Umweltschutz:Energie aus Biomüll

Kompost könnte in der Kläranlage Geiselbullach zur Wärmegewinnung genutzt werden. Das Verfahren wäre bundesweit einmalig und soll zum Klimaschutz beitragen. Landrat Löwl befürchtet Konkurrenz für die Stadtwerke

Von Erich C. Setzwein und Christiane Bracht, Fürstenfeldbruck/Dachau

Aus Biogas Strom und Wärme zu erzeugen, das machen die Biogasanlagen im Landkreis seit Langem vor. Doch Energie auch aus den Bioabfällen der Haushalte in einer Kläranlage zu gewinnen, das wäre in Deutschland neu und einzigartig. Diesen Plan verfolgen der Amperverband (AV), der an der Landkreisgrenze zu Dachau die Kläranlage in Geiselbullach betreibt, und der Abfallwirtschaftsverband (AWB) mit dem Heizkraftwerk neben der Kläranlage, unterstützt von der Kreispolitik. Doch nicht alle wollen eine solche neue Anlage, die auf dem Vergärungsprinzip beruht, in Geiselbullach haben, wie sich in der jüngsten Sitzung des Werkausschusses des Brucker Kreistags zeigte.

Die sogenannte Co-Vergärung, also das Dazumischen von Bioabfällen zu den Resten aus dem Abwasser und deren Weiterbehandlung, ist nur eine von mehreren Maßnahmen, die letztlich dazu führen sollen, dass der Abfallkreislauf geschlossen werden kann. Der politische Wille des Kreistags ist, dass statt der bislang eingesammelten 5000 Tonnen Biomüll die dreifache Menge erreicht wird. Die Annahme, dass dieses Ziel auch erreicht wird, basiert auf der Vermutung, dass noch zu viel Bioabfall in der Restmülltonne landet und nicht alle, die von dem Eigenkompostierungsbonus bei den Müllgebühren profitieren, dies auch wirklich tun. Deshalb denkt der Kreistag darüber nach, allen Haushalten zunächst ein "Biotönnchen" anzubieten. CSU-Kreisrat Dieter Rubenbauer fasste es im jüngsten Werkausschuss des Kreistags so zusammen: "Der Eigenkompostierungsbonus soll abgeschafft werden, um investieren zu können."

"Wir müssen Planungssicherheit haben"

Energiereferent Max Keil (UBV) hält das Ganze nach wie vor für überflüssig und forderte eine eigene Biogasanlage. Ihm komme es so vor, als werde da eine Eier legende Wollmilchsau geplant. Keil bezweifelte die Angaben: "Fragwürdiger Klärschlamm und hochwertiger Bioabfall bringt fragwürdiges Substrat." Auch Keils Fraktionskollege Jakob Drexler lehnt das Projekt ab: "Wir können uns nicht auf eine Ausnahmegenehmigung verlassen, wir müssen Planungssicherheit haben."

Amper Radwege

Das Heizkraftwerk in Geiselbullach könnte einen Teil der im Klärwerk aus Klärgas gewonnenen Energie abnehmen und ins Fernwärmenetz einspeisen. Die Gemeinde Bergkirchen, das Gewerbegebiet Gada und die Stadt Dachau könnten damit versorgt werden.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Nach der nun vom Augsburger Bifa-Umweltinstitut vorgelegten Machbarkeitsstudie für die sogenannte Co-Vergärung von Nassmüll in Geiselbullach sind Investitionskosten von einmalig 2,1 Millionen Euro notwendig. Ein Teil davon soll über staatliche Förderung wieder hereingeholt werden. Teuer würde unter anderem eine Erneuerung des Blockheizkraftwerks, in dem das Klärgas verbrannt werden soll. Die dort gewonnene Energie - jährlich voraussichtlich 3000 Megawattstunden - würden auf der Kläranlage selbst verbraucht. Etwa 1000 Megawattstunden davon wären Strom, 1400 Megawattstunden Wärme. Die könnte das benachbarte Heizkraftwerk abnehmen, um sie in das Fernwärmenetz einzuspeisen. Denn dieses Netz, betonte Rubenbauer, könne erweitert werden. Die Rede ist davon, dass über das Gewerbegebiet Bergkirchen hinaus auch die Gemeinde Bergkirchen selbst sowie die Stadt Dachau mit Fernwärme aus Geiselbullach versorgt werden könnten. Rubenbauer plädierte: "Wir müssen den Prozess vom Ende her denken."

Derzeit wird Klärschlamm durch Deutschland gefahren

Dieses Ende heißt aber auch, dass durch die mögliche Verarbeitung von Biomüll in Geiselbullach mehr Klärschlamm entsteht. Der aber sei, wie AV-Geschäftsführer Thomas Mösl, erklärte, nicht mit dem sonst üblichen, schwermetallhaltigen Klärschlamm zu vergleichen. Geiselbullach verfüge über die einzige Anlage in Deutschland, in welcher der Klärschlamm zu einem hygienischen Substrat werde, das sehr wohl an die Landwirtschaft abgegeben werden könne. Die neue Gesetzeslage sehe dies aber nicht vor, weshalb es für die Kläranlage Geiselbullach eine Ausnahmegenehmigung geben müsse. Derzeit wird der Klärschlamm durch Deutschland gefahren und in einer Zementproduktion als Brennmaterial verwendet.

Der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) ist begeistert von der Idee, die entstehende Energie sinnvoll zu verwenden. "Ich bin kein Freund davon, dass unser Dreck durch die Republik gefahren wird", sagt er. Damit meint er nicht nur den Klärschlamm, sondern auch den Biomüll aus dem Landkreis Dachau, der derzeit zu einem externen Entsorger gebracht wird. Schon vor etwa zwei Jahren habe das Gemeinsame Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft (GfA) über eine solche Umwandlung von Klärschlamm und Biomüll in Energie nachgedacht und eine Untersuchung in Auftrag gegeben, erinnert sich Löwl. Doch damals habe man die Sache vertagt, da die finanzielle Förderung des Projekts nicht ausreichend, ja unsicher war und es keine Alternative dazu gab. "Technisch ist das aber schon reizvoll", sagt er. Wirtschaftlichkeit und Umsetzung eines solchen Unternehmens seien jedoch ebenfalls wichtig.

Umweltschutz: In der Kläranlage Geiselbullach könnte der Bioabfall zu Wärme, Strom und Kompost werden.

In der Kläranlage Geiselbullach könnte der Bioabfall zu Wärme, Strom und Kompost werden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Auch wenn die GfA, deren Verwaltungsratsvorsitz Löwl innehat, bei dem Fürstenfeldbrucker Vorhaben nicht mit im Boot ist, so äußerte er doch Zweifel an der Wirtschaftlichkeit, weniger wegen des Stroms, der sich gut ins Netz einspeisen ließe. Für die Wärme müsse es jedoch genügend Abnehmer geben. Die Stadtwerke Dachau hätten vor einigen Jahren stark in ihr Erdgasnetz investiert, sagt er. "Zwei verschiedene Systeme, die sich gegenseitig Konkurrenz machen, das ist fraglich", sagt er. Und "wirtschaftlich nicht darstellbar." Auch Karlsfeld habe nun mit dem Biogasheizwerk in der Mitte den Bedarf für die Bürger gedeckt. Potenziale liegen aus seiner Sicht lediglich in Bergkirchen und dem dortigen Gewerbegebiet Gada, sowie in Olching und dem Fliegerhorst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: