Tierquäler in Dachau:Dem Kältetod überlassen

Auch Tiere können erfrieren - dieses Wissen hat sich offensichtlich noch nicht überall durchgesetzt. Denn im Landkreis Dachau werden derzeit trotz eisiger Temperaturen vermehrt Hasen und Katzen ausgesetzt

Helmut Zeller

Die Tierschützer stehen vor einem Rätsel: Ungewöhnlich viele Tiere werden zurzeit im Landkreis Dachau ausgesetzt. Das Tierheim hat zwar immer mit diesem Problem zu tun, aber sonst nimmt um diese Jahreszeit die Zahl der Fälle eher ab. In nicht einmal zwei Wochen haben die Tierschützer zehn Hasen und vier Katzen gerettet, eine davon mit drei Jungtieren. Sie wurden gewissenlos einem sicheren Tod ausgeliefert, wie Silvia Gruber, Vorsitzende des Tierschutzvereins, sagt. Sie befürchtet, dass eine große Zahl unentdeckt bleibt und stirbt.

Tierquäler in Dachau:  Die Löwenköpfchen-Zwergkaninchen-Dame Magdalena war mit zwei Jungen trächtig, als sie ausgesetzt wurde. Ihren Nachwuchs zieht sie jetzt im Tierheim groß.

 Die Löwenköpfchen-Zwergkaninchen-Dame Magdalena war mit zwei Jungen trächtig, als sie ausgesetzt wurde. Ihren Nachwuchs zieht sie jetzt im Tierheim groß.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Tierhalter riskieren eine Geldstrafe von bis zu 25 000 Euro. Der Gesetzgeber will mit diesen hohen Strafen verhindern, dass weiter so viele Haustiere ausgesetzt werden. Die Tierheime, nicht nur in Dachau, sind üblicherweise zu Beginn der Ferienzeit im Sommer mit Hunden, Katzen und Kleintieren überfüllt, die man vor der Urlaubsreise los werden wollte. Wie jedes Jahr erwartet das Dachauer Tierheim nach Weihnachtsfeiertagen und Ferien großen Zulauf: Viele Eltern, die ihre Kinder mit einem Kätzchen oder Meerschweinchen beschenkten, geben die Tiere ab, weil sie den Kindern zu langweilig oder den Erwachsenen zu lästig geworden sind. Silvia Gruber appelliert, Tiere nicht gedankenlos als Geschenk zu kaufen. Wenn Kinder das Interesse verlören, müssten die Eltern für die Versorgung gerade stehen.

In diesem Jahr aber wollen etliche Tierhalter ihre Lieblinge schon vor dem Fest loswerden. Am Karlsfelder See fanden die Tierschützer zweimal zwei Hasen in einem Pappkarton, der sie natürlich nicht vor dem Erfrierungstod schützen hätte können. Der Karlsfelder See, so Gruber, zählt zu den Orten im Landkreis, an denen vorzugsweise missliebige Tiere ausgesetzt werden. Vergangene Woche stellte ein Unbekannter auf dem Kaufland-Parkplatz sechs Zwerghasen in einem Käfig ab. Am Freitagabend wurde ebenfalls auf dem Kaufland-Parkplatz ein junger Kater beobachtet, der völlig verängstigt immer wieder zu einer bestimmten Stelle am Parkplatz, zu einem Laternenpfahl, lief. Aus seinem Verhalten schlossen die alarmierten Tierschützer, dass der Kater dort ausgesetzt worden war. Er war so verstört, dass er zwar auf Menschen zuging, aber bei der geringsten Bewegung wieder flüchtete. Drei Stunden dauerte es, bis das Tier eingefangen war. Inzwischen schnurrt der Kater wieder. Am Samstag entdeckte ein Spaziergänger bei Eschenried eine umgedrehte Plastiksteige. Darunter kauerten zwei verstörte und in der Kälte zitternden junge Katzen, beide nicht einmal ein halbes Jahr alt. Der Besitzer hatte den Tieren eine Schüssel mit chinesischem Essen hingestellt. Über einen anderen gewissenlosen Tierhalter sind die Tierschützer fast verzweifelt: Bei Indersdorf lag eine Katzenmutter mit drei säugenden Babys im Laub an der Straßenböschung. Einen derart ungeschützten Platz würde keine Katze für ihren Wurf aussuchen. Die Bauern in der Nähe kannten das Tier denn auch nicht, hatten es aber schon mit Futter versorgt, wie Gruber sagte.

Es sind nicht wenige Menschen, die so grausam mit ihren Haustieren umgehen: Mehr als eine halbe Million Haustiere werden jedes Jahr in Deutschland ausgesetzt. Viele verstoßene Haustiere verenden qualvoll auf Straßen, an Autobahn-Raststätten oder in freiem Gelände. Die Geretteten landen in den Tierheimen. In Dachau sind zurzeit, für diese Jahreszeit ungewöhnlich viele, insgesamt 50 Katzen und 30 Hasen in Betreuung. Entsetzen hatte im Landkreis ein Fall vor einem Jahr ausgelöst. Die Feuerwehr Odelzhausen fand in der Silvesternacht einen Mischlingshund, der an eine Autobahnleitplanke festgebunden worden war. Das an Krebs erkrankte Tier starb wenige Tage später im Tierheim.

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