Lebensmittel  verschenken:Wehret dem Wegwerf-Wahn

Warum der Dachauer Christian Brodacz auf Facebook eine Foodsharing-Gruppe gegründet hat.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Richtig einkaufen ist manchmal gar nicht so einfach. Gerade wenn der Magen noch leer und die Augen sehr groß sind, läuft man Gefahr, leichtfertig zu viel in seinen Einkaufskorb zu packen. Die Joghurts hüten dann Zuhause den Kühlschrank und die Wurst kommt ihrem Verfallsdatum von Tag zu Tag näher. Der Schluss der Geschichte ist dann meist traurig: Die kostbaren Lebensmittel - sie wandern in den Mülleimer.

Das muss nicht sein, findet der Dachauer Christian Brodacz, 37. Nachdem er kürzlich im Fernsehen eine Dokumentation über Foodsharing gesehen hatte, gründete er am vergangenen Sonntag kurzerhand auf Facebook die erste Foodsharing Gruppe für den Landkreis Dachau. Sie firmiert in dem sozialen Netzwerk unter dem Namen "Foodsharing Landkreis Dachau" und bietet eine Plattform für Menschen, die ihre überschüssigen Lebensmittel lieber verschenken wollen, anstatt sie verfallen und in den Mülleimer wandern zu lassen.

Das Angebot findet viel Lob

Für Städte wie München oder Augsburg gibt es bereits ähnliche Gruppen, in denen reger Verkehr herrscht. Und auch im Landkreis Dachau kommt die Idee offensichtlich hervorragend an. Nach nur einer Woche zählt die Gruppe bereits 225 Mitglieder. In zahlreichen Beiträgen sind die User voll des Lobes. Die Reaktionen reichen von "hammergeil", über "Daumen hoch" bis hin zu "längst überfällig".

Teilnehmen am Foodsharing können allerdings nur Personen, die Mitglied bei Facebook sind. Wer etwas abzugeben hat, stellt in der Gruppe einfach seine Waren online - möglichst mit Bild und Verfallsdatum. Die Modalitäten der Übergabe werden dann entweder über die Kommentarfunktion oder mit einer persönlichen Nachricht verabredet. Christian Brodacz achtet als Administrator penibel darauf, dass keiner eine Gegenleistung geschweige denn Geld für seine übrig gebliebenen Lebensmittel verlangt. "Es soll ja für den guten Zweck sein. Eine Hilfe, für die man nichts verlangt", sagt er.

"Und vielen Dank für die Nüsse"

Nach nur wenigen Tagen registriert Brodacz bereits zufrieden, dass zahlreiche Menschen ihre Lebensmittel in der Facebook-Gruppe anbieten. Er selbst hat gerade Nudeln und Kaffee online gestellt. "Mein Nudelfach quillt über und Kaffee trinke ich nicht - nur Nespresso", schreibt er. Ein Abnehmer war anscheinend schnell gefunden. Sein nächster Post nämlich lautete: "Kaffee wurde auch abgeholt. Und vielen Dank für die Nüsse. Dass sie beim Pokalfinale mehr Glück bringen mögen."

Andere User bieten etwa Bier, Eiweißpulver, Schokoladenhasen oder Babybrei an. Abzuholen ausschließlich im Landkreis Dachau. "Ich will mit der Gruppe den Wegwerf-Wahn in unserer Gesellschaft bekämpfen. Es gibt bei uns alles im Überfluss und keiner müsste hungern. Aber die großen Konzerne schmeißen ja schon eine Banane weg, wenn nur ein paar schwarze Punkte drauf sind", sagt Brodacz. In Frankreich hat die Politik dem Wegwerf-Wahn vor wenigen Monaten bereits ein Ende gesetzt. Der Großhandel darf unverkaufte Nahrungsmittel künftig nicht mehr wegschmeißen, so beschloss das französische Parlament in Paris. Stattdessen sollen die überschüssigen Waren gespendet, als Tiernahrung genutzt oder als Kompost in der Landwirtschafteingesetzt werden. Große Discounter sind inzwischen dazu angehalten, mit karitativen Organisationen zusammenzuarbeiten. Kindern und Jugendlichen soll bereits in der Schule ein verantwortungsvoller Umgang mit Lebensmittel beigebracht werden.

Mit der neuen Foodsharing Gruppe könnte nun auch im Landkreis Dachau ein erster Schritt hin zu einem verantwortungsvollerem Umgang mit Lebensmitteln gemacht werden.

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