Umweltskandal:Rätselhafte Müllkippe

Bereits vor vielen Jahren scheint ein Unternehmen ein brachliegendes Grundstück der Stadtwerke zur illegalen Abfallentsorgung missbraucht zu haben. Unklar ist, wie gefährlich der Müll ist und wer die Entsorgung zahlen muss

Von Christiane Bracht, Olching/Dachau

Es gibt Recherchen, die enden sehr überraschend. Zurück bleiben viele Fragen. So ist es wohl auch im Fall der illegalen Abfallentsorgung von Geiselbullach. Anfang Juni war einem Spaziergänger nahe der Amper der gigantische Umweltfrevel aufgefallen. Auf einem Grundstück der Stadtwerke Dachau unweit der Müllverbrennungsanlage hatte jemand auf mehr als 2000 Quadratmetern eine etwa 30 Zentimeter dicke Schicht geschredderten Plastikmüll verteilt, durchsetzt mit alten Autoteilen, Metallschrott, Haushaltsgegenständen, sogar Arzneimittel sollen dabei gewesen sein und Sachen, die für den medizinischen Bedarf gebraucht werden. Die Stadtwerke hatten sofort einen Zeugenaufruf gestartet, in der Hoffnung einen Täter ausfindig zu machen. Doch die Resonanz war dürftig.

Anfangs vermutete man, dass der Umweltsünder im April oder Mai heimlich mehrmals mit Traktor und Anhänger auf das relativ uneinsehbare Areal in den Amperauen gefahren war, um dort im Schutz von Bäumen und Sträuchern seinen Müll loszuwerden. Schon da war man sich sicher, dass es sich um gewerblichen Müll handelte. Denn ein Privatmann kann seinen Abfall nicht so fein schreddern, so die Polizei. "Außerdem passt die Menge nicht zum Privathaushalt." Die Beamten ermittelten in alle Richtungen und kamen schließlich zu dem Schluss: "Das liegt schon länger da als zwei Monate." Auf Nachhaken der Süddeutschen Zeitung hieß es: "Wahrscheinlich schon viele Jahre."

Doch wie kommt die Polizei zu dieser Annahme? "Ein Indiz dafür sind etwa Preisaufkleber an den Plastikverpackungen. Diese sind noch mit D-Mark ausgezeichnet", erklärt der Sprecher des Olchinger Reviers. Die Umstellung auf den Euro erfolgte 2002. Außerdem berichten mehrere Menschen, die inzwischen den Müll dort gesehen haben, dass an einigen Stellen bereits Brennnesseln und andere Wildpflanzen darüber gewachsen sind.

Aber warum hat nicht längst schon jemand den Müll entdeckt? An dem Gelände der Stadtwerke führt immerhin ein Fuß- und Radweg vorbei. "Das Grundstück ist nicht einsehbar", sagt die Polizei. Hohe Bäume und Sträucher schirmen es ab. Sie wirken fast wie eine grüne Wand. Es gibt nur eine kleine Zufahrt, ein Fahrstreifen, der zu dem Grund führt. Nur wer sich dorthinein wagt, kann den Müll sehen, der sich über die ganze Wiese erstreckt. Womöglich hatte es gerade frisch geregnet, als der Spaziergänger vorbeikam, der den Umweltfrevel entdeckte. So war er sicher gut sichtbar, sonst wird er wohl von Dreck bedeckt gewesen sein, mutmaßt die Polizei. Es gebe Alteingesessene, die sagen, dass die Wiese eine Mulde hatte. Ob das stimmt, wird man wohl erst erfahren, wenn der Müll weg ist. Doch einen Termin für den Abtransport gibt es noch nicht.

Das Wasserwirtschaftsamt München drängt auf eine zügige Beseitigung der Abfälle. "Das Grundstück liegt im Überschwemmungsgebiet", erklärt der Behördenleiter Christian Leeb. Er fürchtet, dass Schadstoffe in den Boden, vor allem ins Grundwasser eindringen könnten. "Da sind gefährliche Stoffe drin", sagt er. Und der Abstand zum Grundwasser sei gering. Deshalb will er ein Ingenieurbüro mit dem Abtransport beauftragen. Dass der Müll womöglich schon sehr lange da liegt, scheint er nicht richtig zu glauben.

Im Landratsamt Fürstenfeldbruck wird unterdessen noch geprüft. Wenn die Polizei mit ihrer Annahme Recht hat, wird es schwierig einen Täter zu ermitteln. Das ist wohl jedem klar. Die Konsequenz wird der zu tragen haben, der sich um den Abtransport kümmern muss. Anfangs hieß es, die Kreisbehörde sei für die Müllbeseitigung zuständig. Doch das erscheint nun zweifelhaft. Handelt es sich um Altlasten, muss der Grundstückseigentümer, also die Stadtwerke, tätig werden. Nun beraten Fachleute über den entscheidenden Unterschied, denn davon hängt ab, wer die Kosten tragen muss.

Robert Haimerl, der Leiter der Stadtwerke Dachau, ist keineswegs überzeugt, von der Vermutung der Polizei. "Wenn der Müll so lange liegen würde, müsste er zugewuchert sein. Aber man sieht ihn sofort", sagt er. "Es sieht nicht so aus, als ob er schon zehn Jahre dort liegt oder gar noch länger." Er könne zwar nicht sagen, wann zuletzt ein Mitarbeiter dort war. Das Grundstück ist ungenutzt. In den 1970er Jahren haben die Stadtwerke es gekauft. Man wollte dort ein Schwallwasserkraftwerk errichten, um gezielt Strom produzieren zu können, wenn der Bedarf am höchsten ist. Doch schon wenige Jahre später unter dem Altoberbürgermeister Lorenz Reitmeier nahm man wieder Abstand von der Idee. Die Grundstücke blieben jedoch im Eigentum der Stadtwerke. An wen soll man sie auch verkaufen? "Sie haben keinen Nutzen." Nächste Woche sind Gespräche im Landratsamt geplant. Auch das Wasserwirtschaftsamt wird daran teilnehmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: