Umwelt:Laxe Kontrollen

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Ein massiver Störfall in der Kläranlage Odelzhausen verunreinigte das Wasser der Glonn. Das Amtsgericht macht dafür den Betriebsleiter eines Unternehmens verantwortlich, aber auch den damaligen Bürgermeister

Von Robert Stocker, Dachau

Bebauungspläne, Haushaltsrecht - in dieser Materie sind Bürgermeister relativ schnell bewandert, selbst wenn sie vor ihrem Amtsantritt keine Verwaltungsexperten waren. Aber müssen sie wissen, was eine Biozönose ist? Und müssen sie beurteilen können, unter welchen Bedingungen eine Kläranlage kollabiert? Nein, denn für solche Fragen werden Ingenieurbüros zu Rate gezogen, auf die sich Laien verlassen müssen. Doch die Arbeit der einschlägigen Experten konnte nicht verhindern, dass es in der Odelzhausener Kläranlage im Juli 2013 zu einem massiven Störfall kam. Erheblich verschmutztes Abwasser gelangte in großen Mengen in die Glonn. Als maßgeblichen Verursacher machte ein Gutachter den ortsansässigen Feinkosthersteller Dahlhoff aus, der nach den Feststellungen des Dachauer Amtsgerichts das wahre Ausmaß seiner Abwassereinleitungen verschleierte. Das Gericht sieht aber auch bei Odelzhausens damaligem Bürgermeister Konrad Brandmair ein Fehlverhalten. Er habe es unterlassen dafür zu sorgen, dass die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Der Betriebsleiter des Unternehmens wurde am Dienstag wegen vorsätzlicher Gewässerverunreinigung zu einer Geldstrafe von 11 000 Euro verurteilt, Brandmair muss 3850 Euro zahlen.

Dass die 2006 errichtete Odelzhausener Kläranlage schon seit Jahren an den Grenzen ihrer Auslastung war, war auch der Gemeinde und dem damaligen Bürgermeister bekannt. Untersuchungen im Rahmen einer Bachelorarbeit ergaben sogar, dass die Anlage überlastet war. Im November 2012 zog die Firma Dahlhoff von Geretsried nach Odelzhausen. Der Gemeinde Odelzhausen war bewusst, dass es sich bei dem Feinkosthersteller um ein abwasserintensives Unternehmen handelt. Sie forderte Unterlagen über Abwassermengen und Belastungswerte an, erhielt sie aber nach Auskunft von Brandmair nicht. Brandmair: "Die Zusammenarbeit mit der Firma war schon vor ihrer Ansiedlung schwierig." Schon am Standort Geretsried fielen offenbar Abwassermengen in Höhe von mehr als 3000 Einwohnergleichwerten an. Ein von der Gemeinde beauftragtes Ingenieurbüro kam nach entsprechenden Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen Abwasser in einer maximalen Menge von 1000 Einwohnergleichwerten in die Kläranlage einleiten könne. "Es gab keine Hinweise, dass diese Mengen zu massiven Problemen führen könnten", sagte der Leiter des Ingenieurbüros vor Gericht. Die Gemeinde erließ daraufhin einen Bescheid, in dem diese Menge und bestimmte Auflagen festgesetzt wurden. Wie der verantwortliche Klärwärter vor Gericht erläuterte, verschlechterten sich die Abwasserwerte im Frühjahr 2013 dennoch signifikant. Die Auslastungsspitze war für den Fachmann erreicht. Bei einer Besprechungsrunde im Mai, an dem neben dem Bürgermeister auch Vertreter des Ingenieurbüros und des Wasserwirtschaftsamts teilnahmen, wurde bereits der Verdacht geäußert, dass die Firma die genehmigte Menge des eingeleiteten Abwassers überschreitet. Die Gemeinde appellierte an das Unternehmen, Messschächte und Probeentnahmestellen in seinem Firmengebäude zu installieren. Doch die Forderung wurde nicht umgesetzt. Die beauftragten Ingenieurbüros schlugen dem Abwasserzweckverband vor, schnell die Belüftungstechnik zu verbessern. Denn der Grund für die schlechten Werte war die zu geringe Zufuhr von Sauerstoff, die den organischen Abbau durch Bakterien verhinderte.

Am 26. Juli 2013 kam es zum Unglück: Die Glonn wurde durch das ungeklärte Abwasser massiv verschmutzt. Das Landratsamt erließ ein Badeverbot. Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamts München ergaben, dass die Sauerstoffwerte im Wasser extrem niedrig waren, das Gewässer aber nicht nachhaltig geschädigt wurde. Doch der Feinkosthersteller wurde vom Kanalnetz sofort abgehängt. Das Unternehmen musste sein Abwasser teuer in Augsburg entsorgen und reichte gegen die Gemeinde Odelzhausen eine Schadensersatzklage über 2,1 Millionen Euro ein.

"Ich will nicht stehen lassen, dass wir nichts unternommen haben", sagte Brandmair vor Gericht. Für seinen Verteidiger, Dachaus früheren Oberbürgermeister Peter Bürgel, hat Brandmair "sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausgeübt". Laut Richter Christian Calame ließ Brandmair die Dinge aber zu lange laufen.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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