso-Ambulanzwagen steht nun ein fester Preis fest, der sich aus den gefahrenen Kilometern berechnet und direkt über die Klinik abgerechnet wird. "Keine Verhandlungssache mehr", sagen sie. Über eine mobile Notrufnummer ist der Notdienst zudem 24 Stunden erreichbar. In einer Gegend, in der es keinerlei Struktur und keine Notfallhilfe gibt, ist das eine Sensation.

Ein Rettungswagen allein hilft jedoch nicht viel, wenn kein Sanitäter an Bord ist. Deshalb bildeten Ramona Schmid und Florian Scharf, die beide schon lange im Notfalldienst tätig sind, die Klinikmitarbeiter in Basisnotfallhilfe und Geburtshilfe aus. "Das war richtiges Neuland für die", sagt Florian Scharf. Um auf das Projekt aufmerksam zu machen, bastelten sie Plakate und hingen diese unter anderem in einer Schule auf. Zusätzlich heuerten sie den Marktschreier an, das Unternehmen lauthals zu verkünden. Der Marktschreier ist die wichtigste Informationsquelle für die Menschen, erzählen sie. Internet, Fernsehen, das gibt es ja alles nicht.

Der erste Patient des Notfalldienstes war ein etwa zehn Jahre alter Junge, der seit einer Hirnhautentzündung behindert ist. Der Junge hatte einen Blasenkatheter und eine Magensonde, er war bewusstlos und nicht mehr ansprechbar. Weil er unter schlimmen Krämpfen litt, kam sein Bruder zu Fuß in die Klinik und bat um Hilfe. Mit dem Ambulanzwagen wurde der junge Patient in seinem Dorf abgeholt, ins Krankenhaus gebracht und dort behandelt.

Mithilfe der Spenden konnte auch das Kinderhaus renoviert werden, das längst brüchig und unzumutbar war. Das fünfzig Jahre alte Dach war undicht, es regnete rein und die Wände hatten tiefe Risse. Inzwischen wurden das Dach erneuert und die Wände gestrichen. "Es schaut toll aus", sagt Ramona Schmid.

Die Aufenthalte in dem ostafrikanischen Land haben Ramona Schmid und Florian Scharf verändert. "Man wird viel geerdeter und überlegt, was ist wirklich wichtig und was ist vielleicht nur halbwichtig", sagt Florian Scharf. Tansania lässt die beiden nicht mehr los. "Mit dem Kopf sind wir immer dort", sagen sie. Viele Freunde haben sie dort gefunden, mit denen sie im regen Kontakt sind. Inzwischen haben sie erfahren, dass wieder zwei Krankentransporte stattgefunden haben: "Das zeigt uns, das wird angenommen." Darüber freuen sie sich, auch wenn sie wissen, dass es sicher noch einige Zeit dauert, bis sich der Notfalldienst etabliert hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: