Theater in Unterweikertshofen:Wellness an der Kneißl-Bühne

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Susanne Scheck überzeugt mit Charme in der Titelrolle als Belinda. Benedikt Reichel glänzt als schwuler Friseur. (Foto: Niels P. Joergensen)

Spielfreudiges Ensemble macht "Pretty Belinda" zum Hit

Von Renate Zauscher, Erdweg

Seit fast zwanzig Jahren wird in Unterweikertshofen in der Gemeinde Erdweg Theater gespielt. Zu verdanken hat das der kleine Ort einem berühmt-berüchtigten Mann: Räuber Kneißl, der hier geboren wurde und aufgewachsen ist. Nach ihm hat sich die Theatergruppe "Kneißl-Bühne" benannt, und vom mittlerweile verstorbenen Lokalhistoriker Josef Rainer inspirierte Stücke rund um Kneißls trauriges Schicksal standen in den ersten Jahren regelmäßig auf dem Spielplan. Mittlerweile wagt man sich auch an ganz andere Themen und Genres heran: "Wir möchten flexibel Theater spielen", sagt Regisseur Robert Weigerstorfer über das Boulevardstück, das nun im Gemeindehaus Premiere hatte.

"Pretty Belinda" heißt der Dreiakter, von Bernd Spehling, im Mittelpunkt steht die von ihrem Mann, einem notorischen Weiberhelden, enttäuschte Belinda, die kurz vor der Scheidung steht. Zwei Freundinnen haben sie, zur Aufmunterung, zu einem Wellness-Wochenende eingeladen. Im Hotel treffen sie auf ihre männlichen Gegenspieler: einen dubiosen Dessousverkäufer, einen gut aussehenden Fitnesstrainer, einen nur an Männern interessierten Friseur, der auf die Bezeichnung "Hair-Stylist" Wert legt und - zu Belindas Schrecken - auch deren Noch-Ehemann, mittlerweile als Manager tätig.

Emanzipationsbewegte Frauen hier - eher tumbe, machohaft bis affektiert-schwuchtelig agierende Männer dort: Der Autor Bernd Spehling bedient gängige Klischees und arbeitet mit Pointen, die über das Niveau krachenden Schenkelklopfer-Humors kaum hinauskommen. Regisseur Weigerstorfer hat den ursprünglich hochdeutsch verfassten Text "bajuvarisiert": Würde hier, wie ursprünglich vorgesehen, Hochdeutsch gesprochen, dann "käme das bei uns einfach nicht authentisch rüber", sagt er. Die Schwächen des Plots, der immerhin zum Ende noch eine überraschende Wendung bringt, wird durch die schauspielerische Leistung des Laienensembles mehr als ausgeglichen. Viele der Mitwirkenden, etwa Angie Weigerstorfer, die eine von Belindas Freundinnen darstellt, oder Martha Scheuböck, die als Dessoushändler ihren Mann stehen muss, haben langjährige Bühnenerfahrung. Susanne Scheck gibt mit viel Charme die Belinda, die sich trotz böser Erfahrungen immer noch für Männer interessiert, und Lisa Scheuböck ist die lustige Dritte im Trio.

Unter den männlichen Rollen sticht die des schwulen Friseurs hervor: Sie bietet die meisten schauspielerischen Möglichkeiten, die Benedikt Reichel glänzend zu nutzen weiß. Schwerer haben es der junge Vorsitzende des Theatervereins, Alexander Münch, in der Rolle des Fitnesstrainers oder Markus Weigerstorfer als Belindas Noch-Ehemann, die aus ihren Rollen dennoch alles herausholen, was die Textvorlage hergibt. Das gilt auch für Nicole Widmann, die als Hotelsekretärin und Gspusi des Managers auf der Bühne steht.

Einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Aufführung hat das Team der Bühnenbauer um Karl Münch geleistet: Die Zuschauer dürfen sich angesichts des Bühnenbilds tatsächlich in die Atmosphäre der "Royal Suite" in einem Wellness-Hotel versetzt fühlen. Die Theatergruppe der Kneißl-Bühne hat ganz offensichtlich eine riesige Fangemeinde, die bei der Premiere für beste Stimmung im ausverkauften Gemeindesaal sorgte und die Schauspieler mit begeistertem Beifall feierte. Nicht nur der Premiereabend und zwei weitere Vorstellungen am Wochenende waren komplett ausverkauft, auch diese Woche gibt es nur noch für Donnerstag, 9., und Freitag, 10. März, Karten zu neun, verbilligt fünf Euro. Sie sind täglich bis 18 Uhr bei der Volksbank-Raiffeisenbank in Erdweg zu haben oder an der Abendkasse. Vorstellungsbeginn ist jeweils um 20 Uhr.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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