Dachau:Theatertage locken 7000 Besucher an

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Hedwig Rost und Jörg Baesecke beim Bilderrätseln mit dem Publikum. Unter ihnen sitzen sehr viele Immigranten, die sich auch beteiligen. (Foto: Toni Heigl)

14 Tagen mit 52 Aufführungen: Wie die Veranstaltungsreihe in Dachau zu einem Forum der Begegnung durch Kunst wird.

Von Katharina Machmer, Dachau

"Willkommen", das ist ein schönes Wort, findet Hedwig Rost, die sich selber als Geigenerzählerin und Geschichtenspielerin bezeichnet und zusammen mit ihrem Mann Jörg Baesecke im Ludwig-Thoma-Haus auftritt. Und weil "Willkommen" so gut klingt, sagt sie es gleich noch mal: "Willkommen zu dieser kleinen Theaterstunde. Und willkommen in der schweren deutschen Sprache". Rost und Baesecke, Gründer ihres Theaterduos "Die Kleinsten Bühne der Welt", treten mit einem Stück für Flüchtlinge in Deutschland auf.

Das Publikum im Ludwig-Thoma-Haus besteht sogar zum Großteil aus erwachsenen ehemals Geflüchteten der Volkshochschule Dachau mit ihren Deutschlehrern, aber auch aus einer Gruppe von Migrantenkindern. Die Vorstellung soll ihnen Freude an der heimischen Kultur bereiten, wie Rost erklärt. Deshalb heißt das Werk "Heimspiel" - ein Titel, der Deutschland als Heimat darstellt und Traditionen wie alte deutsche Kinderlieder- oder Spiele aufgreift, die die Schauspieler in Interaktion mit den Zuschauern zum Besten geben.

Heimspiel" ist eine von insgesamt 52 Veranstaltungen, die während der Dachauer 17. Theatertagen im November stattfanden. Mit Requisiten wie Marionetten, Puppen und Papier, aber auch durch Körpersprache, Pantomime und Musik schufen Schauspieler die verschiedensten Stücke und Vorstellungen. Auch "Kultur und Kulinarisch", eine Abendvorstellung mit Drei-Gänge-Menü, war dieses Jahr nach einer kurzen Pause wieder mit im Programm. "Das Schöne ist", findet Frank Striegler vom Theatertage-Team , "dass für die meisten Vorführungen traditionelle Darstellungsformen wie das Kasperletheater modernisiert wurden, sodass sie in die Jetzt-Zeit passen."

Der Zuspruch ist ungebrochen

Striegler rief die kulturelle Veranstaltung, die größtenteils ein junges Publikum anspricht, 1999 nach langer Erfahrung mit Kindertheater ins Leben. Seitdem hat sich am Interesse der Kinder nichts verändert - heuer "war es wie immer sehr voll". Es strömten an die 7000 Besucher in das Ludwig-Thoma-Haus: Kinder, Erwachsene und sogar Jugendliche. Denn es gab auch Stücke für Zuschauer ab 14 Jahren zu sehen. Zwar waren diese mehr von Erwachsenen besucht als von der Zielgruppe, aber trotzdem kamen einige Teenager, etwa 30 bis 40 pro Aufführung, wie Striegler erzählt. Was die Kinder angeht, waren etwa 4200 junge Gäste aus Kindergarten und vor allem Schule vertreten: "Aus dem Landkreis haben sich dieses Jahr alle Grundschulen bis auf zwei angemeldet". Leider konnten an vielen Vorstellungen nicht mehr als 100 bis 120 Kinder gleichzeitig teilnehmen, sodass Striegler einigen Grundschulklassen absagen oder die Vorstellungen in deren Schulgebäude verlegen musste.

Von denjenigen, die da waren, kam viel positives Rückmeldung: "Die Kinder waren begeistert", sagt Gabriele Reuter, die zusammen mit Frank Striegler und Christine Albrecht die Theatertage leitet. "Sie haben die Schauspieler, aber auch die verschiedenen Darstellungsformen wie musische Einlagen bewundert", ergänzt Striegler. Welche Vorstellung am Besten ankam, das können er und Gabi Reuter gar nicht sagen. Aber "die Muschellauscherin", ein Schauspiel über kindliche Ängste, "Der große Coup" für Jugendliche wie Erwachsene und "Alibaba und die 40 Räuber" - das sind Stücke, die schon mal in die engere Auswahl kämen.

"Schade, dass heutzutage nicht mehr gesungen wird"

Hedwig Rost und Jörg Baeseke geben den Zuschauern Rätsel auf. Sie sollen die Begriffe für die Bilder erraten und auf diese Weise neue Wörter lernen oder ihr bisheriges Wissen einbringen. Aber auch die Musik spielt eine große Rolle: "Auf einem Baum ein Kuck saß" singen die Künstler zum Beispiel, Hedwig Rost spielt auf der Geige dazu. "Es ist so schade, dass heutzutage nicht mehr gesungen wird. Deutschland ist eigentlich das Land der Volkslieder", sagt sie. Flüchtlinge sollen diesen Teil der Kultur kennenlernen, und nicht nur "den Konsum im Land".

Rost beschäftigt sich bereits seit längerer Zeit mit Flüchtlingen, sie hat schon Deutsch unterrichtet und will auch mit diesem Theaterstück die Integration der nach Deutschland Gekommenen vorantreiben. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, Flüchtlingen "einfach Lust auf unser Land zu machen". Ein Ziel, das Rost und Baesecke offenbar erreicht haben: Das Publikum ist begeistert von der Vorführung. Kinder wie Erwachsene raten, lachen, singen mit und staunen über eindrucksvolle Papier-Basteleien, die die Akteure zur Veranschaulichung einsetzen.

Und dann kommt wieder der Kuckuck ins Spiel: Angelehnt an das Kinderlied "der Kuckuck und der Esel" erklären Hedwig Rost und Jörg Baesecke, dass man in Frieden zusammenleben kann - auch wenn man so verschieden ist wie Kuckuck und Esel. Insofern war "Heimspiel" das prägnante Stück für die Idee der Theatertage, die am Sonntag zu Ende gingen.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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